Flammendes Begehren
ergeben. Sie hatte die Augen geschlossen. Geoffrey mutmaßte, dass sie sich Kraft ihrer Gedanken an einen anderen Ort versetzte, weit weg von seinem Gemach und dem, was vor sich ging – genau wie er es seinerzeit im Krankenlager getan hatte. Mit einem Schwert aus Gedanken hatte er eine Erinnerung an den Krieg nach der anderen niedergemetzelt – der schwierigste Kampf, auf den er sich je eingelassen hatte.
Nicht mehr lange, und sie würde dieselbe Erfahrung machen.
Ihre dunklen Wimpern kitzelten ihn an der Wange. Er spürte ihre Angst, ihre Hilflosigkeit. Der gebrochene Stolz eines Frauenzimmers, das gezwungen war, sich auf etwas einzulassen, gegen das es sich sperrte.
Ihre Lippen zitterten.
Ihr verzweifeltes Flehen hallte in seinem Kopf wider.
Bitte, tut es nicht!
Abscheu regte sich in ihm, prasselte mit einer Wucht auf ihn ein, dass er es kaum glauben konnte. Noch nie zuvor hatte er sich an einer Frau vergangen, hatte sich eine Jungfer ins Bett geholt. Selbst in den Momenten, in denen er sich am Boden gefühlt hatte, hätte er nie einen solch widerlichen Akt begangen.
Was für ein Monster war nur aus ihm geworden?
Das Gefühl der Schmach befiel ihn, dicht gefolgt von reinstem Verlangen. Seine zitternden Finger ballten sich zur Faust. Er wollte sie nicht nehmen, solange er Wut mit sich herumtrug. Nein, vielmehr wünschte er sich, sie würde ihn mit einem verträumten Blick ansehen und ihn mit Freuden in sich aufnehmen.
Die Tür zu seinem Gemach öffnete sich einen Spalt.
Ein Ruck ging durch Elizabeth’ Körper. Mit einem finsteren Gesichtsausdruck hob er den Kopf, um den Störenfried anzublaffen, der es wagte, ohne Klopfen den Kopf in sein Gemach zu stecken. Er hatte die Wachen wissen lassen, dass er nicht gestört werden wollte, egal wie dringend es auch sein mochte.
Veronique löste sich aus dem Schatten. Als sie sah, dass Geoffrey mit Elizabeth auf dem Bett lag, blieb sie wie angewurzelt stehen, die Augen vor Entsetzen und Wut weit aufgerissen. Schneller, als er je vermutet hätte, hatte sie sich wieder gefangen und ein Lächeln aufgesetzt.
Er erwartete, dass sie auf dem Absatz kehrtmachen und sich empfehlen würde. Doch stattdessen schritt sie mit sicherem Schritt und raschelndem Gewand auf ihn zu.
Unter ihm begann Elizabeth wieder zu zappeln. Als sie die Lippen zusammenpresste, wünschte Geoffrey sich, er hätte ihr und sich diesen erniedrigenden Augenblick ersparen können. Er bedachte Veronique mit einem funkelnden Blick. »Ich habe den Wachen gesagt, dass ich nicht gestört werden möchte.«
Die Kurtisane blieb neben dem Bett stehen. »Das habt Ihr, Mylord.«
»Warum setzt du dich über meine Befehle hinweg?«
Ihr Lächeln gefror. »Weil ich eine Nachricht für Euch habe.« Sie hielt ihm eine versiegelte Pergamentrolle hin. »Ein Page, der im Dienste von Lord Brackendale steht, hat dies gebracht. In dem Wissen, dass Ihr sofort darüber informiert werden wolltet, wenn die Antwort auf Eure Lösegeldforderung eintrifft, habe ich Euch umgehend aufgesucht.«
Mit einem ungehaltenen Seufzen ließ Geoffrey Elizabeth’ Hände frei, rollte sich von ihr herunter, kam in den Stand und entriss Veronique das Dokument. In seinem Rücken ächzten die Bettseile. Die zerrissenen Gewänder umklammernd, wälzte Elizabeth sich vom Bett und stellte sich an die Wand.
Unter Zuhilfenahme seines Daumens brach Geoffrey das Siegel und überflog den kurzen Text. Er lachte. »Ich sage es nur ungern, Lady Elizabeth, aber Ihr seid Eurem Vater weniger wert, als Ihr vermutet.«
»Was wollt Ihr damit sagen?« Ihre Finger krallten sich regelrecht in die grüne Wolle.
»Ihr Vater weigert sich, Wode Castle freizugeben.«
Stolz und Erleichterung glommen in Elizabeth’ Augen. »Habe ich Euch nicht gesagt, dass er sich niemals auf Eure absurden Forderungen einlassen wird?«
»Er fordert mich zu einem Duell heraus, das in drei Tagen stattfinden soll.«
»Ein Duell?« Elizabeth’ Gesicht wurde aschfahl, sie geriet ins Wanken.
Ihr Entsetzen berührte Geoffrey. Trotz ihrer behüteten Kindheit wusste sie darum, wie gefährlich diese Art von Schaukämpfen war, die ohne das Wissen des Königs ausgetragen wurden. Auf diese Weise war er bereits zwei Mal gegen den Earl of Druentwode angetreten. Getragen von der Erregung des Kampfes und im Sog der Blutrünstigkeit hielt sich kaum ein Krieger an die Regeln der Fairness, die in ordentlichen Turnieren eingehalten werden mussten. Die Sicherheit des Gegners spielte eine untergeordnete
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