Flammenherz (German Edition)
roch, und fühlte mich unglaublich frei.
Zu meiner Linken lag Loch Shin und die Sonne, die den Kampf gegen die Wolken nun endlich gewonnen hatte, spiegelte sich schimmernd auf der Wasseroberfläche. Ich blieb kurz stehen und sah mich ehrfürchtig um. Es war ein unbeschreibliches Gefühl hier zu sein, in dieser einzigartigen Landschaft, der die Zeit nichts anhaben konnte und die trotz Fortschritt und Tourismus, immer noch unberührt wirkte.
Nachdem ich fast zwei Stunden über Felder und Wiesen gegangen war, sah ich zu einem Hügel empor, dessen Hang fast komplett mit violetten Blüten bedeckt war. Von dort oben hatte man sicher einen unbeschreiblichen Blick auf das schottische Highland und so begann ich den mühsamen Aufstieg.
Meine Oberschenkel brannten wie Feuer und der Schweiß lief mir den Rücken hinunter, doch ich konnte nicht anhalten. Zu groß war meine Vorfreude auf die Aussicht, die sich mir bieten würde.
Meine Erwartung wurde mehr als übertroffen. Mit offenem Mund ließ ich den Blick über die Landschaft und den unter mir liegenden See schweifen, dessen glitzernde Oberfläche in der Sonne zu tanzen schien. Es war einfach wundervoll. Die Schönheit überwältigte mich derartig, dass ich kurz davor war, aus lauter Ehrfurcht loszuheulen.
Ich konnte mich nicht abwenden, drehte mich wie in Zeitlupe um mich selbst und versuchte jeden einzelnen Eindruck wie ein Schwamm aufzusaugen.
Hinter mir, genau in der Mitte des abgeflachten Berghügels erkannte ich einen Steinkreis. Er bestand aus fünf hohen Megalithen. Im Zentrum befand sich ein weiterer aber liegender Stein, der den Eindruck eines Altars vermittelte.
Ich war tatsächlich durch Zufall auf einen Steinkreis gestoßen. Freudig ging ich darauf zu und setzte mich vorsichtig auf den flachen Stein, welcher, aufgrund der Sonneneinstrahlung, angenehm warm war.
Da mein Mund von der Anstrengung mittlerweile staubtrocken war, entschloss ich mich eine Pause einzulegen, öffnete meinen Rucksack und zog die Flasche und den Schokoriegel hervor. Während ich aß und trank, genoss ich den Ausblick und vergaß alles andere um mich herum. Der Wind pfiff leise über die Felsen und ich war eins mit dem Land, das mich so in seinen Bann zog.
Als ich die Flasche wieder in meinen Rucksack zurückpacken wollte, fiel mein Blick auf die Holzschatulle, die ich völlig vergessen hatte. Ich zog das kleine Kästchen heraus und suchte dann nach meinem Taschenmesser.
Aufgeregt, aber vorsichtig, stocherte ich in dem alten Schloss herum. Ich konnte es kaum erwarten, den Inhalt in meinen Händen zu halten. Doch so einfach, wie ich es mir vorgestellt hatte, war es bei Weitem nicht. Erst nach zehn Minuten und drei blutenden Schnittwunden an den Fingern, ertönte ein leises "Klick" und das Schloss war geöffnet.
Langsam zog ich die Schublade heraus und fand einen kleinen, schwarzen Samtbeutel. Als ich ihn öffnete und den Inhalt auf meiner Handfläche entleerte, kullerte ein kupferfarbener Bandring heraus, der ringsherum mit mir unbekannten Zeichen verziert war. Er war schlicht und grob gearbeitet und so vermutete ich, dass es sich um ein sehr altes Stück handeln musste.
Ich betrachtete meine rechte Hand, an der sich bereits ein Ring befand. Es war der Verlobungsring meiner Mutter und wehmütig haftete mein Blick auf dem goldenen Schmuckstück, in dessen Mitte ein großer Saphir funkelte.
Schon einige Male hatte ich unglaubliche Angebote dafür erhalten, da der Saphir fast lupenrein und somit sehr wertvoll war. Niemals jedoch würde ich mich von diesem Ring trennen, denn er erinnerte mich an meine verstorbene Mutter.
Die Finger meiner linken Hand waren allesamt frei und so streifte ich den Kupferring dort über, als mir plötzlich das Kästchen vom Schoß rutschte und unsanft zu Boden glitt.
Ich versuchte noch, es mit einer unbeholfenen Bewegung aufzufangen, doch die Schwerkraft war schneller. Der harte Aufprall musste einen weiteren Mechanismus in Gang gesetzt haben, denn ein kleines Geheimfach war aufgesprungen.
Ein schwarzes Notizheftchen, nicht größer als meine Handfläche, das sehr abgegriffen und zerfleddert wirkte, fiel heraus und lag nun vor mir am Boden.
Ich stutze einen Moment, ergriff dann das Heft und blätterte es auf. Gleich auf der ersten Seite fand ich einen kurzen, handgeschriebenen Text, in einer mir nicht bekannten Sprache. Ohne es selbst zu bemerken, sprach ich die Worte laut aus, während ich las.
»SOLUS NA GREINE, THEID MI
CUIMHNICH AIR NA DADOINE
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