Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)
eines der Mädchen hat …«
»Sie sprechen über das Haus Birgitta nördlich von Sunnås?«, fragt Jasmin ihn ruhig.
»Bitte beeilen Sie sich«, erwidert er mit zitternder Stimme.
»Wir schicken einen Streifenwagen und einen Krankenwagen zum Haus Birgitta nördlich von Sunnås«, wiederholt Jasmin, um ganz sicherzugehen.
Sie übergibt das Gespräch an Ingrid und fordert die Polizei und einen Krankenwagen an, während Ingrid Daniel Grim weitere Fragen stellt:
»Ist das Haus Birgitta nicht ein Jugendheim?«
»Ja, es ist eine halboffene Wohneinrichtung für Jugendliche«, antwortet er.
»Müsste dann nicht eigentlich ein Betreuer vor Ort sein?«
»Das stimmt, meine Frau Elisabeth hat Dienst, ich werde sie gleich als Nächstes anrufen … ich weiß nicht, was los ist, ich weiß gar nichts.«
»Die Polizei ist unterwegs«, sagt Ingrid beruhigend in den Hörer. Aus den Augenwinkeln sieht sie, dass das blaue Licht des ersten Einsatzfahrzeuges bereits über die menschenverlassene Straße huscht.
8
DIE SCHMALE NEBENSTRAßE führt von der Landstraße 86 geradewegs in den finsteren Wald und zum Himmelsjön und dem Haus Birgitta hinauf. Kies knirscht unter den Reifen des Streifenwagens und prasselt gegen die Kotflügel. Das Licht der Scheinwerfer flackert zwischen den Stämmen der hohen Fichten.
»Du bist da schon einmal gewesen?«, fragt Rolf Wikner und schaltet in den vierten Gang.
»Ja … Vor zwei Jahren hat ein Mädchen versucht, eines der Gebäude anzuzünden«, antwortet Sonja Rask.
»Wieso zum Teufel können die eigentlich niemanden vom Personal erreichen?«, murrt Rolf.
»Die haben bestimmt alle Hände voll zu tun – was immer da passiert ist«, sagt Sonja.
»Aber für uns wäre es schon hilfreich, wenn wir ein bisschen mehr wüssten.«
»Ja«, erwidert sie ruhig.
Dann sitzen die beiden Kollegen schweigend nebeneinander und lauschen dem Funkverkehr. Ein Krankenwagen ist unterwegs, und ein weiterer Streifenwagen hat das Präsidium verlassen.
Die Straße verläuft wie so viele andere Forstwirtschaftswege schnurgerade. Die Reifen donnern über Schlaglöcher und Unebenheiten hinweg, Stämme flirren vorbei, und das Blaulicht leuchtet tief in den Wald hinein.
Als sie auf den Kiesplatz zwischen den dunkelroten Gebäuden des Hauses Birgitta biegen, meldet sich Sonja beim Präsidium.
Auf der Eingangstreppe zum Hauptgebäude steht ein Mädchen in einem Nachthemd. Seine Augen sind weit aufgerissen, aber das Gesicht ist leichenblass und abwesend.
Rolf und Sonja verlassen den Wagen und eilen im pulsierenden blauen Licht zu ihm, aber das Mädchen scheint sie gar nicht wahrzunehmen.
»Ist jemand verletzt?«, fragt Rolf mit lauter Stimme. »Braucht jemand Hilfe?«
Das Mädchen winkt diffus in Richtung Waldrand, wankt und versucht, einen Schritt zu machen, als seine Beine nachgeben. Es fällt auf den Rücken und schlägt mit dem Kopf auf.
»Wie geht es dir?«, fragt Sonja, als sie bei dem Mädchen ist.
Es bleibt auf der Treppe liegen, starrt zum Himmel hinauf und atmet extrem schnell und flach. Sonja sieht, dass es sich die Unterarme und den Hals blutig gekratzt hat.
»Ich gehe rein«, erklärt Rolf verbissen.
Sonja bleibt bei dem unter Schock stehenden Mädchen und wartet auf den Krankenwagen, während Rolf das Haus betritt. Er sieht blutige Abdrücke von Stiefeln und nackten Füßen auf dem Holzfußboden, die in mehrere Richtungen führen. Jemand ist mit großen Schritten durch den Korridor bis zum Eingangsbereich und wieder zurück gelaufen. Rolf spürt, wie sich das Adrenalin in seinem Körper verteilt. Er achtet sorgsam darauf, nicht auf die Spuren zu treten, gleichzeitig ist ihm klar, dass seine vordringlichste Aufgabe darin besteht, Leben zu retten.
Er blickt in einen Aufenthaltsraum und sieht, dass alle Lampen brennen und auf den beiden Sofas vier Mädchen sitzen.
»Ist jemand verletzt?«, ruft er.
»Ein bisschen vielleicht«, antwortet ein kleines rothaariges Mädchen in einem rosa Trainingsanzug lächelnd.
»Wo ist sie?«, fragt Rolf gestresst.
»Miranda liegt im Bett«, antwortet ein älteres Mädchen mit glatten dunklen Haaren.
»Da drüben?«, fragt er und zeigt zu den Schlafzimmern.
Das ältere Mädchen antwortet mit einem Kopfnicken, und Rolf folgt den blutigen Fußspuren, kommt am Esszimmer mit einem großen Holztisch und einem Kachelofen vorbei und gelangt in einen dunklen Flur mit Türen, die zu den Zimmern der Mädchen führen. Schuhe und nackte Füße sind durch Blut
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