Flammenopfer
geeignet wäre, Kai.«
Sternenberg raffte sein Papier zusammen. » Wir gehen vors Haus. Da steht ’ne Parkbank. Kommt schon.«
Wolfgang Lichtenberg begann mit dem Oberkörper zu schaukeln, um Schwung zu holen. Petra zögerte einen Moment, ob sie ihm helfen sollte, ließ es aber.
Die Bank war ein Überbleibsel bürgerlicher Spendenfreudigkeit. Sattes Schöneberger Grün, aber lange nicht lackiert. Die Platanen standen zu weit entfernt, so war die Bank der Mittagssonne ausgesetzt. Vier aus dem Team setzten sich. Petra zog eine Plastikmülltonne von der Hauswand heran und hüpfte rittlings auf sie. Sie strahlte übers ganze Gesicht.
» Es wird schwierig«, sagte Kai Sternenberg. » Wir müssen so vorsichtig vorgehen wie noch nie.«
Eine alte Frau in beigefarbenem Trenchcoat stöckelte vorbei und würdigte sie keines Blicks. Als sie weitergegangen war, fuhr Sternenberg fort: » Wir haben einen Wohnungsbrand im Prenzlauer Berg. Und einen Toten.«
» Anselm Jarczynski«, sagte Tarek.
Überrascht war niemand, Tarek hatte seit jeher seine Quellen.
» Anselm?«, fragte Petra. » Was ist denn das für ein Name?«
» Er ist gegen 3 Uhr heute Nacht verbrannt«, sagte Sternenberg. » Das Problem ist, wir haben keine Leiche.«
» Wieso?«, fragte Isabel.
» Die anderen haben sie.«
» Die anderen? Traube?«
» Richtig. Traube ist seit heute Morgen mit seinen Leuten vor Ort. Die Leiche haben sie schon weggebracht.«
Wolfgang Lichtenberg schürzte die Lippen und schob sich langsam eine Zigarette in den Mund. Dann zog er sie wieder hervor. » Also kommt wieder nichts bei raus.«
» Deshalb«, sagte Sternenberg, » werden wir einen Guerillakrieg gegen Traube führen. Das ist der Auftrag von Beatrix. Sie ist überzeugt, dass Traube ineffektiv arbeitet.«
Lichtenberg sagte: » Das erste Mal, dass ich der Alten uneingeschränkt zustimmen muss.«
» Wir müssen uns ranpirschen, ohne dass Traube etwas merkt.«
» Kai?«
» Ja, Isabel?«
» Verstehe ich das richtig? Wir ermitteln wegen eines Wohnungsbrandes zur gleichen Zeit wie Traube? Und in Konkurrenz zu ihm? Und er soll nichts erfahren, weil er sonst einen Riesenaufstand machen würde?«
Lichtenberg antwortete für Kai Sternenberg: » Er würde uns alle killen, Mädchen. Er ist nicht für seinen Humor bekannt.«
» Er hat Kontakte zum Senator«, sagte Tarek.
Sternenberg fächelte den Zigarettenqualm weg, der ihm von Lichtenberg entgegenzog. » Beatrix war beim Präsidenten und hat versucht, die Brandstiftungssache zu übernehmen. Ohne Erfolg.«
» Weil sie eine Frau ist«, sagte Tarek.
» Tarek, kann ich jetzt mal ein paar Sätze ohne Unterbrechung sagen?«
» Sorry, Chef.«
» Beatrix vermutet, dass zwischen den vielen Bränden in letzter Zeit ein Zusammenhang besteht. Zuerst hatten wir diese Anschlagsserie in Berliner Kellern. Jetzt sind es seit Jahren Dachgeschosswohnungen, vornehmlich im Prenzlauer Berg. Immer öfter gibt es Tote. Die meisten Fälle werden nicht aufgeklärt. Die Bilanz von Traube ist nicht besonders befriedigend. Angeblich schlafen die Leute mit Zigarette im Bett ein. Oder der Weihnachtsbaum brennt nachts ab. In dieser Häufigkeit und in der Konzentration auf einen Bezirk ist das unglaubwürdig. Deshalb will Beatrix, dass wir der Sache nachgehen.«
» Kai, warum können wir nicht mit den anderen zusammenarbeiten?«, fragte Isabel.
» Dr. Tobias Traube ist kein kooperativer Mann.«
» Meine These«, sagte Wolfgang Lichtenberg und machte eine Pause, um lange an der in den gestülpten Mund steckenden Zigarette zu ziehen. » Meine These ist bereits seit Jahren, dass es praktisch eine Trennung gibt. Auf der einen Seite das Referat für fahrlässige Brandstiftung, das ist Traubes Truppe. Die haben natürlich nie richtige Täter, weil es ihnen nur um Unachtsamkeiten geht. Und auf der anderen Seite müssten wir uns den vorsätzlichen Brandstiftungen widmen, hinter denen Habgier steckt oder Mord. Nur lässt uns der saubere Doktor Traube nicht an seine Fälle ran. Das Resultat liegt auf der Hand: Wir haben hier fast nur fahrlässige und so gut wie nie vorsätzliche Brandstiftung.«
Tarek protestierte. » Die Statistik bestätigt das nicht.«
» Die Statistik kann sagen, was sie will. Ich spreche von dem, was sich innerhalb der Polizei abspielt. Und ich rede nicht von allen möglichen Brandstiftungen, sondern nur von denen, die uns interessieren müssen.«
Sternenberg fasste beide Männer kurz an den Armen. » Ihr habt in einem recht: Wir
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