Flammenopfer
notiert. » Feuerwache Oderberger.«
Sternenberg hörte Schritte und Stimmen im Hausflur. Er legte die Seiten zurück und ließ den Deckel der Kiste langsam heruntergleiten. Er stellte die Gegenstände auf die Kiste. Draußen war nichts mehr zu hören. Er blieb eine halbe Minute regungslos im Flur stehen.
Als sich nichts tat, griff er nach dem Telefon neben der Kiste und sah es sich an. Wenn er sich mit einer Art technischer Geräte gut auskannte, dann waren es Telefone. Er betätigte zwei Symboltasten und fand bestätigt, was er gehofft hatte. Die letzten 25 Telefonnummern waren gespeichert. Er rief sie im Display auf und notierte sie mit Hilfe eines herumliegenden Bleistifts. Dann nahm er ein Taschentuch und wischte alle Gegenstände, die ihm noch einfielen und die er angefasst hatte, damit ab. Auch den Bleistift.
Vorsichtig sah er durch den Spion. Im Weitwinkel war nichts zu sehen. Er öffnete die Tür und fühlte sich erleichtert, dass wirklich niemand draußen stand. Diesen Türspionen misstraute er. Er zog die Tür hinter sich zu, schloss ab und ging die Treppe hinunter. Die Gläser im Alkoven, dachte er. Du hast welche angefasst und nicht abgewischt. Und die Alben. Er ging weiter die Treppe hinunter, auf die Straße und zu seinem Wagen.
Im Büro holte er sich die Berliner Telefonbücher und suchte die Nummer von Petras Wohnung, in der sie sich seines Wissens nur noch gelegentlich aufhielt. Auch die anderen Telefonnummern, die unter dem Namen Masalia aufgeführt waren – vielleicht Eltern oder Verwandte –, schrieb er heraus. Dann verglich er sie mit den Nummern, die er in Traubes Wohnung notiert hatte. Es gab keine Übereinstimmung.
Über das Haustelefon bestellte er Tarek zu sich.
» Chef!«, rief Tarek beim Hereinkommen, setzte sich und machte eine übertrieben besorgte Miene. » Gut geschlafen, Chef?«
» Lass den Mumpitz, Tarek. Ich gebe dir eine Liste mit Telefonnummern. Du sagst mir nachher, wer das jeweils ist. Und niemand erfährt was davon, ist das klar? Auch keiner aus unserer Gruppe. Ich bin wahrscheinlich ohnehin auf dem Holzweg und will niemandem auf die Füße treten.«
» Warum machst du es dann nicht selbst?«
Sternenberg sah Tarek an. Der wirkte tatsächlich irritiert, es war nicht aufgesetzt. Sternenberg entschloss sich zu einem langsamen, freundlichen Tonfall. » Du bist mein Mitarbeiter, Tarek. Deshalb. Im Übrigen schaffst du so was dreimal schneller als ich.«
» Und was ist der Hintergrund? Warum soll kein anderer davon erfahren?«
» Und im Übrigen Tarek, zeichnet dich aus, dass du schweigen kannst und keine unnötigen Nachfragen stellst. Deshalb machst du das.«
Tarek stand auf, nahm die Liste und tippte sich damit an die Stirn. Sternenberg war sich nicht sicher, ob Tarek eine militärische Ehrenbezeugung nachmachte oder das internationale Zeichen für Idiotie.
Vor der Tür von Petras Büro hielt er inne. Die Tür, dachte er, steht sonst immer offen. Er klopfte und ging hinein.
Petra stand sofort hinter ihrem Schreibtisch auf.
Er ging auf sie zu und legte ihr die Schlüssel auf den Tisch.
Sie sah ihn nicht an. Sie nahm die Schlüssel und holte die Handtasche aus ihrer Aktenmappe und verstaute die Schlüssel darin.
Kai Sternenberg nickte ihr zu. Er ging zur Tür und drehte sich um. » Ich glaube, ich muss dich doch etwas fragen.«
Sie setzte sich und legte ihren Kopf in eine Hand, Zeige- und Mittelfinger an der Schläfe. Sie sagte nichts.
» Ihr habt … Tobias Traube hat … Diese Feueranzünder. Es sieht aus wie eine Sammlung.«
Petra schoss hinter ihrem Schreibtisch hoch. Mit den Fingerkuppen stützte sie sich auf die Schreibunterlage. » Er ermittelt wegen Brandstiftung«, sagte sie.
» Ja.«
» Er testet, wie verschiedene Brandbeschleuniger reagieren.«
» Zu Hause.«
Sie stand fest in der Fingerkuppenstellung. » Zu Hause, ja. Es beschäftigt ihn.«
» Offensichtlich.«
» Ist es ein Problem, dass er das macht?«
» Wo macht er die Tests? Auf dem Balkon?«
» Das weiß ich nicht.«
» Du warst nie dabei?«
» Nein.«
» Auf dem Balkon würde es sich anbieten. Mit einem Gartengrill. So würde ich es jedenfalls machen.«
» Tja.«
» Wenn es größere Feuer wären, dann würde er irgendwo hingehen, wo viel Sand ist. Oder wo Schrott rumliegt. Aber die Mengen, die er in der Wohnung hat, sind sehr klein, nicht wahr?«
» Ja.«
» Wenn es größere Mengen wären, könnte er zu unseren Technikern gehen.«
Sie nickte.
» Er macht das aber zu Hause.
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