Flammenopfer
passte wirklich hübsch ins Bild. Als du zurückgekommen bist, hast du uns klargemacht, dass es ein ernsthaftes Seminar war. Und dass es nicht um Sex ging, sondern um solche Kindersachen.«
» Kinderpornos.«
» Ja. Dazu muss ich dich was fragen. Bei diesem Seminar habt ihr wahrscheinlich auch Beispielbilder gezeigt bekommen?«
» Klar. Ich kann eine Mappe holen.«
» Lass mal, ist schon in Ordnung. Es geht mir um etwas anderes: Wie wird jemand entdeckt, der mit solchen Dingen zu tun hat? Wir finden Fotos – in Papierform oder auf dem PC, wie in der Kanzlei von Hans-Jürgen Rabein, diesem ausgebrannten Anwalt. Wie kommt man sonst noch darauf, dass jemand mit so was zusammenhängt?«
» Mit Kinderpornografie? Na ja, wir finden die Namen auf Versandlisten oder in E-Mail-Listen. Manchmal verquatschen sich Zuhälter, oder jemand, der unter Druck gerät, nennt Namen.«
Sternenberg schob Tarek die Telefonliste zurück. » Und sonst? Kann man es einem Mann anmerken, dass er so was besitzt oder damit handelt? Gibt es typische Charaktereigenschaften – also, außer dass sie männlich sind? Das sind sie doch ausschließlich, oder?«
Tarek grinste. » Chef, manchmal bist du wunderbar altmo… wunderbar den konservativen Lebensinterpretationen zugewandt. Natürlich gibt es auch Frauen.«
» Bei solchen Sachen?«
» Ich nenne sie nicht › solche Sachen‹, sondern Kinderpornografie. Das ist ein Geschäft. Und warum sollen Frauen besser sein? Natürlich sind es wenige. Aber das ist überall so, Frauen drängen in jede Branche, auch in die Kriminalität.«
» Ich kann mir das nicht vorstellen. Es gibt ja auch keinen weiblichen Sextourismus.«
Tarek prustete, leicht theatralisch. » Die Männer fliegen nach Thailand und die Frauen in griechische Küstenorte mit Museum, Fischerdorf und Clubnächten. Was denkst du denn? Okay, die Dimensionen sind andere. Aber … Kai, wir reden jetzt nicht über Sextourismus, bei dem es um Prostitution geht. Das ist zwar ein Verbrechen. Aber bei den Kinderpornos liegt die Sache anders: Da werden Kinder vor der Kamera vergewaltigt, manchmal getötet. Babys! Das ist noch mal eine andere Kategorie.«
Sternenberg sehnte sich nach einer kühlen Brise. Oder wenigstens einem Ventilator. » Scheißthema.«
» Wir müssen uns damit auseinandersetzen, Kai.«
» Ist ja gut! Ich hab’s ja angesprochen. Ich wollte von dir wissen, was das für Leute sind, die so was kaufen.«
» So was heißt Kinderpornografie. Das ist das Erste, was man in dem Seminar lernt. Es gibt kein einheitliches Personenprofil …«
» Konkret gefragt, Tarek: Nimm an, du siehst Landschaftsfotos. Oder Touristenfotos. Könnte man daran erkennen, ob jemand auch … Kinderpornos macht?«
Tarek faltete die Telefonliste. » Verstehe ich nicht. Wie soll man das erkennen?«
» Am Stil. An der Art, ein Motiv zu fotografieren. Gibt es Ähnlichkeiten und Hinweise?«
» Das hatten wir nicht im Seminar. Hast du solche Landschaftsfotos gesehen?«
» Ja.«
» Und du willst wissen, ob der Fotograf auch Kinderpornos macht?«
» Ja, so ungefähr.«
» Dann würde ich sagen: Sieh dir ein paar Fotos aus meiner Mappe an. Dann hast du den Vergleich. Ich kann dir deine Frage nämlich so allgemein nicht beantworten.«
» Geht es bei solchen Bildern, bei Kinderpornos, um besonders ästhetische Aufnahmen?«
Tarek lachte bitter. » Wohl kaum. Aber auch Touristenfotos haben mit Ästhetik wenig zu tun. – Ist ja gut, ich verstehe deine Frage. Es geht natürlich nicht um Erotik oder Ästhetik. Das ist nicht wie ein normaler, gemütlicher Porno, den du dir mit deiner Freundin im Bett anguckst.«
Tarek sah Sternenberg an: » Okay, du machst das nie, schon klar. Ich jedenfalls hole mir Pornos, und manchmal machen sie mich geil, und wenn ich sehe, dass mein Weib davon angeturnt ist, wird es eine saumäßig schöne Veranstaltung. So. Und mit all dem hat Kinderpornografie aber auch gar nichts zu tun. Das sind Leute, die sich ein Verbrechen ansehen wollen, ein echtes Verbrechen. Dabei ist es ihnen egal, ob ein Körper ästhetisch beleuchtet ist oder ob Fettfinger auf der Linse sind. Die wollen das Gefühl, dabei zu sein, wenn die … ja, die Seele und der Körper eines Kindes gebrochen werden.«
Sternenberg öffnete das Fenster wieder. Wärme kam herein, aber sie war wenigstens frisch.
» Wir können gleich weiterreden«, sagte Tarek. » Ich muss nur kurz aufs Klo. Genehmigt?«
Sternenberg nickte. Er dachte an Ursula, das Mädchen, das zum
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