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Flammenzorn

Flammenzorn

Titel: Flammenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Bickle
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beobachtet zu werden. Bei Anyas bisherigen Liebhabern hatte sich Sparky nicht eben freundlich gezeigt. Wenn man mitten im Liebesspiel ist und einen Eins-zwanzig-Salamander am Fußende liegen sieht, mit seinem Schwanz auf die Decke peitschend, ist das - einfach störend. Sparky konnte sich manifestieren wann er wollte, ganz nach Lust und Laune. Im Gegenzug konnte Anya sich felsenfest darauf verlassen, dass er immer auftauchte, wenn Geister in der Nähe waren - oder eben wenn sich die Möglichkeit zu einem intimen Beisammensein mit einem Mann bot.
    Der kupferne Salamanderreif hatte ihrer Mutter gehört. Die hatte zwar nie etwas gesagt, doch Anya nahm an, dass Sparky an den Ring gebunden war, seit es ihn gab - wie lange das auch sein mochte. Als ihre Mutter die heranreifende mediale Gabe ihrer Tochter erkannte, hatte sie ihr Sparky zu ihrem Schutz gegeben. Anya hatte ihren Vater zwar nie kennengelernt, aber ihre Mutter hatte anscheinend - zumindest einmal - trotz ihres magischen Anstandshündchens ein Liebesabenteuer erlebt. Aber Anyas Mutter war nicht mehr da, und es gab sonst niemanden, den sie fragen könnte, wie man einem Salamander beibringt, in seinem eigenen Bett zu schlafen.
    Andererseits wurde Sex vielleicht auch überbewertet. Sparky hatte seinen warmen Schwanz um ihre Waden geschlungen und schnarchte leise. Wenigstens hatte er gute Manieren: Er furzte nicht, er kratzte sich nicht, und er hatte morgens keinen schlechten Atem. Es war ein bisschen so, als würde sie mit einer Heizdecke schlafen - und das war vermutlich das Beste, was Anya in diesem Moment widerfahren konnte.
    Zusammengerollt in der warmen Umarmung des Salamanders, der gleichzeitig sein Spielzeug festhielt, schlief Anya sanft ein.
    Sie träumte von Eis.
    Anya drehte sich in einem Gewölberaum um die eigene Achse. Eis knirschte unter ihren Füßen und überzog die Wände mit einem feuchten, glitzernden Schimmer. Das einzige Licht kam von Sparky, der hell leuchtete und sich um ihre Füße wand. Die Decke musste hoch über ihr sein, außerhalb ihrer Sichtweite. Kälte entströmte den Wänden. Erdstreifen durchzogen das Eis wie Pinselstriche, als wäre dieser Ort aus jahrhundertealten eiszeitlichen Gletschern geschlagen worden.
    So gewaltig wie eine Schlucht erstreckte sich der Raum über ihr in absolute Finsternis. Sparkys Licht konnte sie nicht durchdringen, sie reichte zu weit. Aber in der schwarzen Ferne regte sich etwas. Sparkys Zunge zuckte vor und zurück, kostete von der Dunkelheit. Auch Anya konnte es fühlen: Etwas Großes drehte sich in seinem Schlaf.
    Neben ihr stand das Kind aus dem Getränkeautomaten: ein kleines Mädchen in einem gelben Kleid mit einem Schürzchen und weißen Turnschuhen. Bunte Plastikspangen hielten das säuberlich zu kleinen Zöpfen geflochtene Haar. Das Mädchen blickte zu Anya empor. Es hatte hübsche braune Augen und dichte Wimpern.
    Sparky legte den Kopf schief und musterte das Mädchen. Dann begann er, an einem ihrer offenen Schnürsenkel zu kauen. Das Mädchen tat nichts, um ihn davon abzuhalten.
    Tränen brannten in Anyas Augen, als sie das Kind so sah, wie es im Leben gewesen war. Sie kniete sich vor dem kleinen Mädchen hin. Anya konnte sich nicht ansatzweise vorstellen, was die vielen Jahre diesem Kind angetan hatten, damit es sich in einen so böswilligen Geist verwandelte, wie sie ihn im Keller getroffen hatte. »Es tut mir so leid, Kleines. Ich wusste nicht, dass du da drin warst.«
    Ohne ein Blinzeln betrachtete das Mädchen sie mit ernstem Blick und zeigte in das kohlrabenschwarze Nichts. »Sirrush kommt.«
    Anya wurde, wie eine Marionette an ihren Fäden, in die Dunkelheit gezogen. Sie ging tiefer in die Eiskathedrale hinein. Die Wände glitzerten nun vor Nässe, und Anya konnte Wärme auf ihrer Haut spüren. Durch die flimmernde Hitze erkannte sie Sparkys Leuchten schemenhaft, wie eine Kerzenflamme hinter Eis.
    Etwas war dort. Anya konnte es atmen hören. Sie roch Verbranntes, nahm den Geruch von Kohle und Ozon wahr. Anya sog die Wärme tief in ihre Lungen ein, und es schien, als fülle diese das kalte, bodenlose Loch, das sonst die Geister verschlang.
    Zum ersten Mal war die Leere in ihrer Brust ausgefüllt. Warm.
    Das Wesen in der Höhle brüllte plötzlich so donnernd, dass Eisstücke von der Decke fielen und der gefrorene Boden zersplitterte. Anya hielt sich die Ohren zu, um das schreckliche Geräusch auszuschließen, das so klang, als käme das Ende der Welt ...
    ... das Geräusch verwandelte

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