Flammenzungen
„Nein, das würden die einem der Ihren nicht antun.“ „Er wurde tatsächlich nie angeklagt, aber er hat dennoch mit den Konsequenzen zu leben. Das State Penitentiary feuerte ihn. Seitdem schlägt er sich als Security Guard von Firmen durch, arbeitet im Asyl und als Türsteher im French Quarter. Keine Strafanstalt wird ihn je wieder einstellen.“ Lorcan legte den Kopf schief. „Das klingt fast so, als hättest du Mitleid mit ihm.“
„Ich kann ihn ebenso wenig leiden wie du.“ Unbeabsichtigt hatte sie ihre Stimme erhoben. Sie atmete tief durch und fuhr leiser fort: „Jetzt weißt du, warum er dich angepöbelt hat. Er denkt, alle Häftlinge dieser Welt sind schuld, dass seine Zukunftspläne den Bach runtergingen, dabei hat er seine berufliche Karriere selbst in den Sand gesetzt. Sei bitte vorsichtig und geh ihm aus dem Weg.“
„Wenn es zu einer Schlägerei käme, würde man ihm lediglich kündigen“, brachte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, „aber mich dagegen zurück in den Bau stecken.“
„Du hast nicht viel Vertrauen in unser Rechtssystem, nicht wahr?“ Sie legte Salbe und Küchenkrepp weg, nahm zwei Tassen aus dem Schrank und schenkte Kaffee ein. Als sie sich umwandte, stand Lorcan unmittelbar hinter ihr. Ein wenig erschrocken reichte sie ihm einen Becher. „Milch oder Zucker?“
„Schwarz wie die Nacht.“ Er zwinkerte und nahm sein Getränk entgegen.
Amy fasste sich ein Herz. „Warum hast du gesessen?“ „Hat meine Antwort Einfluss darauf, ob du mit mir schlafen wirst oder nicht?“ Sinnlich blies er in die dunkle Flüssigkeit.
Augenblicklich wurde Amy knallrot. Seine Frage verschlug ihr die Sprache. Ihr fiel nichts ein, was sie auf eine derart dreiste Frage hätte erwidern können, daher nippte sie an ihrem heißen Getränk. Aber das Koffein tat ihr nicht gut. Ihr Puls raste ohnehin schon. Daher stellte sie die Tasse wieder ab. Ihre Wangen brannten, ihre Mitte prickelte, und ihre Beine fühlten sich an wie Pudding. Halt suchend lehnte sie sich an die Anrichte.
„Mein Glaube an Gerechtigkeit ist erschüttert, das hast du völlig richtig erkannt. Ein brutaler Typ wie Seth kam ungeschoren davon, während man mich die vollen sechs Monate in Untersuchungshaft behielt.“ Zu ihrer Überraschung stellte er seinen Becher ab, nahm stattdessen den ihren und trank ihn in einem Schluck halb leer. Geräuschvoll stellte er ihn wieder ab. „Länger durften sie mich nicht dortbehalten, daher entließen sie mich zähneknirschend. Ohne die Vorschriften säße ich jetzt noch hinter Gittern.“
„Dann bist du unschuldig?“, fragte sie hoffnungsvoll. „Vor dem Gesetz ja, aber in den Augen der Cops konnten sie mir lediglich nichts beweisen - ein großer Unterschied.“ Mit einer Hand stützte er sich an dem Hängeschrank hinter ihr ab. „Was glaubst du?“
Sein bohrender Blick war ihr unangenehm. Sah er ihr an, dass sie an ihm zweifelte? Spürte er, wie sehr sie ihn dennoch begehrte, entgegen aller Vernunft? „Ich weiß nicht einmal, was das für ein Name ist: Lorcan. Sehr ungewöhnlich.“ „Er ist irisch, genau wie meine Vorfahren, und bedeutet schweigsam, aber auch stürmisch und heftig. Magst du es leidenschaftlich ?“
Er sprach schon wieder von Sex, das war ihr klar, denn er sah ungeniert von oben in ihren Ausschnitt. Ihre Brustspitzen wurden hart. „Stammt er von irgendeinem anderen Namen ab, wie beispielsweise Amy vom französischen Aimée?“
„Oder dem lateinischen Amata. Das bedeutet Geliebte.“ Mit den Fingerspitzen glitt er über ihre Ohrmuschel und sorgte dort für ein wohliges Kribbeln.
„Du sprichst Latein?“
„Und du bist gut in Französisch?“ Lorcan grinste frivol, offensichtlich um sie auf die Zweideutigkeit hinzuweisen, und schüttelte den Kopf. „Es ist ein eigenständiger Name. Meine Großmutter aus Cork im Süden der Grünen Insel meinte, vor langer Zeit wäre ,Lorcan‘ der Spitzname für einen mutigen Krieger gewesen. Wenn du mich fragst, trifft der Bezug auch heute noch zu.“
Amy konnte sich ein Glucksen nicht verkneifen. Glücklicherweise meinte er es nicht ernst, denn er knuffte sie sanft.
Doch dann sagte er erneut etwas, das sie empörte und ihre Knie weich werden ließ: „Ich möchte es auf dem Boden treiben.“
„Wie Tiere?“ Sie keuchte.
Auf einmal wurde ihr bewusst, dass er seit einem halben Jahr keinen Sex mehr gehabt hatte, vermutlich sogar länger, da er vor etwas mehr als einem Monat entlassen worden sein musste. Das
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