Flammenzungen
hatte.
„Vor dem Gesetz bin ich unschuldig“, hatte er gesagt, „aber in den Augen der Cops konnten sie mir lediglich nichts beweisen - ein großer Unterschied. Was glaubst du?“ Prompt fiel ihr Wandas Warnung wieder ein: „Ich würde mich von ihm fernhalten. Niemand sitzt unschuldig im Kittchen, egal wie sehr er das beteuert.“
Der Revolver war nicht umsonst Amys geheimer Begleiter, wenn sie ins Obdachlosenasyl ging. Sie hatte Angst.
Warum nur bekam diese Furcht eine erotische Komponente, wenn es um Lorcan ging? Blendete seine Attraktivität sie tatsächlich? Ein Mann, der so atemberaubend aussah wie er, gab sich normalerweise nicht mit einer durchschnittlichen Frau wie ihr ab, dessen wurde sie sich mit einem Mal bewusst. Hübsche Menschen suchten sich hübsche Partner. Aber als Stadtstreicher hatte er keine Auswahl. Er nahm alles, was er kriegen konnte, das betraf sicherlich auch die Damenwelt. Frustriert über diese Erkenntnis warf sie das Trockentuch ins Spülbecken.
Nabil betrachtete das Foto von ihnen beiden, das mit einem Magneten am Kühlschrank angebracht war. „Eine Frau wie du hat Besseres verdient. Du könntest einen richtigen Partner finden, der sein eigenes Geld verdient und dich auf Händen trägt.“
Krampfhaft suchte sie nach einer Beschäftigung, aber es gab nichts zu tun, daher fragte sie: „Möchtest du einen Tee?“ Sie hatte stets Gewürztee aus seiner Heimat Pakistan im Haus, weil er keinen Kaffee trank.
Doch er ging nicht auf ihren Ablenkungsversuch ein. Mit einem Kopfnicken deutete er auf den Schnappschuss. „Wir sahen ziemlich dämlich aus in unserer Verkleidung als Wil liam Turner und Elizabeth Swann.“
„Eher wie Cartoonfiguren", stimmte sie ihm zu. Aber am Faschingsdienstag war es für sie ein Heidenspaß gewesen. Nabil hatte sich das erste Mal wieder amüsiert. Sie war so froh darüber gewesen, ihn endlich wieder lachen zu sehen. Sechs Monate hatte er gelitten wie ein Hund. „Ich habe dort das köstlichste Jambalaya meines Lebens gegessen!“ „Lass das nicht deine Mutter hören.“ Grinsend räusperte er sich.
Amy lachte. Das typische Cajun-Gericht bestand aus Reis, Gemüse, Fleisch und kreolischen Gewürzen. Delta LaBauve glaubte felsenfest, die richtige Mischung am besten hinzubekommen.
„Der letzte Mardi Gras war der schönste Karnevalsdienstag, den ich jemals erlebt habe.“ Verträumt sah er sie an.
Das konnte er unmöglich ernst meinen. Sie wusste, sie sollte den Mund halten, aber sie konnte nicht anders, als ihn leicht empört darauf hinzuweisen: „Es war der erste ohne Marnie.“
Abrupt erstarb sein Lächeln. Sie hätte sich ohrfeigen können! „Sorry, ich ...“
„Schon gut, du hast ja recht. Skyler glaubt immer noch, dass sie weggelaufen ist. Einfach auf und davon.“
„Skyler spinnt! Wie kann er so etwas sagen?“ Empört schnaubte sie. Im Sommer letzten Jahres war Nabils Freundin von einem Tag auf den anderen verschwunden, es hatte ihm beinahe das Herz gebrochen. „Sie hätte niemals alles zurückgelassen - ihre Kleidung, ihre Kosmetik, ihre Fotos, all die Andenken ... dich.“
Sein Blick flackerte. „Ihre Handtasche hat sie mitgenommen, samt ID-Karte, Geld und Kreditkarte.“
„Aber abgehoben hat sie nie etwas, das ist doch seltsam, denn in ihrem Portemonnaie befand sich bestimmt nicht viel Bares.“
„Zumindest nicht bis Ende letzten Dezember. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Untersuchung eingestellt und ihr Konto aufgelöst. Es gibt kein Anzeichen für ein Verbrechen, sagten die Cops.“
Was nicht hieß, dass Marnie keinem zum Opfer gefallen war, kam es Amy in den Sinn, aber diesmal behielt sie ihre Gedanken für sich.
„Ich will daran glauben, dass sie in Sicherheit ist“, sagte Nabil mit brüchiger Stimme, „dass es ihr gut geht und sie einfach nur genug hatte von diesem Kleinstadtmief.“
Das konnte Amy nachvollziehen. Es war besser für seine sensible Seele.
„Marnie war erst vor zwei Jahren von Seattle nach New Orleans gezogen. Sie hatte sich nie wirklich mit der Lebensart in den Südstaaten anfreunden können. Ihr war es in Louisiana zu schwül, New Orleans war ihr nicht urban genug. Und sie hasste sogar den Akzent.“ Seine Mundwinkel zuckten, aber sein angedeutetes Lächeln wirkte fad. „Wahrscheinlich kam sie deshalb mit mir zusammen. Ich habe den Slang nie angenommen, obwohl ich in die USA umsiedelte, als ich acht war.“
„Ich hätte sie nicht erwähnen dürfen.“ Amy nahm ihn tröstend in den Arm.
Er zog sie
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