Flandry 4: Ehrenwerte Feinde
oder zu spät zuschlägt, ist die Bedrohung für das Imperium zwar auch vorüber, aber um welchen Preis!«
»Ich habe noch nie erlebt, dass deine Zuversicht erlahmt, Dominic«, bemerkte Gunli.
»Weil es nötig war, eine gute Vorstellung zu liefern, meine Schöne. Ich habe aber noch nie mit einem ganzen Reich jongliert.« Flandry atmete tief durch. »In den nächsten paar Tagen steht alles auf Messers Schneide. Du verlässt Scotha jetzt besser. Lass dir eine Entschuldigung einfallen. Behaupte, du brauchst Erholung; das sieht man dir deutlich an. Nimm ein Schiff nach Alagan oder Gamlu oder sonst einen abgelegenen Planeten, wo du in Sicherheit bist.« Er lächelte. »Welchen Sinn hätte ein Sieg, bei dem du den Tod fändest? Ohne dich wäre das Universum matt und leer.«
Gunli wandte den Blick von ihm ab. Ihre Hand fühlte sich kalt an. »Ich verdiene den Tod, denn ich habe meinen Gemahl verraten, meinen König.«
»Nein, du solltest leben, denn du hast dein Land befreit und Millionen Leben gerettet.«
»Aber der gebrochene Eid …« Still begann sie zu weinen.
»Ein Eid ist nur ein Mittel zum Zweck: Er hilft Leuten, miteinander auszukommen.«
»Ein Eid ist ein Eid, Dominic – ich hatte die Wahl, entweder zu Penda zu stehen oder zu … dir …«
Flandry tröstete sie, so gut er konnte. Nur sehr selten war er sich so gänzlich wie ein Stinktier vorgekommen.
Das bloße Auge sieht eine Raumschlacht nie, wie sie ist. Nichts außer Blitzen zwischen den Sternen verrieten Waffenstrahlen, Gefechtsköpfe und leuchtende Dampfwolken in astronomischer Nähe. Aus noch größerer Entfernung, über Distanzen hinweg, die man in den Radien von Planetenbahnen maß, war der Tod eines Schiffes gar vollkommen unsichtbar.
Instrumente hatten schärfere Sinne. Computer werteten ihre Messungen aus und schufen ein laufendes Bild des Gefechts. Admiral Thomas Walton von der Imperialen Navy Terras legte den letzten Ausdruck beiseite und lächelte in sachlicher Befriedigung.
»Wir putzen sie vom Himmel«, sagte er. »Wir sind doppelt so stark wie der Gegner. Davon abgesehen wird es immer offensichtlicher, dass er von Anfang an demoralisiert gewesen ist. Ich weiß nicht, wie ich seine Nachlässigkeiten sonst erklären soll.«
»Wissen wir mittlerweile eigentlich, gegen wen wir kämpfen?«, fragte Captain Chang, der Kommandant des Flaggschiffs.
»Noch nicht mit Bestimmtheit. Vielleicht finden wir Wrackteile, die den Feind eindeutig identifizieren, aber ich werde mich nicht lange mit der Suche aufhalten. Der Gegner ist in so viele Parteien gespalten …« Walton rieb sich das Kinn. »Nach den Daten zu urteilen, die wir haben, dem Ursprung des feindlichen Anmarschvektors und ähnlicher Hinweise nehme ich im Lichte von Flandrys Bericht an, dass der Verband unter dem Befehl von – wie war noch dieser fremdartige Name? – Herzog Markagrav steht. Er ist ein Royalist. Es könnte aber auch Kelry sein. Er rebelliert zwar gegen den König, doch er schlägt sich trotzdem nicht auf unsere Seite.«
Chang pfiff leise. »So ein Kuddelmuddel! Die ganze Hegemonie ist also gerade zerfallen. Jeder springt jedem an die Kehle, und den letzten beißen die Höllenhunde! Was ist da nur passiert?«
Walton lachte stillvergnügt in sich hinein. »Dominic Flandry ist ihnen passiert. Die Einzelheiten werden wir später erfahren, aber das Ganze trägt seine Handschrift.« Walton lehnte sich zurück und legte die Finger aneinander. »Wir können einen Moment plaudern, bis die nächste Entscheidung ansteht. Ich darf Ihnen nicht alles offenbaren, was ich über Flandrys bisherige Karriere weiß. Da aber die Operation auf Llynathawr abgeschlossen ist, kann ich Ihnen seine dortige Vorgehensweise schildern. Sie ist typisch für ihn, sofern man so etwas überhaupt sagen kann.
Ich erwähnte ja bereits, worum er sich gerade gekümmert hat, als diese Barbaren ihn entführten. Ich brauche nicht zu erwähnen, dass er seine Hausaufgaben gemacht und ein ausgezeichnetes Netz aufgebaut hatte, mit dessen Hilfe man die Verschwörer tatsächlich fand. Hätte er die Operation weiterhin geleitet, wäre sie nur schon erheblich früher abgeschlossen worden. Wissen Sie, wie er das gemacht hat? Er hat sich in Catawrayannis praktisch mit einem Paukenschlag eingeführt. Er gab eine perfekte Vorstellung als ein aus politischen Gründen Abkommandierter, der den Fall als Vorwand nimmt, mal so richtig die Sau rauszulassen. Dadurch wurden die Verschwörer unvorsichtig. Währenddessen hat er
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