Flandry 4: Ehrenwerte Feinde
Menschen.
»Weint nicht, Gunli«, sagte Flandry sanft. »Vergesst nicht, heute Nacht wendet sich die Sonne. Ein neues Jahr bringt neue Hoffnung.«
»Ich kann die alten Jahre nicht vergessen«, erwiderte sie von plötzlicher Bitterkeit erfüllt.
Allmählich begriff er. Er fragte noch sanfter: »Es gab also noch jemanden in Eurem Leben?«
»Ja. Einen jungen Ritter. Doch er war von niederem Rang; deshalb verheiratete man mich mit Penda, der alt ist und schroff. Jomana kam später bei einer von Cerdics Plünderfahrten ums Leben.« Sie drehte den Kopf und schaute Flandry an. »Jomanas Tod tut mir heute nicht mehr weh, Dominic. Er war mir teuer, aber die Zeit heilt alle Wunden, die wir überleben. Ich denke jedoch an die anderen jungen Männer, an ihre Geliebten, ihre Frauen, Töchter, Mütter …«
»Die Männer wollen den Kampf.«
»Aber die Frauen nicht. Sie wollen nicht warten und warten, bis sein Schiff zurückkehrt, ohne zu wissen, ob es nur sein Schwert an Bord hat. Sie wollen nicht ihren kleinen Sohn in den Armen wiegen und wissen, dass er nur wenige Jahre später als Leichnam am Strand irgendeines unbekannten Planeten liegen wird. Nicht … Nun …« Sie straffte die schlanken Schultern. »Ich will nicht jammern. Ich kann ohnehin nichts daran ändern.«
»Ihr seid sehr tapfer und auch sehr liebreizend, Gunli«, sagte Flandry. »Frauen Eurer Art haben schon früher das Schicksal gewendet.« Und leise sang er einen Vers, den er nach den Regeln der scothanischen Barden gedichtet hatte:
»So seh ich dich steh’n
Kummers voll in Dunkelheit.
Doch das Mondlicht bricht
In deinen Augen, den tränenschimmernden -
Mondschein glänzt in der Zöpfe Zaubernetz.
Viele Gaben schenkten die Götter,
doch dir, Gunli,
galt ihre Gunst.«
Plötzlich lag sie in seinen Armen.
Sviffash von Sithafar beherrschte der kalte Zorn. Er schritt in dem geheimen Raum auf und ab, von einer Steinwand zur anderen. Der Schweif schlug ihm um die krummen Beine, und seine reißzahnbewehrten Kiefer zerbissen förmlich jedes scothanische Wort, das er mit schwerem Akzent hervorstieß.
»Wie einen Craieex behandeln sie mich!«, fauchte er. »Ich, König eines Planeten und einer intelligenten Spezies, muss vor dem schmutzigen Barbaren Penda das Haupt neigen! Unsere Schiffe bekommen die schlimmsten Einsätze in der ganzen Flotte, unsere Besatzungen aber plündern als Letzte. Besuchen Scothani unsere Welt, gebärden sie sich, als wären wir unterworfene Primitive und keine zivilisierten Bundesgenossen. Es ist unerträglich!«
Flandry bewahrte respektvolles Schweigen. Er hatte den Groll des echsenartigen Königs genährt, seit Sviffash zu einer Konferenz nach Juthagaar gekommen war. Allerdings wollte er, dass der Nichtmensch glaubte, sämtliche Ideen wären ihm ganz von allein gekommen.
»Beim Dunklen Gott, wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich wohl auf die Seite des Imperiums wechseln!«, brach es aus dem schuppigen Gesicht hervor. »Ihr sagt, sie behandeln ihre Untertanen anständig?«
»Das ist richtig. Ihr könnt Euch davon überzeugen, wenn Ihr eine Delegation aussendet, von der die Scothani nicht erfahren müssen. Wir haben gelernt, dass rassische Vorurteile kontraproduktiv sind. Außerdem – und sei es nur, weil alles andere viel zu viel Personal erfordern würde – lassen wir Fremdvölkern im Großen und Ganzen ihre Autonomie, außer in bestimmten Aspekten des Handels und des Militärs, wo wir zum allseitigen Nutzen auf Gleichförmigkeit bestehen müssen. Übrigens, da Sithafar weit außerhalb unserer Grenzen liegt, würde Eurer Welt wohl eher der Status eines Verbündeten als eines Klienten angeboten werden.« Wenn der Politische Rat es für lohnend halten sollte, euch überhaupt etwas anzubieten, fügte Flandry in Gedanken hinzu. Ich vertraue darauf, dass man so viel Weitsicht beweist, sich nicht eindeutig festzulegen, bis alles vorüber ist.
»Meine Untergebenen würden mir freudig folgen«, sagte Sviffash. »Sie würden viel lieber scothanische Planeten plündern als terranische, aber sie fürchten Pendas Rache.«
»Viele andere Verbündete Scothas sehen es ähnlich. Beginnt erst eine Revolte und scheint Erfolg zu haben, würden sich ihr noch viele mehr anschließen. Man muss sie nur alle zusammenzubringen. Dafür könntet Ihr sorgen, Herr, nachdem ich Euch offenbart habe, wer sie sind.«
Lidlose schwarze Augen starrten ihn glitzernd an. »Ihr wart arg beschäftigt, Terraner, nicht wahr? Wie ein Webebein
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