Flandry 6: Schattenwelt
begraben. Jetzt regen sie sich wieder …«
Beide Monde waren aufgegangen und liefen nahezu voll, kupferfarben, von doppelter scheinbarer Größe Mesyatz’ (oder Lunas), der eine langsam, der andere hastig über einen Himmel, an dem nur wenige Sterne blinkten, und diese fügten sich zu fremden Bildern. Die Nachtkälte nagte. Flammen zischten, Funken stoben. Ihr Licht schälte Trohdwyr aus der Finsternis, wo er im Höhleneingang auf Füßen und Schweif saß und Fleisch aus der Vorratskiste röstete. Der Rauch trug ein scharfes Aroma heran. Zu Kossara und den anderen Menschen sagte er: »Ein alter Zmay hat euch klugen Köpfen nicht zu sagen, wie ihr einen Haufen Xenos behandeln sollt. Ich bin nur als Diener und Leibwächter meiner Herrin hier. Wenn ihr aber den Frieden unter den Eingeborenen bewahren wollt, warum holt ihr dann keine Ythrianer her, die erklären, dass Ythri wirklich keine Absicht hegt, irgendeiner Splittergruppe den Rücken zu stärken, die auf Rebellion aus ist?«
Steve Johnson – nein! Stefan Iwanowitsch. Warum im Namen des Irrsinns dachte sie von ihm als einem Steve Johnson? – antwortete aus einem Gesicht, dem sie keine Gestalt geben konnte: »Das müsste offiziell angebahnt werden. Aus eigener Autorität kann der Resident es nicht tun. Er müsste über den Sektorengouverneur gehen. Und ich bin mir nicht sicher, ob der Sektorengouverneur wünscht, dass Ythri – oder Terra – erfährt, wie schlecht die Lage auf Diomedes steht.«
»Außerdem«, fügte er hinzu, »lassen sich die Folgen nicht vorhersagen, nur dass sie weitreichend sein werden. Wir haben es hier mit einer ausgewachsenen kulturellen Krise zu tun. Und das auch noch zwischen Nichtmenschen.«
»Trotzdem«, sagte ein dritter Mann (eine Frau? Und war seine/ihre Nase platt, die Augen schräg, der Teint gelb-braun?), »welche Instinkte und Institutionen die Diomedaner auch haben, wir sollten ihnen – jedenfalls genügend unter ihnen – gesunden Menschenverstand zubilligen. Was wir jedoch brauchen, ist zumindest eine Teillösung für die Schwierigkeiten des Schwarms. Andernfalls könnte das Dilemma sie zu wer weiß was treiben, wenn ihre Hoffnung auf ythrianische Hilfe erstickt wird.« (Wenn ihr bei diesen Zügen nicht ihr angeschlagener Verstand einen Streich spielte, dann war dies vielleicht der Nichtdennitzaner, den Onkel Bodin oder seine Agenten engagiert hatten.)
»Richtig«, warf Kossara ein, »der Trick wäre, den Ereignissen einen Schritt voraus zu bleiben.«
War es in der gleichen Nacht, dass die imperiale Marineinfanterie ihr Versteck stürmte?
Oder in einer anderen Nacht? Trohdwyr brüllte: »Lasst meine Herrin los!« Im Halbdunkel fuhr seine Hand an sein Messer. Ein Schockerschuss wirbelte ihn hinaus auf den Sims, wo er unter den Monden zusammenbrach. Nach einer Minute jagte der Lieutenant der Marines ihm in vollem Vorsatz einen schwachen Strahlerschuss in den Bauch.
Wenig überraschend, dass Kossara sich nicht an den Kampf erinnerte, bei dem ihre Gefährten getötet wurden. Sie wusste nur um Trohdwyr, der noch einmal zu sich kam. Seine Eingeweide lagen gesotten unter seinen Rippen. Nachdem sie sich losgerissen hatte und neben ihm auf die Knie fiel, roch sie es. »Trohdwyr, dragan!« Er hustete, konnte nicht sprechen, erkannte sie vielleicht nicht mehr durch die Schmerzen. Sie hob seinen Kopf an, drückte ihn fest an sich, und die stumpfen Zacken drückten gegen ihre Brüste. »Dwynafor, dwynafor, odhal tiv«, hörte sie sich krächzen, als habe sie den Verstand verloren.
Ein Mann zerrte sie weg. »Mitkommen.« Sie wandte sich ihm zu, spuckte ihm ins Gesicht, die Finger zum Karateangriff versteift. Ein anderer Mann packte sie von hinten. Der erste gab ihr Ohrfeigen, bis die Welt um sie schwankte. »So ein Aufstand um einen Xeno«, beschwerte er sich und trat Trohdwyr mehrmals in die Seite. Kossara konnte nicht sagen, ob der Ychan die Tritte spürte; doch er zuckte wie eine abgeschnittene Marionette.
Das Büro war vollgestopft, die Luft roch abgestanden. Der Commander des Nachrichtenkorps sagte: »Das wird kein Zuckerschlecken, Vymezal. Bei Hochverrat hat man keine Zeit zu verlieren, und Verräter verdienen nicht, dass man sie mit Samthandschuhen anfasst.«
»Ich bin keine -«
»Das sehen wir bald. Abführen, O’Brien. Für die Hypnosondierung vorbereiten.«
Ein Wirbel abwärts durch Kreischen, Donnern, Blitzen, Schmerzen und mehr Schmerzen, hinab durch Leere, aber, oh, sie kann das gesegnete kühle
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