Flandry 6: Schattenwelt

ausgehende Strahlung in zufälliger Weise und macht sie vollkommen unverständlich. Und auch hier können Ausbildung oder Tiefenkonditionierung sehr wirksam sein.«
    Er hielt inne. Auf seiner wandelbaren Miene zeigte sich Behutsamkeit. »Aber für alles gibt es Ausnahmen«, murmelte er, »auch für das, was ich sagte. Hat der Name Aycharaych für Sie irgendeine Bedeutung?«
    »Nein«, antwortete sie wahrheitsgemäß. »Wieso?«
    »Ist jetzt nicht wichtig. Später vielleicht.«
    »Ich bin wirklich eine Xenologin«, erinnerte Kossara ihn. »Sie haben mir nichts Neues gesagt.«
    »Was? Entschuldigen Sie. In einem Universum, in dem die Fakten so zahlreich sind wie Mücken, ist es vollkommen unvorhersehbar, was jemand über die grundlegendsten Dinge weiß oder nicht weiß. Meine Güte, ich war dreißig Jahre alt, ehe ich erfuhr, worüber sich Kaiserin Theodora zu beschweren pflegte.«
    Sie starrte an seinem Lächeln vorbei. »Sie wollten mir die Hypnosonde beschreiben.«
    Er wurde nüchterner. »Richtig. Die letzte Zuflucht. Direkter elektronischer Angriff auf das Gehirn. Auf molekularer Ebene überwindet es Drogen, Konditionierungen und alles andere. Außer – der Proband könnte mit seinem ganzen Organismus präkonditioniert sein zu sterben, wenn es passiert. Schockreaktion. Wenn das Verhörteam darauf vorbereitet ist, kann es ihn an Geräte anschließen, die seine Vitalfunktionen aufrechterhalten, und erhält eine reelle Chance, eine Antwort zu erzwingen. Sein Verstand übersteht den Schaden allerdings nicht.«
    Er drückte seine Zigarette am Rand eines Aschenbechers aus, ehe er zuließ, dass der Stummel entfernt wurde. »In diesem Zustand waren Sie offensichtlich nicht.« Seine Stimme wurde rau. »Sie hatten sogar überhaupt keine Immunisierung gegen Drogen. Warum hat man Sie nicht einer Narkosynthese unterzogen statt einer Hypnosondierung? Oder hat man damit angefangen?«
    »Ich erinnere mich nicht …« Erstaunt rief Kossara aus: »Woher wissen Sie das? Über mich und die Drogen, meine ich? Ich wusste es selbst nicht!«
    »Aus dem Katalog des Sklavenhändlers. Sein Mediker hat eine komplette cytologische Analyse durchgeführt. Ich habe die Daten durch einen Computer gejagt. Er hat festgestellt, dass Sie etliche Behandlungen erhalten haben, um exotischen Bedingungen zu widerstehen, aber es zeigte sich keine Spur einer Psycho-Immunisierung.«
    Flandry schüttelte langsam den Kopf von einer Seite zur anderen. »Ein übereifriger Verhörleiter könnte eine sofortige Sondierung anordnen, statt sie als letztes Mittel aufzusparen«, sagte er, »aber wieso die Behandlung in einer Weise ausführen, die Ihre assoziierten Erinnerungen auslöscht? Sicher, so etwas geschieht hin und wieder. Manche Probanden haben eine unterdurchschnittlich niedrige Toleranzschwelle; die Energiestufe kann dann zu hoch sein und zerstört die RNA-Moleküle, während sie ausgelesen werden. In der Regel sind dauerhafte psychische Schäden – von dem Trauma abgesehen, das eine schlechte Erfahrung ganz allgemein hinterlässt – sehr selten. Ein fähiges Team testet den Probanden vor der Sondierung und stellt die geeigneten Parameter fest.«
    Er seufzte. »Na ja, der Bürgerkrieg und seine Nachwehen haben uns viele gute Köpfe gekostet, auch in meinem Korps. Charaktere mit Gehirnen aus Koprolith, die normalerweise nur mit ungefährlichen Routineaufgaben betraut worden wären, mussten befördert werden, um die Leerstände aufzufüllen. Vielleicht hatten sie das Pech, auf so einen Verein zu treffen.«
    »Ich bin nicht ganz und gar traurig, es vergessen zu haben«, murmelte Kossara.
    Flandry strich sich den Schnurrbart. »Ah … Sie glauben nicht, dass Sie anderweitigen Schaden erlitten haben?«
    »Nein. Ich kann so gut wie immer argumentieren. Ich erinnere mich in allen Einzelheiten an mein Leben bis kurz vor meinem Aufbruch nach Diomedes, und ich bin völlig klar bei allem, seit man mich an Bord des Schiffes nach Terra gebracht hat.«
    »Gut.« Flandrys Wohlwollen wirkte aufrichtig. »Es gibt genügend überflüssiges Grauen, ohne dass auch noch eine junge, schöne Frau gelöscht wird.«
    Er hat mich aus der Schleimgrube gerettet, dachte sie. Er hat mir jede Freundlichkeit und Höflichkeit erwiesen.
    Bisher. Er gibt es zu – sein Ziel ist es, das Imperium zu erhalten.
    »An welche Bruchstücke erinnern Sie sich denn, Kossara?« Flandry hatte sie bisher noch nie mit dem Vornamen angesprochen.
    Sie drückte fest die Fingerspitzen aneinander. Ihr Puls