Flandry 6: Schattenwelt
Einheimische – keinerlei Grund zu der Annahme haben, dass Sie nicht einfach nur isoliert festgehalten wurden. Das wäre ja eigentlich auch viel logischer, als Sie nach Terra zu verfrachten, damit Sie dort irgend so ein Plappermaul kauft.«
Sie zog ein finsteres Gesicht, weniger aus Abneigung ihm gegenüber als deswegen, dass sie wohl oder übel von der intellektuellen Herausforderung, die seine geplante Täuschung darstellte, in den Bann gezogen wurde. »Aber war das nicht ein Sonderteam, das mich fing und … und behandelte? Vielleicht hat es den Planeten mittlerweile wieder verlassen.«
»Wenn ja, dann können Sie sagen, man habe Sie in die Obhut der Nachrichtenkorpsleute übergeben, die hier semipermanent stationiert sind. So etwas zu behaupten ist für Sie sogar am sichersten, und recht plausibel. Wir werden eine detaillierte Legende für Sie ausarbeiten. Grob umrissen habe ich sie schon, sie wartet nur auf Ihre Kritik. Sie haben sich eine gewisse Freiheit erschmeichelt. Das ist ebenfalls plausibel, vorausgesetzt, es macht Ihnen nichts aus vorzugeben, Sie wären die Mätresse eines gelangweilten, einsamen Commanders geworden. Am Ende konnten Sie einen Flugwagen stehlen. Das Fahrzeug kann ich stellen; wir haben zwei davon im Laderaum, darunter einen zivilen Standardkabrio, den wir auf diomedanische Verhältnisse umrüsten können. Sie sind hierher geflohen, weil Sie noch genügend Erinnerungen haben, die Ihnen sagen, dass Ihre Chancen am besten stehen, wenn Sie von Ihrer eigenen Organisation aufgefunden werden.«
Sie verkrampfte sich erneut und fragte langsam: »Was werden Sie inzwischen tun?«
Flandry zuckte mit den Schultern. »Ich hatte Ihre Präventivbehandlung nicht und bin daher eingeschränkt. Lassen Sie uns überlegen. Ich habe daran gedacht, einen Auftritt als eine Scheinperson zu machen, die ich schon früher benutzt habe, einen harmlosen verrückten kosmenosistischen Missionar, der auf einer anderen Welt nach neuen Schäfchen sucht. Vielleicht ist es aber am besten, wenn ich an Bord bleibe und Ihre Abenteuer beobachte.«
Sie versteifte sich noch mehr als zuvor. »Wie werden Sie mich im Auge behalten?«
Flandry zog einen Ring aus der Tasche. An dem goldenen Reif funkelte ein Juwel, das aussah wie ein Saphir. »Tragen Sie das. Wenn jemand Sie danach fragt, behaupten Sie, Sie hätten es von Ihrem Liebhaber im Gefängnis erhalten. Tatsächlich ist es ein Minisender, ähnlich wie Ihr Armband auf Terra, aber mit eigener Energiequelle.«
»Dieser kleine Ring?« Sie klang ungläubig. »Und er braucht kein Funknetz, um zu funktionieren? Sendet er über die Sichtlinie hinaus? Und ist er von denen, die ich bespitzeln soll, nicht zu entdecken?«
Flandry nickte. »Alle diese bewundernswerten Eigenschaften vereint er in sich.«
»Ich kann es nicht glauben.«
»Mir steht es nicht frei, das Funktionsprinzip zu beschreiben. Außerdem hat es mir sowieso nie jemand erklärt. Ich habe müßige Spekulationen über modulierte Neutrinoemission angestellt, aber sie gehen ohne Zweifel völlig an der Sache vorbei. Genau weiß ich nur, dass das Ding funktioniert.« Flandry hielt inne. »Kossara, es tut mir leid, aber unter allen Umständen … ehe ich Sie freilassen kann, ehe ich auch nur mit Ihnen auf einer Zentralwelt wie Terra landen kann, müssen Sie mir gestatten, die Tatsache aus Ihrer Erinnerung zu löschen, dass solch ein Gerät existiert. Die Arbeit wird schmerzlos und sehr sorgfältig ausgeführt.«
Er hielt ihr den Ring hin. Sie griff danach, zog die Hand aber wieder zurück. Ihr Blick schwankte, bis sie ihm in die Augen sah. Leise fragte sie: »Warum glauben Sie, dass ich Ihnen helfen werde?«
»Um Ihre Freiheit zurückzugewinnen«, antwortete er. Jeder Satz tat ihm weh. »Desertieren Sie, und Sie stehen außerhalb des Gesetzes. Welche Chance hätten Sie dann, wieder auf Ihre Heimatwelt zurückzukehren? Die orbitale Wache sowie die Beobachtung der Oberfläche würden verdoppelt. Wenn Sie nicht gefasst würden, müssten Sie verhungern, nachdem Ihre für Menschen geeigneten Lebensmittel aufgebraucht wären.
Und denken Sie an Dennitza. Ihre Verwandten, Ihre Freunde, Millionen kleiner Kinder, die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft Ihrer ganzen Welt. Soll das alles wirklich aufs Spiel gesetzt werden, in einer Zeit, in der es planetenvernichtende Waffen gibt, für etwas, das bestenfalls ein politischer Streitpunkt und schlimmstenfalls Pomp einiger Aristokraten ist? Das wissen Sie doch besser,
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