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Flandry 6: Schattenwelt

Flandry 6: Schattenwelt

Titel: Flandry 6: Schattenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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hervor.
    »Nein, das verstehe ich nicht«, erwiderte Kossara. Wasser hatte sie zum letzten Mal vor vielen Kilometern gefunden. Ihre Kehle war wund vor Durst. »Sprechen Sie Anglisch?«
    »Ein bisschen«, sagte der Eingeborene. »Wie du? Hilfe?«
    »J-ja. Aber …« Aber nicht von jemandem, der glaubt, er müsste Thursday Landing rufen und sich nach mir erkundigen. Während ihrer Flucht war Kossara die Erinnerungsfetzen immer wieder durchgegangen. Ein Name und ein nichtmenschliches Gesicht gingen ihr nicht aus dem Sinn. »Eonan. Bring mir Eonan.« Sie versuchte es mit verschiedenen Aussprachen und hoffte, dass eine davon verständlich wäre.
    »Gairath mochra. Eonan? W-welcher Eonan? Viele Eonan.«
    Natürlich, es musste mehrere geben. Genauso gut hätte sie einen zufällig ausgewählten Dennitzaner nach Andrei fragen können. Sie hatte allerdings damit gerechnet. »Eonan, der Kossara Vymezal kennt«, sagte sie. »Finde ihn. Gib Eonan das.« Sie reichte ihm eine rasch dahingeworfene Nachricht. »Geld.« Sie hielt ihm einen Zehn-Credit-Schein aus der gefüllten Brieftasche hin, die Flandry ihr als Teil ihrer Ausrüstung gegeben hatte. »Bring mir Eonan. Dann mehr Geld.«
    Nach wiederholten Versuchen schien sie ihm klargemacht zu haben, was sie wünschte, und er konnte ihren Namen annähernd wiederholen. Der Jäger flog in nördlicher Richtung davon. Wenn Gott es wollte, fragte er in den Küstenstädtchen umher, bis er die richtige Person fand; und obwohl er damit gewiss die Neugier der Bewohner weckte, würde keiner von ihnen einen Grund sehen, in der imperialen Residenz anzurufen. Wenn Gott es wollte. Sie hätte zum Gebet niederknien müssen, aber sie war zu müde; Maria auf der Flucht nach Ägypten hätte sie verstanden. Kossara setzte sich auf etwas, das an blasses Gras erinnerte, aber etwas anderes war, legte sich gegen den kalten Wind die eigenen Arme um die Schultern und starrte über die baumlose Weite unter einer trüben Sonne.
    Habe ich wirklich die nächste Runde erreicht?
    Selbst wenn Eonan noch Leben und Freiheit besaß, konnte er gut den Wunsch nach Revolution verloren haben – wenn er überhaupt je beteiligt gewesen war, denn sie hatte nichts von ihm außer einer Traumvision in einer Höhle. Oder wenn er sein Volk noch immer vom Imperium befreien wollte, dann konnte er der Letzte seiner Gesinnung sein. Oder wenn Verschwörungszirkel und Guerillas übrig waren, wusste er vielleicht nicht, wo sie sich versteckten. Oder wenn er sie zu ihnen brachte, worauf konnte sie hoffen?
    Sie warf den Kopf herum. Auf eine Chance zu kämpfen. Vielleicht sogar nach Hause zu kommen, aber eher, hier zu sterben, wie ein Soldat stirbt, aber in Freiheit.
    Die Schläfrigkeit übermannte Kossara. Sie rollte sich am Boden zusammen, so gut sie konnte. Ihre schwere Kleidung milderte seine Härte, auch wenn sie den säuerlichen Geruch verabscheute, den sie angenommen hatte. Wieder sauber zu sein … Flandry hatte sie vor der Besudelung bewahrt, die sich niemals abwaschen ließ. So viel Ehre hatte er im Leib – und ja, eine Art Barmherzigkeit, so hart wie Diamant. Wenn sie sich ihm gefügt hätte, um ihn zu ihren überlebenden Gefährten zu führen, hätte er sie mit Sicherheit nach Dennitza zurückgeschickt – er hätte dann das Prestige, eine solche Gunst zu erbitten –, und sie wäre unversehrt … Nein! Nicht unversehrt in ihrer Ehre! Und die Freilassung auf ein ans Imperium gekettetes Dennitza wäre nur ein grausamer Scherz gewesen.
    Also ruhe, solange du kannst, Kossara. Der Schlaf kommt nicht als Schwärze, nein, blau wie der Sommerhimmel über dem Kazan, blau wie Marias Mantel … Bete für uns, jetzt und in der Stunde unseres Todes.
     
    Eine kleine, schwielige Hand schüttelte sie wach. Lauter als ihre Uhr verkündete ihr der Hunger, wie viel Zeit vergangen war, während die Sonne ununterbrochen gebrannt hatte. Sie starrte in gelbe Augen über einer stumpfen Schnauze und bebenden Schnurrhaaren. Die halb ausgebreiteten Schwingen bildeten hinter ihm eine Gewitterwolke. Er trug einen Strahler.
    Sein Gesicht … Kossara setzte sich auf, des Schmerzes, der Steifheit und der Kälte bewusst. »Eonan?«
    »Torcha hat mich gefunden.« Von dem schrillen Akzent abgesehen, der hauptsächlich auf die stimmbildenden Organe zurückging, sprach er fließend Anglisch. »Aber du kennst ihn nicht, richtig?«
    Sie rappelte sich auf. »Ich kenne dich auch nicht mehr«, brachte sie hervor. »Sie haben es mich vergessen

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