Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)
dieser arme Heiko so auf Lager hatte. Das versprach lustig zu werden.
Elli war erschöpft, aber zugleich auch selig. Seit ihrer Trennung, und noch weit davor, hatte sie keinen derart inspirierenden und erfüllenden Tag mehr verbracht. Die Vergangenheit, Martin, die lähmenden Enttäuschungen, all dies hinter sich zu lassen, endlich den eigenen Weg einzuschlagen, das hatte sich zumindest heute als eine ihrer klügsten Entscheidungen seit langem erwiesen.
Und ein weiteres Highlight stand bevor. Abgesehen von dem sicherlich einmaligen Festmahl, das Carlo sich für seine Gäste ausgedacht hatte, würde sie den Dottore noch einmal beschnuppern dürfen. Sie geriet ins Schwärmen und gab sich sogleich eine Ohrfeige. War sie denn meschugge? Eben sinnierte sie noch feierlich über den Glanz der neuen Freiheit, schon fieberte sie dem nächsten Henker entgegen.
Andererseits: Ein kleiner Flirt war kein Verbrechen. Wer hatte denn behauptet, dass man das Spiel mit den Männern nicht auch andersherum spielen konnte? Einfach die Herren schön zappeln lassen, ihnen den Kopf verdrehen. So, wie sie es früher immer mit den armen Grünschnäbeln an der Uni, und davor an der Schule, gemacht hatte. Der schwarzgerahmte Silberspiegel über der Kommode provozierte sie unerwartet mit ihrem Ebenbild. Erst schreckte sie leicht zurück, dann aber sah Elli sich in die Augen. Sie legte ihren Kopf zur Seite und entspannte sich. Wie sie so da stand, nicht schlecht. Sie gefiel sich. Von ihr ging eine angenehme Kraft aus. Elli zwinkerte sich zu. Ein wenig selbstverliebt zu sein, das konnte gewiss nicht schaden. Leichtfüßig wie ein junges Reh wandte sie sich ihren neuen Schätzen zu, die sie an ihre Garderobe gehängt hatte, damit auch sie sich in ihrer ganzen Pracht entfalten konnten. Fendi und sie waren jetzt ein Team. Schwärmerisch streichelte sie über den feinen Stoff der federleichten Bluse. Betastete die raffiniert geschnittene Hose und träumte sich in das atemberaubende Abendkleid. Elli fand, dass sie ein gutes Händchen bewiesen hatte.
Im nächsten Augenblick hörte sie das tiefe, unverkennbare, brummige Lachen ihres Bruders. Eine Mischung aus kleinem Lausbuben und Bariton. Herzhaft schmeichelnd und schelmisch zugleich.
Wenn Bären plötzlich lachen könnten, dann hätten sie es sich unter Garantie vorher bei Carlo abgeschaut. Dazwischen schraubte sich zusätzlich das um vieles dünnere Kichern eines anderen. Wie das Stakkato eines hektischen Eichhörnchens oder eines Hamsters – um bei der Tierwelt zu bleiben. Heiko. Die beiden schienen zu ihrer Überraschung miteinander Spaß zu haben.
Elli bewunderte wieder ihre neue Kollektion. Welches Fendi-Stöffchen sollte es für den heutigen Abend denn nun sein?
7. Kapitel
Unwiderstehlicher Duft durchwehte die ganze Villa. Schwer zu sagen, welche verführerischen Aromen durch die Räume wirbelten. Allerlei Kräuter, warmes Olivenöl, Vanille, Zedernholz. War da ein Hauch von Anis? Die Küche hatte sich endgültig zum pulsierenden Herzen des großzügigen Hauses aufgeschwungen.
Ungläubig steckte als Erste Anna ihren Kopf durch die Tür. Das angeheiterte Gelächter der beiden ungleichen Witzbolde war nicht zu überhören. Anna hatte versucht, ein wenig zu schlafen, aber ohne Erfolg. Die beiden hatten einen Spaß, dass das ganze Haus wackelte. Schließlich hatte sie aufgegeben und sich zurechtgemacht. Jetzt trug sie einen strenggeschnittenen dunkelblauen Rock, der bis zu den Knien reichte, an der Seite aber sehr gefährlich geschlitzt war. Darunter zeigte sie nacktes Bein, das gleich unter den Knien in ihre neuen handgenähten braunen Pferdelederstiefel mündete. In das wertvolle Material der Stiefel waren in dunklerem Braun aufwendig verschlungene Ornamente geprägt. Dazu trug sie eine eng anliegende, raffiniert geschnittene hellblaue Bluse und die antike Perlenkette, die sie heute in einem verwunschenen Antiquitätenladen gefunden hatte. Ihr volles Haar war zu einem strengen Pferdeschwanz zurückgebunden. Sie war aufwendiger geschminkt als sonst in ihrer Freizeit, elegant und streng, dominant und geheimnisvoll, mit dunkelroten Lippen und fast schwarzem Lidschatten.
Noch hatte keiner der polternden Köche von Anna Notiz genommen. Während Carlo gerade mit einem etwas ungeschickten Hüftschwung eine Schublade anstupste, klopfte sich Heiko, der es sich auf einem Stuhl bequem gemacht hatte, mit beiden Händen auf die Schenkel. Er hatte gerade eine irrwitzige Geschichte zum Besten gegeben
Weitere Kostenlose Bücher