Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)
Parmesan, unzählige Oliven, Salami, Grissini, in Hülle und Fülle Feigen, Zucchiniblüten, ganze Trüffel, Dutzende Hummer, Austern, eine Armee von Weinflaschen, diverse Grappe. Es nahm gar kein Ende.
»Sag mal, wie hast du das alles in deine alte Kiste bekommen?« Er wunderte sich ehrlich. »Und wer soll das alles essen? Nicht, dass ich mich beschweren möchte. Mir läuft das Wasser schon im Mund zusammen.«
»Du bestimmt nicht!«, scherzte Carlo.
Heiko sah ihn traurig und verständnislos an.
»War ein Witz. Ich hab mir gedacht, wenn wir unbedingt wieder alle zusammen sitzen müssen, dann sollten wir wenigstens nicht verhungern.«
»Gute Idee, so kennt man dich ja gar nicht, so freundlich?«
»Euer … dein Glück. Kochen für einen allein macht keinen Spaß. Je mehr Gäste, desto besser. Außerdem war der Markt in Brescia der pure Wahnsinn. Ein Paradies. Dagegen ist unsa Viktualienmarkt fast a Flohmarkt.«
»Wer?« Heiko verstand manchmal nur jedes zweite Wort. Schon ein Witz, dass jemand, der kaum Hochdeutsch sprach, daheim auf Millionen saß.
»Na dann, bis später.« Heiko wollte sich frisch machen gehen.
»Wart a mal, hilf mir mal kurz.«
»Also, ich bin wirklich ein miserabler Koch.«
Augenblicklich brüllte Carlo schier vor Lachen. »Meinst du etwa, ich lass dich an meinen Herd? Ha? Meinst du des? Du bist vielleicht ein Spaßvogel. Aber ein bisserl Auframa …«
Große fragende Augen bei Heiko.
»Aufräumen! Könntest mir helfen!«
Erst wollte Heiko protestieren, doch dann erkannte er die günstige Gelegenheit. Wenn er mit Carlo allein war, konnte er ein wenig auf ihn einwirken, ihn behutsam an die Idee heranführen, das Geld aufzuteilen. Jetzt war der einfühlsame Taktiker gefragt. »Okay, Herr Schuhbeck, was soll ich machen? Wie bekomm ich meinen ersten Stern?«, grinste er.
Auch bei den anderen hatte sich allmählich herumgesprochen, dass Carlo etwas Großes für sie plante. Dass Heiko ihm dabei unfreiwillig assistierte, wussten sie nicht. Allerdings vermisste ihn auch keiner. Vor allem Sandra war viel zu sehr damit beschäftigt, ihre Einkäufe auf dem Boden auszubreiten und ausgiebig zu bestaunen, als sich zu fragen, wo denn eigentlich ihr Freund blieb. Regelrecht froh war sie, allein zu sein. Heiko wollte jetzt sicher nur wieder einen Quickie. Schnell ein paar Mal rein und raus und gesagt bekommen, er sei der größte und unwiderstehlichste Liebhaber diesseits des Äquators. Das konnte sie selbst bei dichtestem Nebel hundert Meter gegen den Wind auf seiner Stirn blinken sehen. Heiko ging ihr in den letzten Tagen ganz schön auf die Nerven. Was es genau war, konnte sie nicht sagen. Hatte er etwas Falsches gesagt? Sich irgendwie gemein verhalten oder gar generell verändert? Oder war es nicht vielmehr sie selbst, die sich, ja, die dabei war, sich von ihm zu befreien oder ihn abzulegen? Nein, befreien, das war das passendere Wort. Sie war dabei, sich zu lösen aus dem unsichtbaren Heiko-Gefängnis, seiner kleinen unsicheren Welt. Sein Mausilein war dabei, sich aus ihrem Kokon zu schälen. Und, sie grinste zufrieden, es bereitete ihr die größte Freude. Aus dem Mädchen Sandra wurde eine richtige Frau. Zwar hatte diese schon die ganze Zeit über in ihr geschlummert, aber der Alltag, ihr Job, Heiko und seine ständige Sehnsucht nach Bestätigung hatten dieser Frau die Kehle abgeschnürt, bevor sie überhaupt richtig zu atmen beginnen konnte. Aber hier in Italien, mit den anderen und in diesem außergewöhnlichen Haus, da war mit einem Mal der Raum für diese Frau, sich zu entfalten.
Kurz war Sandra unheimlich vor sich selbst. Sollte sie nicht besser erst nachdenken, bevor sie handelte? Schnurzegal! Immer wenn sie zu viel nachdachte, ging das in die Hose. Sie folgte einfach ihrem Gefühl. Stolz streichelte sie sich über ihre makellose Haut zwischen Brüsten und Hüfte. Sie gefiel sich. Kein Gramm Fett und alles schön definiert. Sie war ein seltener Schmetterling. Glücklich wie lange nicht mehr, zog sie sich nackt aus und ging ins Bad.
Nur ein paar Türen weiter stand Lutz vor dem Badspiegel und wusch sich sein leidendes Gesicht. Dieser beißenden Sonne konnte man einfach nicht entkommen. Obwohl er sich wie ein Golem von einer Schattenwand zur nächsten gehangelt hatte, kam es ihm so vor, als würde sein Gesicht brennen.
»Hey, du hast ja sogar Farbe bekommen! Steht dir, der Teint.« Quietschfidel plazierte Tina ein neues teures Cremedöschen auf die Ablage und war schon wieder
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