Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)

Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Friedmann
Vom Netzwerk:
sehen, ihre ganze rasierte Schönheit. Entweder wollte sie, dass er sich jetzt auf sie stürzte, oder sie sah in ihm keinen Mann mehr.
    »Ach, papperlapapp! Mafiaknast! Es ham sich nicht alle gegen dir verschworen. Manchmal hat man och einfach nur Glück. Da heißt es dann schnell zugreifen. Ich sag’s doch immer wieder, man muss den positiven Kräften auch mal ne Chance geben, wa!«
    Er hörte ihr schon gar nicht mehr zu, so erregt war er. Auch wenn sich in seiner verfluchten Hose immer noch nichts tat, er war kurz davor, sich die Kleider vom Leib zu reißen und sich auf sie zu stürzen.
    Doch bevor er eine derart mutige Entscheidung treffen konnte, schloss sie die Tür zum Bad, und er hörte das Duschwasser laufen. Auf gewisse Weise hatte sie ihn gerettet. Die Gefahr, dass er sich blamiert hätte, war gefährlich groß gewesen. So ging das nicht weiter.
    Langsam konnte selbst Anna diesem Urlaub etwas abgewinnen. Die Rückfahrt in dem alten BWM war diesmal mehr als angenehm gewesen. Carlo hatte beide Strecken am Steuer gesessen, und so hatte sie ausreichend Gelegenheit, sich die Landschaft, die Häuser, die Menschen anzusehen. Ihre Telefone hatte sie teilweise absichtlich im Haus gelassen, und selbst der Schmerz im Fuß war vergessen.
    Brescia hatte sie mit seiner unentdeckten Schönheit überrascht. Anna hatte ganz vergessen, wie herrlich es sein konnte, die Zeit sinnlos und ganz alleine in Boutiquen und Shops zu verplempern. Was für ein Luxus! Nie wäre sie auf die Idee gekommen, so einen verschwenderischen Shoppingtrip einzulegen. Insofern durfte man Heiko und dem verrückten Geldfund sogar dankbar sein – was sie öffentlich natürlich nie zugeben würde.
    Im Zimmer war es ungemütlich dunkel geworden. Kurz suchte sie nach dem Lichtschalter. Dann tauchte ein verstaubter, milchiger Glasteller den Raum in ein erstaunlich angenehmes Licht.
    Anna musste schmunzeln. Wenn sie Heiko sagen würde, was für einen gelungenen Tag sie dank seiner Inspiration gehabt hatte, konnte es gut sein, dass er ihr um den Hals fiel. Dieser Typ war so was von leicht zu durchschauen, es hatte direkt etwas Komödiantisches. Natürlich hatte er es auf einen viel größeren Teil des Geldes, wenn nicht gar alles, abgesehen. Dazu musste man kein Hellseher sein. Es würde ihr das größte Vergnügen bereiten, heute Abend seine hilflosen Versuche zu beobachten, die anderen mit hirnrissigen Argumenten und plumpen Schmeicheleien davon zu überzeugen, besser gleich die komplette Summe untereinander aufzuteilen. Sollte sie ihn dabei womöglich Unterstützung vortäuschen und ins offene Messer laufen lassen? Durfte man so gemein sein?
    Oder hatte er vielleicht gar nicht so unrecht? Gedankenspiel: Sie teilten das Geld durch sieben. Das machte knapp zweihundertfünfzigtausend pro Person. Ganz davon abgesehen, dass jeder, außer Carlo, so eine Summe gut gebrauchen konnte, was waren die Konsequenzen? Rechtlich? Moralisch? Praktisch? Rechtlich war es Diebstahl. Da gab es nichts zu rütteln. Noch dazu ein Diebstahl mit zu vielen Zeugen. Einen Rechtsbruch konnte sie sich nicht leisten. Nicht bei ihrem Job. Andererseits hatte sie schon viel weniger geniale und dreistere Rechtsbrüche erlebt, war daran sogar indirekt beteiligt gewesen. Was ihre Herren Kollegen in wichtigen, teuer möblierten Hinterzimmern schon so ausgeheckt hatten, das hätte Zündstoff für so einige Schlagzeilen hergegeben. Allein was sie während der dauernden Finanzkrisen alles miterlebte, das war unbeschreiblich. Es herrschte globaler Finanzkrieg. Und ein paar eiskalte Spekulanten und Fondsmanager verdienten sich so dumm und dämlich wie Waffenhändler oder Drogenbosse. Es herrschte die reinste Goldgräberstimmung. Wie hatte ihr einer dieser raffgierigen Typen gestanden: Nur ein echter Weltkrieg würde mehr Profit bringen.
    Das war die Welt, in der sie lebte. Ihr moralisches Zuhause. Ehre und Moral erlebte sie, wenn überhaupt, als rein theoretischen, sehr dehnbaren Salonbegriff. Inwieweit das auf sie abgefärbt hatte? Die Antwort blieb sie sich schon seit Jahren schuldig.
    Das Geld wiederum, das hier im Haus versteckt lag, war mit größter Wahrscheinlichkeit Schwarzgeld, also gestohlen, ergaunert, verschleiert. Was sagte ihre »gesunde Moral« nun dazu? Ihr war es schnuppe. Sie war ausgebrannt.
    Anna ging ins Bad und ließ sich in der kitschigen Emaille-Badewanne mit gusseisernen Schnabelfüßen ein beruhigendes Bad ein.
    Mal sehen, was der Abend bringen würde. Mal sehen, was

Weitere Kostenlose Bücher