Flaschendrehen: Roman (German Edition)
dass Michi und Diane plötzlich gemeinsame Sache machten, wenn es darum ging, die Konkurrenz um Clemens zu verringern, oder dass meine Mutter augenscheinlich wieder mit Diane gesprochen haben musste, nachdem sie versprochen hatte, sich von ihr fern zu halten.
Warum spielte ich das Theater eigentlich noch mit? Sollten doch alle wissen, was mit mir und Clemens war, selbst wenn ich meinen Job verlor, meinen Stolz konnte ich wenigstens behalten.
»Michi, was würdest du sagen, wenn Clemens und ich zusammen wären?«, platzte es aus mir raus.
Sie sah mich verständnislos an.
»Jetzt mach mal halblang. Du musst nicht versuchen, von dir und Ben abzulenken, und Geschichten erfinden. Das ist schon okay. Man kann sich eben nicht aussuchen, in wen man sich verliebt. Was für dich Ben ist, ist für mich Clemens. Ein bisher unerreichter Traummann, aber irgendwann kommt auch unser Tag, ich spür es genau.« Sie lächelte aufmunternd.
Hilfe, es war zwecklos. Michi sah nur, was sie sehen wollte. Mir fielen die Wahrsagerin und ihre Warnungen ein. Wann hörte dieser Wahnsinn endlich auf?
Noch lange nicht, wie ich schnell herausfinden sollte, denn natürlich rief meine Mutter wieder im passenden Augenblick an. Ich ging nach draußen vor die Tür, es sollten nicht alle mithören, was ich ihr zu sagen hatte.
Bevor sie dazu kam, mich zu begrüßen, legte ich los. Genug angestaut hatte sich ja.
Meine Mutter war sichtlich zerknirscht, wieder rückfällig geworden zu sein, was Diane anging.
»Wenn du deine soziale Ader ausleben musst, weil du denkst, Diane, das arme vernachlässigte Kind, braucht Unterstützung, ist es das eine, aber wenn du ihr private Dinge von mir erzählst, wie zum Beispiel, dass ich mein Leben lang schon in Ben verliebt bin und es immer sein werde, ist es Verrat!«
An diesem Punkt widersprach sie heftig. Diane habe das Thema angeschnitten und sie mich nur verteidigt, dass es mein Recht sei, in ein und denselben verliebt zu sein, und zwar so lange ich wollte, außerdem habe sie ja schon nicht von Clemens erzählen dürfen.
»Weißt du, ich erfahre gerade mehr von Diane aus deinem Leben und wie es dir geht als von dir«, beschwerte sie sich.
»Okay, und jetzt überleg mal genau, woran das liegen könnte!«, rief ich sauer und beendete das Gespräch. Wieso lief alles, was nicht mit Clemens zu tun hatte, unrund? Da war ich endlich glücklich verliebt, mal abgesehen von der Tatsache, dass es noch keiner wissen durfte, und plötzlich fing meine Umgebung an zu spinnen. Gab es ein ungeschriebenes Gesetz, das besagte, man konnte nicht beides haben, ein glückliches Liebesleben und gute Freunde mit Familie? Sozusagen das Kind-und-Karriere-Problem nur verlagert? War der Mensch – insbesondere ich – nicht dazu geschaffen, zu viel Glück auf einmal zu ertragen, oder war ich am Ende einfach selbst schuld und merkte vor lauter Clemens nicht mehr, dass ich selbst anfing, meine Freunde zu vernachlässigen und meine Familie anzuzicken?
Wie dem auch sei, ich war gewappnet und gewillt, falls es an mir gelegen hatte, daran zu arbeiten. Als Erstes würde ich mit Sarah und Leila einen Mädelabend machen und sie bekochen. Meine Familie konnte ich nächstes Wochenende, wenn Clemens wieder unterwegs war, besuchen, und mit Ben würde ich ins Kino gehen.
Wenn das alles nichts half, wusste ich zumindest, dass es nicht an mir lag.
Entschlossen schritt ich zur Tat und rief zuerst Sarah an, deren Mailbox sich aber nur meldete, wie so oft in letzter Zeit. Sie arbeitete einfach viel zu viel, nicht nur wegen des Ärztenotstands, wie ich vermutete. Ich wurde den Verdacht nicht los, dass sie sich in die Arbeit stürzte, um sich abzulenken. Clemens hatte sie mehr berührt, als sie und ich uns eingestehen wollten.
Kostümpartys! Ich liebe Kostümpartys, auch wenn ich damit die Einzige in meinem Freundeskreis bin, die auch noch mit dreiunddreißig Jahren Gefallen daran findet, sich zu verkleiden und Kostüme selbst zu schneidern. Obwohl, wenn ich mich zurückerinnerte, war ich schon immer die Einzige gewesen, die Kostümpartys etwas abgewinnen konnte. Alle anderen stöhnten bei dem bloßen Gedanken, sich eine Verkleidung ausdenken zu müssen, was meistens an den bescheuerten Themen lag, denn dass man sich zum Thema »Orange« oder »Büro« nicht viel einfallen lassen konnte, war klar. Ein gutes Thema war elementar und dass alle gern mitmachten und nicht von Rudi gezwungen wurden, sich als Teletubbies zu verkleiden. Dieses Kostümfest war
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