Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
Vom Netzwerk:
Hoffnungsvoll sah ich Rudi an, der kurz innehielt, überlegte und dann den Kopf schüttelte.
    »Nein, ich fürchte nicht, zumindest nicht, wenn Clemens so ist wie alle Männer.«
    Das war er definitiv nicht und Rudi auch nicht, er wusste zwar, wie man Mädchen schwach machte und bekam, aber eine wirklich ernste oder feste Beziehung hatte Rudi noch nie geführt.
    Dieses Argument ließ er nicht gelten, denn er fragte mich, ob ich etwa schon mal einen Wegweiser gesehen hätte, der selbst den richtig angezeigten Weg ging.
    »Sag mal, warum hast du noch nie eine feste Freundin gehabt, gab es denn nie ein Mädchen, das dich so gefesselt hat, dass du sie zur Freundin und nicht nur zum Spaß haben wolltest?«
    Rudi hasste diese Frage, er hatte sie schon so oft gehört von allen Seiten, aber noch nie wirklich beantwortet. Er sah mich an, und ich konnte sehen, dass er zum ersten Mal gewillt war, eine ehrliche Antwort zu geben. Anscheinend wirkte ich verzweifelt genug, denn er räusperte sich und sagte so schnell, dass ich es erst gar nicht richtig verstanden hatte.
    »Doch, klar gab es die. Es gibt sie noch immer, aber ob du es glaubst oder nicht, ist es genau die eine, die mich nicht spannend findet, bei der mein Charme komplett versagt.«
    Schau an, mein Checkerbruder Rudi hatte Gefühle, romantische Gefühle!
    »Woher willst du das denn wissen? Hast du es ihr schon mal gesagt?«
    Rudi schien zu bereuen, dass er eben so offen gewesen war. Er wehrte ab.
    »Nein, aber ich bin nicht blöd. Ich merke, ob ein Mädchen mich gut findet oder nicht, und gerade von der einen würde ich es nicht ertragen, einen Korb zu bekommen.«
    Ich konnte es nicht fassen! Mein Bruder war ein genauso großer Schisser wie ich, sogar noch schlimmer, er versuchte es erst gar nicht und ging mit irgendwelchen Frauen ins Bett, während sein Herz für eine bestimmte schlug. Wer war sie? Kannte ich sie?
    Aus Rudi war nichts mehr herauszubekommen, er hatte schon mehr gesagt, als ihm lieb war. Aber diese neue romantische Seite machte ihn nur noch liebenswürdiger, wir waren eben doch ein Fleisch und Blut, da führte kein Weg dran vorbei.
    Was Clemens anging, so würde ich meinem Gefühl folgen und keinen noch so schlauen Regeln.
    In Rudis Gesellschaft ging es mir gleich viel besser; es tat gut, sich jemandem anvertrauen zu können, eine andere Perspektive gezeigt zu bekommen. Es war schon fast Mitternacht, wir saßen immer noch in der Küche, als es klingelte.
    Wir sahen uns erstaunt an, Rudi, der näher zur Tür saß, stand auf und öffnete.
    »Gretchen, wo steckst du?«, hörte ich eine übersprudelnde Leila aus dem Flur rufen. Bevor ich antworten konnte, war sie schon an Rudi in die Küche vorbeigesaust und fiel mir glücklich um den Hals.
    Lachend sah ich sie an.
    »Dein Jakob scheint dir gut zu tun! Du leuchtest ja förmlich!«
    Begeistert hüpfte sie auf und ab, verglichen mit Leilas Euphorie wirkte Tom Cruise’ und Katie Holmes’ Kennenlernphase wie eine von den Eltern gestiftete Vernunftehe!
    Leila war nicht zu bremsen. Detailliert berichtete sie von Jakob, dem Unternehmensberater, der sie endlich als Mensch wahrnahm, rücksichtsvoll, fantasievoll, leidenschaftlich liebte, sie nicht nur als passende Armdekoration sah, sondern wissen wollte, was sie dachte, fühlte, wollte.
    »Du musst ihn kennen lernen! Er wird dir gefallen!«, rief sie.
    Rudi saß merkwürdig still daneben und lächelte gezwungen, die Situation schien ihm nicht zu behagen. Ohne dass Leila es bemerkt hätte, griff er nach seiner Jacke und stand auf.
    »Ihr beiden habt euch sicher eine Menge zu erzählen, da will ich nicht stören.«
    Ich sah ihn verwundert an und begleitete ihn zur Tür. Plötzlich kam mir ein Gedanke, was, wenn Leila seine heimliche Angebetete war und er sich nicht ihr detailliert geschildertes Liebesglück mit anhören konnte?
    »Alles klar? Wieso gehst du denn? Kann es sein, dass du in Leila verliebt bist?«, flüsterte ich so leise, dass Leila uns unmöglich hören konnte.
    Rudi schüttelte entnervt den Kopf.
    »Mann, hätte ich bloß nichts gesagt. Ich hab einfach keine Lust, bei euren Frauengesprächen zuzuhören und bei jedem »Jakob ist so süß« begeistert zu nicken, das ist alles.«
    Er gab mir einen Kuss auf die Wange und verschwand. Wenn mir schon mein eigener Bruder ein Rätsel war, wie sollte ich jemals verstehen, wie Männer tickten.

»Also, was sagt ihr zu dem Heft?« Clemens war endlich zurück und leitete wieder die Redaktionssitzung. Er war am

Weitere Kostenlose Bücher