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Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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war, der sich nach jedem Buch von Houellebecq oder Beigbeder neue Theorien zum Thema Beziehung oder Liebe überlegte, schwang sich zum Retter meiner verkitschten Kleinmädchen-Ansichten auf! Wer hätte das geahnt!
    »Ich dachte, gerade du müsstest dich freuen, dass ich endlich in der Realität angekommen bin und nicht mehr überzogene Vorstellungen habe?«
    Er blieb stehen, sah mich nachdenklich an und sagte: »Da kennst du mich aber schlecht.«
    Stimmt! Das war mal wieder einer dieser Momente, in denen ich dachte, ihn überhaupt nicht zu kennen oder neu kennen zu lernen.
    Auf alle Fälle freute ich mich über seine Absicht, meinen Glauben an die wahrhaftige Liebe retten zu wollen.
    »Weißt du, ich denke, das ist eine Phase, in der ich mich befinde. Wahrscheinlich eine Art Schutzmechanismus, bis meine Wunden völlig verheilt sind. Wer weiß, vielleicht kommt es ja bald wieder.«
    Auch wenn ich mir nicht sicher war, ob ich jemals wieder so fühlen würde, hoffte ich es doch insgeheim.
    »Genau das ist der Plan des heutigen Abends. Ich werde dich so mit schwülstiger Romantik und Gefühlsduseleien zuschütten, dass du als Gretchen, wie wir es kennen und lieben, zu Bett gehst.«
    Wenn wir noch lange im Wald weiterspazierten, würde ich vor allem mit Frostbeulen ins Bett gehen, falls wir hier je wieder herausfanden.
    Wie sich zeigte, war meine Sorge unbegründet, der Spaziergang war Teil eines Plans gewesen, denn wir standen nur wenig später an einem Bootsanlegeplatz, wo eine Fähre abfahrtbereit wartete. Im Dunkeln war mir nicht aufgefallen, dass wir an einem großen See entlangspaziert waren, vermutlich der Hafelsee.
    Wir gingen auf die Fähre, Ben bezahlte und verriet endlich unser nächstes Ziel.
    »Wir fahren auf die Pfaueninsel. Dort gibt es heute im Kavaliershaus einen Gedichteabend der besonderen Art für einen kleinen eingeladenen Kreis, Öffentlichkeit ist ausgeschlossen.«
    Das klang spannend, vor allem als Ben ausführlicher wurde. Die Pfaueninsel, die man nur mit einer Fähre erreichen konnte, trug ihren Namen, weil dort tatsächlich Pfaue frei herumliefen. Besonders bekannt war das Schloss der Pfaueninsel, das 1794 als Liebesnest für Friedrich Wilhelm II . und seine damalige Geliebte Gräfin Lichtenau errichtet worden war. Das waren noch Zeiten, in denen man nicht aufpassen musste, dass der Ehegatte der Geliebten plötzlich zur Tür hereinkam, sondern man sich ein abgelegenes Schloss auf einer Insel baute, die man nur mit einem Boot erreichen konnte. Für Clemens zum Beispiel wäre so eine Insel äußerst praktisch, obwohl er das Spiel der Illusion so perfekt beherrschte, dass er vermutlich keine heimliche Insel brauchte.
    Der damaligen Mode folgend wurde eine künstliche Ruine errichtet, die die Illusion einer mittelalterlichen Burg erzeugte. Das Kavalierhaus, in dem die Lesung stattfand, stand ebenfalls auf der Insel und war von Schinkel umgebaut worden.
    Die Überfahrt war einfach atemberaubend. Wir waren die einzigen Passagiere, die Stille und die einzelnen Lichter, die anheimelnd von den Gebäuden der Pfaueninsel herüberleuchteten und immer näher kamen, schafften eine unwirkliche sentimentale Stimmung.
    Nachdem wir angelegt hatten, sprang Ben vom Boot und ließ suchend seinen Blick schweifen.
    Zufrieden winkte er mich zu sich. Vor dem kleinen Fährhaus stand ein Wegweiser, der zum Pfaueninselschloss zeigte.
    Die letzten hundert Meter zum Schloss waren mit Fackeln hell erleuchtet, und die Türen des herrschaftlichen Gebäudes weit geöffnet. Vereinzelt sah man Menschen hineingehen.
    Wir stiegen die Marmortreppe hinauf zum Eingang. Wir mussten weder eine Karte kaufen noch eine Einladung vorzeigen. Diese Veranstaltung schien so klein und privat zu sein, dass Ungebetene davon sowieso nicht erfahren konnten.
    Eine Marmortreppe mit edlem Holzgeländer im Innern des Schlosses, dessen italienischer Stil mir auf Anhieb gefiel, führte rundlaufend in die zweite Etage. Wir betraten einen Saal, dessen Kristallkronleuchter den Raum in einem angenehmen Licht erstrahlen ließ. Der Fußboden war mit verschiedenen Holzsorten ausgelegt, eine Wandmalerei mit Apollo und Aurora zierte den Raum, und laut einem Informationsschildchen war Kastanienholz für die aufwändigen Schnitzereien an der Decke verwendet worden.
    Um den Kamin aus Marmor, in dem ein Feuer brannte, waren verschiedene antike Stühle aufgereiht, die einladend gepolstert waren. Daneben standen ein Flügel und ein Cello mit Notenständer, außerdem eine

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