Flaschendrehen: Roman (German Edition)
mich.
»Das will ich dir gerade erklären. Wir haben es zu Sylvester noch mal versucht, aber es hat keinen Sinn gemacht, weil ich nur noch an dich denken konnte.«
Wie bitte? Und wieso erfuhr ich das erst heute in einem Nebensatz?
»Weil ich nicht sicher war, was mit dir und Clemens ist, außerdem hast du schon genug durchgemacht, da wollte ich dich nicht noch zusätzlich verwirren. Gretchen, ich empfinde für dich sehr viel, mehr als freundschaftliche Gefühle, und das schon lange.«
Mein Herz raste, meine Gedanken schwirrten durcheinander.
Atemlos und verunsichert fragte ich: »Heißt das, du bist in mich verliebt?«
Ben nickte.
Mir wurde schlecht.
»Und wieso hast du nie was gesagt? Wieso hast du mich immer abgewiesen?«
Seine Augen flackerten, während er antwortete.
»Weil ich Angst hatte. Angst, dich zu enttäuschen, deinen Erwartungen nicht zu entsprechen, Angst, etwas falsch zu machen.«
Ich konnte es nicht fassen.
»Heißt das, wir sind jetzt zusammen?«
Ben zuckte mit den Achseln.
»Ich weiß nicht. Das ist so kompliziert. Ich glaub, ich brauch noch ein wenig Zeit.«
Ha, da war es wieder! Das war so typisch Ben. Da machte er mir gerade eine Liebeserklärung, um im nächsten Satz wieder mit seiner »Ist das alles kompliziert«-Nummer zu kommen.
Ich spürte die Wut in mir hochsteigen.
»Du bist feige, das ist alles. Weißt du, wenn Leute sagen, dass etwas kompliziert ist, heißt das nur, dass sie genau wissen, was sie eigentlich wollen, und es sich nur nicht zu sagen oder zu leben getrauen. Dann reden sie sich nicht mit fadenscheinigen Erklärungen heraus. Das ist nur feige. Also komm mir nicht mit so ’nem Satz! Du hast doch auch gespürt, was in dieser Nacht mit uns passiert ist.«
Ben fuhr sich nervös durch die Haare, schluckte und sagte dann endlich das, was ich ihm glauben konnte.
»Pass auf, ich habe Angst, das mit uns zu versemmeln, deine Erwartungen zu enttäuschen, dir nicht genug zu sein, nicht das zu sein, was du in mir siehst, denn eines sage ich dir, wenn ich es mit dir nicht schaffe, dann mit keiner.«
Bevor ich etwas sagen konnte, verschwand er, daran würden wir noch arbeiten müssen, diese französischen Abgänge nervten ungemein.
Mit dem breitesten Grinsen lehnte ich an der Wand, bis sich die Mädels aufgeregt um mich scharten, die nur darauf gewartet hatten, mich endlich ausfragen zu können.
Ich erzählte alles, was Ben gesagt hatte, und sie seufzten auf.
»Hach, ist das romantisch! Das heißt, er liebt dich doch!«
»Wer liebt Gretchen?«, fragte mein Bruder hellhörig, der den Plattenteller widerwillig meinem Vater überlassen und den letzten Satz mit angehört hatte.
»Ben hat Gretchen gerade gesagt, dass er in sie verliebt ist und er mit Liv Schluss gemacht hat.«
Rudi zeigte sich sichtlich ungerührt.
»Ich weiß.« Er zuckte gelangweilt mit den Achseln, als ob wir ihm etwas Spannenderes erzählen sollten.
»Wie bitte? Was wusstest du?«
»Na beides. Dass er in dich verliebt ist, weiß ich seit Jahren, und dass mit Liv Schluss ist seit Sylvester.«
Mein eigener Bruder hielt mir lebenswichtige Informationen vor!
»Und wieso sagst du mir nichts davon?«
Rudi sah mich verständnislos an.
»Weil ich versprochen habe, die Klappe zu halten. Ich bin doch kein Verräter und schon gar keine Tratsche. Ist doch Ehrensache zwischen Kumpels.«
Auch wenn es um die eigene Schwester ging?
Gerade dann! Rudi sah es pragmatisch.
»Na, dann ist es doch jetzt endlich raus. Wo ist er denn hin?«
Keine Ahnung, auf alle Fälle ist er zwar in mich verliebt, aber ob wir je zusammenkommen, kann ich nicht sagen, denn er hat Angst, es zu verbocken, und grübelt sich lieber zu Tode.
Ich konnte nicht fassen, was Ben gesagt hatte. Ich war so glücklich, mir nicht all die Jahre eingebildet zu haben, dass da was zwischen uns war. Jetzt musste er nur noch über seinen Schatten springen. Vielleicht war es das, was die Wahrsagerin gemeint hatte.
Plötzlich überkam mich eine große Gelassenheit. Ich würde das Schicksal entscheiden lassen, wenn wir zusammengehörten, würden wir einen Weg finden.
Ben war tatsächlich verschwunden, Liv übrigens auch, was ich ihr nicht verdenken konnte, wobei ich an ihrer Stelle nicht auf die Party gegangen wäre. Was versprach sie sich davon, dass Ben und sie es ein drittes Mal versuchten?
Wahrscheinlich ja und trotz aller Offenheit, die Ben ihr gegenüber an den Tag gelegt hatte, was seine Gefühle für sie betraf, und obwohl sie gewusst hatte,
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