Flaschendrehen: Roman (German Edition)
Griff hat und immer genau plant, wie das Leben verlaufen soll!«
Sarah war Clemens machtlos ausgeliefert, ich konnte dankbar sein, dass ich ihn durchschaut hatte und seine Anziehung nicht mehr auf mich wirkte.
Ich versuchte, Sarah nahe zu bringen, wie Clemens funktionierte. Sein Jagdtrieb, die Lust als Herausforderung, ein Hindernis zu überwinden. Seine Masche, für einen Moment alle Register zu ziehen, keine Mühen zu scheuen und großes Kino zum Besten zu geben. Seine Reaktion auf den Moment, in dem man ihm »Ich liebe dich sagte«, am besten noch »Ich liebe dich wie keinen zuvor«, womit seine Mission eigentlich beendet war. Wahrscheinlich konnte man Clemens auf Dauer halten, wenn man das Spiel mitmachte und sich ihm immer wieder im Wechsel hingab und entzog. Sein Einfühlungsvermögen und die Gabe, das Wesen einer jeden Frau zu erkennen und darauf einzugehen, gepaart mit seinem Aussehen, Selbstbewusstsein und Bildung, gaben ihm eine Waffe in die Hand, gegen die wohl fast jede Frau machtlos war.
»Weißt du, dass Ben mir vor einiger Zeit ein Buch über Casanova in die Hand gedrückt hat und meinte, es würde mir zu Einsichten verhelfen? Er hatte Clemens bereits durchschaut.«
Sarah nickte.
»Ben mochte Clemens von Anfang an nicht. Wir haben es als Platzhirschgehabe abgetan, aber vielleicht hat Ben sich mal wieder nicht blenden lassen. Hat er dich nicht noch vor Clemens gewarnt?«
Doch, das hatte er, was ich allerdings als beleidigten Versuch abgetan hatte, à la »Ich will sie zwar nicht, aber ein anderer soll auch nicht mit ihr spielen«, und nicht als gut gemeinte Warnung. Im Nachhinein fühlte ich mich doppelt bescheuert.
»Findest du nach allem, was ich aufgezählt habe, Clemens immer noch gut?«
Sarah nickte peinlich berührt.
Auweia, da lag aber noch ein ganzes Stück Arbeit vor uns. Sie war der Junky, und ich würde ihr helfen, von der Droge loszukommen.
»So, als Erstes löschst du seine Handynummer, um erst gar nicht in Versuchung zu geraten, schwärmerische SMS en zu schicken.«
Im Geiste sah ich nämlich schon Clemens, wie er seine Anwälte auch auf Sarah loshetzte. Bestimmt gab’s ’ne Menge Frauen, die nicht von ihm loskamen, und bei den Anwälten bekam er schon Rabatt!
Sarah sah mich bei meinem Vorschlag entsetzt an, so als ob ich ihr eben unterbreitet hätte, sie solle nicht mehr atmen.
»Okay, dann eben in kleinen Schritten. Du löschst seinen Namen und speicherst ihn stattdessen unter »Fiese Möpp!« ein. Zögerlich löschte sie seinen Namen, und als sie »F-i-e-s-e M-ö-p-p« eintippte, huschte ein leichtes Grinsen über ihr Gesicht. Na also, das war doch ein Anfang.
»Sag, hast du Lust, mit zu mir zu kommen? Ich koch uns was, du siehst aus, als könntest du etwas Nahrhaftes vertragen.«
Sarah willigte froh ein. Wir bezahlten und machten uns auf den Weg.
»Wusstest du, dass Robbie im März in die Stadt kommt und ein Konzert im Velodrom gibt?«
Meine Lebensgeister waren geweckt, gleichzeitig musste ich grinsen, und Sarah wusste genau, wieso. Wann immer Robbie auf Tour oder in die Stadt kam, war ich gerade wieder Single und fluchte, dass ich keinen Freund hatte, der mich begleitete und in dessen Armen ich bei Angels lag. Es war so etwas wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Vielleicht sollte ich in Zukunft Robbies Tourpläne vorab checken, um mich gleich auf eine Trennung einstellen zu können.
»Da gehen wir ja wohl hin, oder?«, fragte Sarah.
Na klar. Karten würden kein Problem sein, die bekamen wir über die Phosphor .
»Au ja, endlich mal wieder einen monogamen, bindungsfähigen Mann bewundern, der es ernst mit einem meint und bei dem man keine Konkurrenz zu befürchten hat«, antwortete ich, worauf Sarah kichern musste.
Bestimmt würde es noch dauern, bis die Verletzungen unserer Freundschaft komplett verwunden waren, aber darüber zu lachen war auf alle Fälle ein guter Anfang.
Meine Wohnung befand sich im Ausnahmezustand, aber wenigstens aus gutem Grund. Die offizielle Clemens-Trauerzeit war um, es galt wieder, sich auf den Markt zu schmeißen, der Welt und den wenigen guten Männern zwischen dreißig und vierzig da draußen zu zeigen, dass man zu haben war! Und wie konnte man das besser machen, als mit einer Loslass-Party .
Die Idee war einfach, jeder, der eingeladen war, musste einen Gegenstand mitbringen, der symbolisierte, was er loslassen wollte oder sollte. Angefangen von Fotos, Stofftieren von Exfreunden oder einfach einer schlechten
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