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Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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Top, das bei mir das Dekolletee spannen ließ, bei Michi aber locker saß. Ohne Federn und mit normalen Klamotten getraute sich Michi wieder unter die Meute, denn abhauen hätte höchstens einen Triumph für Diane bedeutet.
    Vor lauter Aufregung hatte ich vergessen, auf die Uhr zu schauen. Viertel vor eins und noch immer keine Spur von Clemens.
    Langsam machte ich mir Sorgen. Er ging weder an sein Handy, noch hatte er mir eine Nachricht auf meinem hinterlassen. Vielleicht wusste Marion als seine Assistentin mehr. Was, wenn er zu einem Abendtermin eingeladen war, den er vergessen hatte? Marion tanzte mit ihrem Freund frisch verliebt im Wohnzimmer, ich störte offensichtlich. Marion wusste auch nicht, wo Clemens sein konnte, zumindest hatte sie keinen Termin für ihn arrangiert, und er hatte zu ihr gesagt, dass sie sich auf meiner Party treffen würden.
    Die schlimmsten Bilder schossen mir durch den Kopf: Clemens in einen Autounfall verwickelt, entführt, weil er reicher Leute Kind war, in einem Tiefkühlraum eingeschlossen, als er kurz eine Torte für mich besorgen wollte. Zur Beruhigung ließ ich mir von Rudi einen Drink geben, der schnell und zuverlässig wirkte. So zuverlässig, dass ich gar nicht bemerkte, wie mir jemand von hinten die Augen zuhielt und ins Ohr flüsterte.
    »Wie gerne würde ich jetzt über dich herfallen und unaussprechliche Dinge mit dir tun.«
    Clemens! Endlich! Er lebte, sah besser aus denn je und war nüchterner als wir alle zusammen.
    Er war zu einer Krisensitzung zu Feline gerufen worden, anscheinend gab es beunruhigende Nachrichten, die er uns Montag erzählen wollte. Sein Handy hatte er vor lauter Hetze bei sich zu Hause liegen lassen, aber jetzt war er da und bereicherte die Party mit seinem Charisma. Mir fiel auf, dass er auffiel, egal, wo er gerade stand. Wir gingen in mein Arbeitszimmer, weil dort weniger los war, und wie Moses das Meer geteilt hatte, teilte er die Menschen, die in meinem Flur standen. Fehlte nur noch, dass sie klatschten. Wir waren noch nicht mal im Zimmer, da fielen schon Diane und Michi über Clemens her. Marion winkte ihm zu, und Sarah verschwand schnell, wie ich aus den Augenwinkeln sehen konnte. Rudi, der schon den ganzen Abend auf Clemens den Frauenflüsterer gespannt gewartet hatte, stand auf und stellte sich vor. So sehr Ben und Clemens beim ersten Treffen sofort ihre Abneigung hatten spüren lassen, so sehr sah man auf einen Blick, dass Rudi und Clemens sich mochten.
    Rudi besorgte Clemens einen Drink und begann, sich mit Clemens lebhaft zu unterhalten. Schon nach kurzer Zeit lachten die beiden und waren so sehr miteinander beschäftigt, dass ich in aller Ruhe nach Sarah schauen konnte. Sie hatte sich in mein Schlafzimmer geflüchtet.
    »Alles okay?«
    Sie nickte.
    »Ja, es geht schon wieder. Hat mir doch einen Stich versetzt, als ich Clemens sah. Aber geh ruhig wieder rüber, ich komm gleich.«
    Im Arbeitszimmer standen Clemens und Rudi umringt von lieben Kolleginnen aus der Redaktion, Rudis Teletubbies und einer verirrten Starlight-Express-Kopie, der Rudi gesagt hatte, das Thema sei »Musical«. Deswegen war mir auch gerade eine Cats-Katze im Flur begegnet. Rudi hasste Musicals, und so nahm ich an, dass die beiden, die er zu diesem Motto eingeladen hatte, entweder in Ungnade gefallen waren oder über besonders viel Humor verfügten.
    »Komm zu uns, Gretchen!« Clemens zeigte neben sich, was die Damen ringsumher zu einem säuerlichen Gesichtsausdruck verleitete.
    Zur illustren Runde gesellten sich Ben und Liv dazu.
    Rudi, der mir immer noch leicht übel nahm, ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht zu haben, was eine nostalgische »Halli-Galli-Drecksauparty« hätte werden sollen, rief kühn in die Runde:
    »Was sind wir doch für langweilige Säcke geworden. Wir feiern wie die Scheintoten, aschen nicht mehr auf den Boden, keiner pinkelt vom Balkon, nirgendwo übergibt sich jemand, keine knutschenden Pärchen oder eifersüchtigen Freunde. Stattdessen gibt’s Champagner und Catering im Hochglanzapartment. Keine Skandale, sondern leichte Unterhaltung, in einigen Jahren wird das dann die gepflegte Langeweile, weil nicht mal mehr jemand versucht, sein Oberteil zu lüften, und dann geht’s unter den Rasen. Prost!«
    Diane war vorbeigekommen und hatte Rudis Kommentar gehört.
    »Also an mir soll’s nicht liegen, ich bin alles andere als langweilig und immer noch für jeden Spaß zu haben!« Sie grinste kokett abwechselnd Rudi und Clemens an.
    »Was

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