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Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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dem Parkett zu verhindern. Ja, so änderten sich die Zeiten. Früher wurde einfach Zeitung ausgelegt, alle trampelten rein und wieder raus. Die Jungs hatten sich mit ihren Schuhen an der Wand abgestützt, und nach der Party musste die Wohnung eben neu gestrichen werden. Damals wohnten wir aber auch zu dritt in WG s und nicht allein in hochwertig renovierten schönen Wohnungen. Die Prioritäten verschoben sich mit der Zeit, ob man wollte oder nicht. Neulich hatte ich mich sogar erwischt, mit Sarah über den Vorteil einer Putzfrau zu diskutieren, ein Thema, das ich immer mit Altsein gleichgesetzt hatte.
    Rudi, der sich strikt weigerte, älter oder sagen wir besser erwachsen zu werden, bog mit einem Werbekollegen um die Ecke, den er mir unbedingt vorstellen wollte.
    »Ich bin Gretchen!«
    »Na, dann bin ich Hänsel«, antwortete der Typ, und er und Rudi kriegten sich vor Lachen gar nicht mehr ein. Haha, lustig aber auch, den Spruch hatte ich ja noch nie gehört. Mir wurde es zu blöd. Ich war zwar die Gastgeberin, aber trotzdem musste ich nicht mit jedem Smalltalk halten, zumal gerade eine Formation der Village People zur Tür hereinkam. Dem Indianer, der am wenigsten von allen trug, war es auch am unangenehmsten, wie man deutlich sehen konnte. Rudi führte die Truppe geradewegs in die Küche, wo schon die Teletubbies in einer Ecke etwas abseits standen und sich sichtlich unwohl und etwas fehl am Platz fühlten. Gemeinsam unter Kostümierten konnte man sicher besser feiern. Höchste Zeit für einen Rundgang, vielleicht war Clemens inzwischen unbemerkt gekommen.
    Aus dem Wohnzimmer drang großes Geschrei und Geklatsche. Was war da denn los?
    Sarah kam mir mit einem Ausdruck des ungläubigen Entsetzens entgegen.
    Bevor ich fragen konnte, legte sie los.
    »Schnell, du musst was unternehmen. Michi ist betrunken und will im Wohnzimmer strippen!«
    Eigentlich keine schlechte Idee bei diesen furchtbaren Klamotten, dachte ich kurz. Sarah zog mich in die Höhle des Grauens, in der Michi ihren Tanz der sieben Schleier aufführte, mitten im Raum völlig enthemmt, noch völlig bekleidet, zum Glück. Ihre Busenfreundin und modische Beraterin Anna feuerte Michi mit an, anstatt einzugreifen, bestimmt war ihr endlich aufgegangen, wie scheußlich ihre eigenen Kreationen waren, anders konnte ich mir ihre »Ausziehn, ausziehn!«-Rufe nicht erklären. Michi gab sich ganz ihrem Tanz hin und ließ sich auch nicht vom Blitzlichtgewitter einer Kamera stören. Geblendet durch das Licht konnte ich nicht sehen, wer die Fotos machte. Sarah und ich verständigten uns kurz, dass ich mich um Michi und Sarah sich um den Fotografen kümmerte.
    Gerade rechtzeitig holte ich Michi von der Tanzfläche, die bereits begonnen hatte, unter den peinlich berührten Blicken der anderen ihr Oberteil zu lüften. Als Spielverderber des Jahres nahm ich Michi mit ins Bad, Sarah kam mit der Kamera hinterher.
    »Rate mal, wer die Fotos gemacht hat?«
    Keine Ahnung, ich zuckte mit den Schultern.
    »Jemand, der Michi nur das Beste wünscht. Und wer kann das nur sein? Richtig, Diane!«
    Diese Schlange! Jetzt war der Moment gekommen, sie hochkant rauszuschmeißen.
    Michi, die langsam zu sich kam, wehrte ab. Sie wollte nicht noch einen Skandal hervorrufen.
    »Wie viel hast du denn getrunken?«, fragte ich Michi, die sich kaltes Wasser übers Gesicht laufen ließ.
    »Eigentlich gar nicht so viel, und ich hab darauf geachtet, auch was zu essen. Diane hat mehrere von diesen köstlichen Wackelpuddings gebracht.«
    Rudis Mädchenfalle! Er hatte sie extra auf dem Balkon in Plastiktüten verpackt weggestellt, das hatte ich mit eigenen Augen gesehen. Er musste Diane davon erzählt haben, sodass sie wusste, dass diese Wackelpuddings aus purem Wodka hergestellt waren. Das würde sie büßen!
    Michi, etwas nüchterner, schämte sich nun so sehr für ihre Einlage, dass sie überhaupt nicht mehr hinaus zu den anderen wollte. Mal abgesehen davon, dass das sehr unpraktisch war, weil die Gäste ja auch auf die Toilette mussten, würde Michi nichts anderes übrig bleiben, als zu ihrem Aussetzer zu stehen und ihn mit Humor zu nehmen. Am besten, sie lachte selbst darüber, dann nahm sie den anderen den Wind aus den Segeln. Das sah sie ein, allerdings wollte sie in ihrem geschmacklosen und auffälligen Federgewand nicht mehr herumlaufen, das wiederum sah ich ein. Zum Glück fand ich einen viel zu engen kurzen Rock, der bei Michi mit einem Gürtel halbwegs normal aussah, und ein ziemlich enges

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