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Flatline

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Titel: Flatline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Kohl
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Mich interessierte brennend, warum man mich niedergeschlagen hatte und so bin ich wieder dort hingegangen. Es war bereits alles abgesperrt. Ein Reporter erzählte mir von dem Mord.«
    »Eine nette Geschichte.«
    Stachinsky drehte seinen Oberkörper und deutete mit dem Zeigefinger auf eine mächtige Beule an seinem Hinterkopf. Die Haare rundherum waren dunkelrot und verkrustet.
    »Glauben Sie, das habe ich mir eingebildet?«
    »Joshua«, ging sein Vater dazwischen, »Herr Stachinsky hat mir ausführlich davon erzählt, freiwillig. Warum sollte er das tun?«
    »Weil der Taxifahrer ihn einwandfrei beschrieben hat.«
    Gunther Trempe wurde verlegen. Es war ihm anscheinend peinlich, dass er dieses Detail übersehen hatte.
    »Herr Stachinsky, besitzen Sie eine Waffe?«
    Joshua stellte diese Frage routinemäßig. Er rechnete nicht im Geringsten mit einer ehrlichen Antwort. Stachinsky aber griff in die Innentasche seines schwarzen Wollmantels und zog eine Pistole hervor. Er legte sie mit einer Selbstverständlichkeit vor Joshua auf den Tisch, als ginge es darum, jemandem sein Handy zu borgen. Für die Dauer eines Wimpernschlages war Joshua beeindruckt. Dann erkannte er, dass es sich um eine Walther P 38 handelte. Gunther Trempe sah Stachinsky erstaunt an.
    »Sie wissen vermutlich, dass Fahnenbruck mit einer solchen Waffe erschossen wurde. Darf ich von einem Schuldeingeständnis ausgehen, Herr Stachinsky?«
    Stachinskys Gelassenheit verflüchtigte sich wie Schatten in der Dunkelheit. Die Augenlider flatterten, Joshua bemerkte ein leichtes Zittern seiner Wangen. In diesem Augenblick war er von der Unschuld seines Gegenübers überzeugt. Es waren die fehlenden Gesten, die unausgesprochenen Worte, die Joshua so sicher machten. Nicht den Bruchteil einer Sekunde hatte Stachinsky gezögert, die Bewegung verlief fließend, selbstsicher. Ohne in hilflosen Worten unterzugehen, legte er die Waffe auf den Tisch. Nervosität überfiel ihn erst, als ihm klar wurde, dass Fahnenbruck mit einer solchen Pistole ermordet worden war.
    »Nicht mit dieser Waffe!«
    Die Worte kamen energisch und leise über seine Lippen, kaum lauter als das monotone Plätschern des Zimmerbrunnens hinter ihm.
    »Wann haben Sie das letzte Mal mit dieser Pistole geschossen?«
    »Vor etwa 25 Jahren. Sie gehörte meinem Großvater.«
    Joshua stand auf und holte sich aus der Küche ein Tuch. Er schlug die Pistole darin ein und reichte sie mit zwei Fingern Stachinsky.
    »Würden Sie bitte das Magazin herausnehmen und es mir geben.«
    Stachinsky entfernte das Magazin und knallte es auf den Tisch.
    »Bitte! Überzeugen Sie sich selbst, Herr Kommissar.«
    Joshua nahm erneut das Tuch und hielt das Magazin vor seine Augen. Er fand keine Erklärung.
    »Es fehlt eine Kugel. Herr Stachinsky, Sie sind vorläufig festgenommen.«
    Thomas Stachinsky sackte in sich zusammen. Wie ein heller Schleier zog die Blässe über sein Gesicht.
    »Ich habe Fahnenbruck nicht erschossen. Ich hätte es ohne Zögern getan, wenn er meinen Verdacht bestätigt hätte. Aber dazu bin ich doch gar nicht mehr gekommen.«
    Joshua führte ihn hinaus zum Auto. Die Fakten schienen ihn in eine trügerische Sicherheit zu leiten. Irgendwo tief in ihm nagte ein kleiner Rest Zweifel. Bevor er einstieg, drehte er sich noch einmal zu seinem Vater um. Er kannte diesen Ausdruck. Sein Vater benutzte ihn immer dann, wenn er glaubte, sein Sohn würde einen Fehler begehen. Joshua überlegte, ob seinem Vater das zunehmende Alter mitspielte. Er hatte von dem Taxifahrer erzählt. Nur kurze Zeit später dachte er nicht mehr daran. Es war ihm zwar sofort aufgefallen, wäre ihm allerdings in seiner Dienstzeit niemals passiert.
     
     

36
    Aus dieser Höhe betrachtet, wirkte die Landschaft wie eingefroren. Lediglich der blecherne Strom auf der angrenzenden Autobahn unterschied den Anblick von dem eines Fotos. Die mächtigen Wolken endeten nur wenige Meter über ihnen.
    Doktor Lutz Sänger wandte sich von der bis zum dunkelroten Teppich reichenden Fensterfront ab und schlenderte wortlos hinter den modernen Schreibtisch. Aus einer vergoldeten Box vor ihm nahm er eine mächtige Davidoff, kniff ein kleines Stück ab und zündete die Zigarre mit einem Feuerzeug der Marke Cartier an. Während Sänger genüsslich inhalierte, glitt er entspannt in das weiße Nappaleder des Chefsessels zurück. Sein Gast zeigte nicht die geringste Regung. Der schlanke Mann mit den scharf geschnittenen Gesichtszügen sah Sänger

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