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Flavia de Luce   Halunken  Tod und Teufel

Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel

Titel: Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bradley Alan
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sonstigen Qualitäten war Onkel Tar eine wahre Hamsternatur gewesen.
    »Quecksilber!« Ich fasste die Flasche an. »Wahnsinn!«
    Sergeant Graves packte nun eine Glasscheibe aus und stellte ein Tintenfässchen und eine kleine Rolle daneben.
    Geschickt ließ er fünf, sechs Tropfen Tinte auf das Glas perlen, dann rollte er sie aus, bis die ganze Fläche gleichmäßig schwarz war.
    »Dann wollen wir mal!« Er nahm mein Handgelenk und spreizte meine Finger. »Ganz locker lassen. Lass mich nur machen. «
    Mit sanftem Druck drückte er meine Fingerkuppen eine nach der anderen in die Tinte und schaukelte sie darin hin und her. Dann drückte er Finger für Finger auf einem Stück weißer, in zehn Kästchen unterteilter Pappe ab.
    »Wie aufregend!«, säuselte Feely. »Können Sie meine Abdrücke nicht auch nehmen, Sergeant Graves?«
    Können Sie meine Abdrücke nicht auch nehmen, Sergeant Graves?
    Ich hätte ihr am liebsten eine geklebt.
    »Aber gern, Miss Ophelia.« Er ließ meine Hand los und ergriff ihre Pfote.

    »Träufeln Sie lieber noch mal Tinte nach«, sagte ich, »sonst gibt es kein brauchbares Ergebnis.«
    Die Ohren des Sergeant färbten sich rosa, aber er ließ sich nicht beirren. Die Platte wurde noch einmal eingefärbt, dann ergriff er Feelys Hand so behutsam, als handelte es sich um etwas überaus Kostbares.
    »Wussten Sie, dass man im Heiligen Land die Fingerabdrücke des Erzengels Gabriel aufbewahrt?«, fragte ich in dem verzweifelten Versuch, seine Aufmerksamkeit wiederzuerlangen. »Jedenfalls haben Dr. Robert Richardson und der Earl of Belmore die Fingerabdrücke in Nazareth besichtigt, weißt du noch, Feely?«
    Fast eine geschlagene Woche lang – bis zu unserer jüngsten Auseinandersetzung – hatte uns Daffy am Frühstückstisch aus einem ulkigen Buch über des Doktors Reisen an die Mittelmeerküste und in angrenzende Gegenden vorgelesen, und ich hatte viele der wundersamen Berichte noch bestens im Gedächtnis.
    »Man hat ihm auch die Küche der Heiligen Jungfrau gezeigt, in der Kapelle der Fleischwerdung. Dort kann man heute noch die Asche sehen, das Kaminbesteck, das Essbesteck …«
    Ich musste an unseren eigenen Kamin denken und an Harriets Kaminböcke Sally Fuchs und Shoppo.
    »Jetzt ist es aber gut, Flavia«, sagte Feely. »Hol mir lieber ein Tuch, damit ich mir die Finger abwischen kann.«
    »Hol’s dir doch selber«, blaffte ich zurück und stolzierte aus dem Zimmer.
    Verglichen mit meinem elenden Dasein war Aschenputtel ein verwöhnter Fratz.

8
    E ndlich allein!
    Immer wenn ich mit anderen Leuten zusammen bin, schrumpft ein Teil von mir kläglich zusammen. Nur wenn ich allein bin, kann ich mich uneingeschränkt meiner eigenen Gesellschaft erfreuen.
    Ich ging durch den Küchengarten und holte mein treues altes BSA-Fahrrad aus dem Gewächshaus. Es war Harriets Rad gewesen und hatte einst auf den Namen l’Hirondelle gehört, »die Schwalbe«. Ich hatte es allerdings möglichst schnell zu »Gladys« umgetauft, das klang weniger prätentiös.
    Meine Gladys war eine abenteuerlustige Person mit Dunlop-Reifen, drei Gängen und gutmütigem Naturell. Sie beschwerte sich nie und wurde, wenn wir zusammen unterwegs waren, nie müde, genauso wenig wie ich.
    Ich radelte nach Südosten und umkurvte das Ufer des künstlichen Sees. Links erstreckte sich ein ebenes Stück Land, das »der Visto« genannt wurde und Mitte des 19. Jahrhunderts von Sir George de Luce gerodet worden war, um als, wie er in sein Tagebuch schrieb, »besinnlicher Aussichtspunkt« zu dienen: eine weite grüne Wiese, auf der man die blauen Hügel ringsum genießen sollte.
    Inzwischen glich der Visto eher einer verwilderten Kuhweide. Die Brennnesseln hatten die Wiese zurückerobert, und die Kleidung des besinnlichen Betrachters lief Gefahr, von Dornenranken zerfetzt zu werden. Hier hatte Harriet damals immer die Blithe Spirit abgestellt, ihre de Havilland Gypsy Moth,
mit der sie regelmäßig nach London geflogen war, um ihre Freunde zu besuchen.
    Von jenen glücklichen Tagen zeugten nur noch drei im Unkraut vor sich hin rostende Eisenringe, an denen die Blithe Spirit seinerzeit festgemacht war.
    Als ich Vater gefragt hatte, wie Buckshaw aus der Luft aussah, hatte er eine unvermittelt abweisende Miene aufgesetzt.
    »Frag deine Tante Felicity«, hatte er schroff geantwortet. »Die ist damals geflogen.«
    Was ich auch vorhatte, bei Gelegenheit zu tun.
    Vom Visto aus führte ein schmaler Pfad nach Süden. Er kreuzte hier und da

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