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Flavia de Luce   Halunken  Tod und Teufel

Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel

Titel: Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bradley Alan
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aber nicht, dass es Ärger gibt.«
    »Ach was!«Ich hörte mich an wie Tante Felicity, die menschliche Dampfwalze. »Es gibt keinen Ärger. Kein Mensch kommt in den Ostflügel. Hol rasch deine Sachen.«
    Erst jetzt fiel mir auf, wie mager sie war. In dem schwarzen Kleid und mit den dunklen Ringen unter den Augen sah sie aus wie jemand, der für ein Kostümfest die Verkleidung »Der Schnitter Tod als junge Frau« gewählt hat.
    »Ich hab nichts dabei«, sagte sie. »Nur das, was ich anhab.« Sie zupfte verlegen an ihrem Kleid. »Und das gehört Fenella. Meine eigenen Sachen musste ich heute Morgen im Fluss auswaschen, die sind noch nicht trocken.«
    Sie hatte ihre Kleidung ausgewaschen? Wozu? Aber da es mich nichts anging, hakte ich nicht nach; vielleicht konnte ich später noch mal darauf zurückkommen.
    »Auf geht’s!«, sagte ich betont fröhlich. »Buckshaw erwartet uns.«

    Ich hob Gladys auf und schob sie neben mir her. Porcelain folgte uns mit gesenktem Blick in einigem Abstand.
    »Es ist nicht weit«, sagte ich über die Schulter. »Du willst dich bestimmt erst mal ausschlafen.«
    Sie nickte stumm und schlurfte weiter hinter mir her. Nicht einmal die Delphine am Poseidonbrunnen ließen sie aufblicken.
    »Die stammen aus dem 18. Jahrhundert«, sagte ich, »darum sind sie nicht mehr die Jüngsten. Früher haben sie mal Wasser gespien.«
    Stummes Nicken.
    Wir nahmen die Abkürzung über den Trafalgar-Rasen, eine terrassenförmig angelegte Wiesenfläche auf der Südostseite des Hauses. Die Anlage war etwa zur gleichen Zeit entstanden wie der Visto. Sir George de Luce hatte sie als Huldigung an Admiral Nelson und seinen Sieg über die Spanier vierzig Jahre zuvor entworfen.
    Sir George hatte die von Plätscher-Lucius im großen Stil verlegten unterirdischen Leitungen angezapft und eine prächtige Brunnenlandschaft als Überraschung für seine Braut entworfen.
    Damit hatte er eine Landschaftsarchitektur in Angriff genommen, die den künstlichen See noch übertreffen sollte, nur leider hatten Aktienspekulationen während des damals ausgebrochenen Eisenbahnwahns sein Vermögen empfindlich verkleinert. Und so blieb das, was einmal als Prachtstraße aus Fontänen gedacht war, den Launen der Elemente überlassen.
    Nach einem Jahrhundert Regen und Schnee, Sonne und Wind und den nächtlichen Besuchen der Dörfler, die Steine für ihre Gartenmauern klauten, glich der Trafalgar-Rasen heute eher dem unordentlichen Hinterhof eines Steinmetzen. Überall lagen zerbrochene Putten und moosbedeckte Tritonen, Nymphen ragten aus dem Boden wie steingewordene Überlebende
eines Schiffbruchs, die aus einem Meer aus Erde gerettet werden mussten.
    Nur Poseidon thronte unversehrt auf seinem bröckelnden Marmorsockel, betrauerte seine zertrümmerten Anhänger und reckte den Dreizack wie einen Donnerkeil dem griechischen Götterhimmel entgegen – sofern es den überhaupt noch gab.
    »Der hier ist Poseidon«, stellte ich ihn vor und trug Gladys die verfallene Treppe hoch. »Er wurde sogar schon in Country Life abgedruckt. Ist er nicht toll?«
    Porcelain war stehen geblieben. Sie schlug die Hand vor den Mund und riss die pechschwarzen Augen auf. Dann stieß sie einen winselnden Schrei aus wie ein kleines Tier.
    Ich folgte ihrem Blick.
    An Poseidons Dreizack baumelte eine dunkle Gestalt wie eine Vogelscheuche an einem Kleiderhaken.
    »Das ist Brookie Harewood«, sagte ich, noch ehe ich sein Gesicht gesehen hatte.

9
    E ine Zinke von Poseidons Dreizack hatte den Kragen von Brookies langem Mantel durchbohrt. Brookie schaukelte sanft im Wind und sah mit seiner Schiebermütze und dem hellroten Schal so lässig aus, als würde er in einem Seebad Kettenkarussell fahren.
    Im ersten Augenblick dachte ich, er wäre in seiner Schnapsseligkeit auf die Statue geklettert, auf Poseidons Kopf ausgerutscht und in den Dreizack gefallen.
    Dann fiel mir jedoch auf, dass seine Hände auf dem Rücken gefesselt waren. Und das war noch nicht das Schlimmste.
    Als ich um den Brunnen herumgegangen war, sah ich etwas Glänzendes aus Brookies Mund ragen.
    »Warte hier«, sagte ich zu Porcelain. Eine überflüssige Bemerkung, denn sie war ohnehin zur Salzsäule erstarrt.
    Ich lehnte Gladys an die untere der drei Muschelschalen des Brunnens, kletterte über den Rahmen auf den Sattel und setzte von dort aus das Knie auf den rauen Rand der Steinschale.
    In der Brunnenschale schwappte eine eklige Brühe aus abgestandenem Wasser, vermoderten Blättern und Schimmel. Das Ganze

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