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Flavia de Luce   Halunken  Tod und Teufel

Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel

Titel: Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bradley Alan
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eben noch die Gurgel durchschneiden wollte, sich auf einmal entschuldigte. Ich war an Entschuldigungen nicht gewöhnt, und
diese – vielleicht die erste, die ich in meinem Leben hörte – traf mich völlig unvorbereitet.
    »Wer bist du?«, fragte ich.
    »Porcelain.« Sie sprang vom Wagen herunter. »Porcelain Lee. Fenella ist meine Oma.«
    Sie kam auf mich zu, die Arme in biblischer Versöhnungsgebärde weit ausgebreitet.
    »Lass dich umarmen! Ich möchte mich bei dir bedanken.«
    Unwillkürlich wich ich zurück.
    »Keine Angst, ich beiße nicht«, sagte sie, dann stand sie plötzlich vor mir, umarmte mich und zog mich an sich, wobei sie das Kinn in meine Schulter bohrte.
    »Vielen, vielen Dank, Flavia!«, flüsterte sie mir ins Ohr, als wären wir die dicksten Freundinnen.
    Da ich immer noch damit rechnete, dass sie mir gleich einen Dolch in den Rücken rammte, erwiderte ich die Umarmung nicht, sondern ließ sie stocksteif und stumm über mich ergehen, so wie die Wachsoldaten am Buckingham Palast, die immer so tun, als würden sie die Aufdringlichkeiten der Touristen gar nicht mitbekommen.
    »Gern geschehen«, sagte ich nur. »Wie geht es … Fenella?«
    Ich musste mich überwinden, den Vornamen der alten Wahrsagerin auszusprechen. Zwar nannten Daffy und ich unsere Mutter »Harriet«, wenn wir von ihr sprachen (nur Feely als die Älteste hatte offenbar das Recht, sie Mama nennen zu dürfen), trotzdem fand ich es irgendwie respektlos, die Großmutter eines fremden Mädchens beim Vornamen zu nennen.
    »Sie kommt durch, hat man mir versichert. Mehr können sie noch nicht sagen. Aber ohne dich wäre sie jetzt …«
    Ihre dunklen Augen füllten sich mit Tränen.
    »Ach, das war doch nicht der Rede wert«, sagte ich verlegen. »Sie brauchte Hilfe. Und ich war zufällig da.«
    War das wirklich so einfach? Oder steckte mehr dahinter?
    »Wie hast du … davon erfahren?«, fragte ich.

    »Die Bullen haben mich in London aufgestöbert. Oma hatte einen Zettel mit meinem Namen und meiner Adresse in der Handtasche. Ein Typ aus Covent Garden hat mich mit seinem Laster bis Doddingsley mitgenommen. Von da bin ich gelaufen. Ich bin erst seit ’ner Stunde hier.«
    Vier Fleißsternchen für Inspektor Hewitt und seine Truppe, dachte ich. Auf die Idee, nach Fenella Faas Handtasche zu suchen, war ich gar nicht gekommen.
    »Wo wohnst du denn? Im Dreizehn Erpel ?«
    »Willste mich veräppeln?«, sagte sie mit aufgesetztem Londoner Akzent.
    Ich machte wohl ein gekränktes Gesicht.
    »Ich bin pleite«, sagte sie versöhnlich. »Darum bleib ich hier.«
    »Hier? Im Wohnwagen?«, fragte ich entgeistert.
    »Warum denn nicht? Der Wohnwagen gehört meiner Oma. Also eigentlich auch mir. Ich muss bloß noch rauskriegen, welchem reichen Pinkel das Wäldchen gehört, und …«
    »Das Wäldchen heißt ›das Gehölz‹«, sagte ich, »und gehört meinem Vater.«
    Das war nicht ganz richtig. Das Gehölz gehörte genau genommen Harriet, aber ich hatte keine Lust, die juristischen Schwierigkeiten unserer Familie einem zerlumpten Straßenkind zu erläutern, das mich vor ein paar Minuten noch hatte umbringen wollen.
    »Puh!«, machte sie. »Das wusste ich nicht.«
    »Du kannst nicht hierbleiben«, fuhr ich fort. »Das hier ist ein Tatort. Hast du das Schild nicht gesehen?«
    »Klar hab ich das gesehen. Und du?«
    Ich ignorierte diese alberne Antwort. »Der Kerl, der deine Oma überfallen hat, kann sich immer noch in der Gegend herumtreiben. Bis ihn die Polizei gefasst hat, bist du hier nach Einbruch der Dunkelheit nicht sicher.«
    Das war allerdings nicht die ganze Wahrheit.
    Es ging mir nicht nur um Porcelains Unversehrtheit. Ich
hatte auch das dringende Bedürfnis, Fenella Faa und ihre Anverwandten für das zu entschädigen, was mein Vater damals getan hatte. Zum ersten Mal in meinem Leben verspürte ich eine Art Erblast.
    »Du musst wohl bei mir auf Buckshaw wohnen«, platzte ich heraus.
    Jetzt war es passiert. Kaum hatte ich es ausgesprochen, war mir klar, dass ich meine Einladung bald bereuen würde.
    Vater würde mir die Hölle heißmachen!
    Er hatte die Zigeuner ja schon damals verjagt, als seine geliebte Harriet sie nach Buckshaw eingeladen hatte. Ich brauchte es gar nicht erst zu versuchen.
    Vielleicht tat ich es gerade deshalb.
    »Mein Vater ist ein bisschen exzentrisch. Er duldet keine anderen Besucher auf Buckshaw als seine eigene Schwester. Ich muss dich reinschmuggeln.«
    Diese Vorstellung schien Porcelain gar nicht zu behagen. »Ich will

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