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Flavia de Luce   Halunken  Tod und Teufel

Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel

Titel: Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bradley Alan
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Augenblick klingelte es zum zweiten Mal.
    Draußen stand Inspektor Hewitt. Er hatte den Finger noch auf dem Klingelknopf und sah ein bisschen verlegen aus, wie ein kleiner Junge, den man beim Klingelmännchenspielen erwischt hatte.
    Schnell ist unsere Polizei, das muss man ihr lassen, dachte ich. Es war kaum zehn Minuten her, seit ich mit Wachtmeister Linnet telefoniert hatte.
    Der Inspektor schien fast erschrocken, mich an der Tür zu sehen.
    »Sieh da, die allgegenwärtige Flavia de Luce.«
    »Guten Abend, Herr Inspektor«, erwiderte ich mit einer Stimme, die so schneidend klingen sollte, als ob sie selbst durch Stahl wie durch Butter gegangen wäre. »Möchten Sie nicht hereinkommen?«
    »Nein, vielen Dank. Man hat mich verständigt, dass sich hier wieder ein … Vorfall ereignet hat?«
    »Genau. Ein Vorfall.« Ich ging auf das Spielchen ein. »Es geht um Brookie Harewood. Der kürzeste Weg ist über den Trafalgar-Rasen. Ich bringe Sie gern hin.«
    »Das lässt du schön bleiben. Ich möchte dich aus der Sache komplett heraushalten. Hast du mich verstanden, Flavia?«
    »Es ist unser Anwesen, Herr Inspektor.« Ich musste ihn wohl erst daran erinnern, dass er mit einer de Luce sprach.
    »Stimmt. Und es ist meine Ermittlung. Wenn ich auch nur einen Fingerabdruck von dir am Tatort finde, zählst du ab sofort zu den Verdächtigen, ist das klar?«
    Diese Frechheit verdiente keine Antwort. Auch nicht: Der Tatort ist voll von meinen Fingerabdrücken, Inspektor. Ich knallte ihm die Tür vor der Nase zu.

    Anschließend legte ich das Ohr an die Türfüllung und lauschte angestrengt.
    War das ein belustigtes Auflachen? Nein, es war gewiss ein Schreckenslaut, der dem Inspektor entfuhr, weil er sich leichtsinnigerweise die Unterstützung einer genialen Ermittlerin verscherzt hatte.
    Der Teufel sollte ihn holen! Sein selbstherrliches Auftreten würde ihm noch leidtun!
    Ich flog förmlich die Treppe hinauf und sperrte die schwere Tür zu meinem Labor auf. Kaum hatte ich den Raum betreten, umfing mich ein solcher Frieden, dass ich mich schlagartig beruhigte.
    Das Labor war wirklich ein ganz besonderer Ort. Das durch die hohen Bleiglasfenster sanft einfallende Licht, der warme Messingglanz des Leitz-Mikroskops, das einst Onkel Tar gehört hatte und inzwischen in meinen Besitz übergegangen war, das Funkeln und Blitzen der gläsernen Gerätschaften, die Vitrinen mit den säuberlich beschrifteten Flaschen voller Chemikalien (darunter durchaus wirkungsvolle Gifte), und die Reihen von Büchern – das alles verlieh dem Raum etwas geradezu Ehrfurchtgebietendes. Ja, das Labor war mein persönliches Heiligtum.
    Ich hievte einen hohen Laborhocker auf einen Tisch am Fenster. Dann holte ich aus der untersten Schublade des Schreibtischs – der für mich immer noch Onkel Tar gehörte, weil er dessen Unterlagen und Tagebücher enthielt – ein Fernglas deutscher Herkunft. Die Linsen waren, wie ich aus einem Buch in Onkel Tars Handbibliothek erfahren hatte, aus einem ganz speziellen Sand gemacht, der nur im Thüringer Wald in der Nähe des Dorfes Martinroda vorkam und aufgrund seines Gehalts an Aluminiumoxid ein unglaublich scharfes Bild lieferte. Das war jetzt genau das Richtige!
    Mit dem Fernglas um den Hals stieg ich von einem Stuhl auf den Tisch und dann auf den Hocker. Mein improvisierter
Aussichtsturm schwankte bedenklich, und mein Kopf streifte beinahe die Decke.
    Ich hielt mich mit einer Hand am Fensterrahmen fest, mit der anderen hielt ich das Fernglas an die Augen, und mit den freien Fingern stellte ich die Schärfe ein.
    Als ich jedes Blatt in den Hecken rings um den Trafalgar-Rasen deutlich erkennen konnte, stellte ich fest, dass ich den Brunnen vom Labor aus noch viel besser sah als aus meinem Zimmer.
    Poseidon schaute auf ein unsichtbares Meer hinaus und schenkte dem Bündel an seinem Dreizack keine Beachtung.
    Nun kam auch Inspektor Hewitt angeschlendert. Er hielt zum Schutz gegen die Sonne die Hand über die Augen und betrachtete Brookies Leiche. Er spitzte die Lippen, und ich konnte seinen Pfiff förmlich hören.
    Ob er wusste, dass er beobachtet wurde?
    Das Bild im Fernglas wurde plötzlich dunkler, hellte sich wieder auf – und verdunkelte sich abermals. Ich nahm das Glas von den Augen und stellte fest, dass sich eine dunkle Wolke vor die Sonne geschoben hatte; ein Gewitter zog herauf.
    Ich hob das Fernglas rechtzeitig wieder, um dem Blick des Inspektors zu begegnen. Ich hielt die Luft an – aber es war eine optische

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