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Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie

Titel: Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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Untertassen vor sich und spreizten zierlich die kleinen Finger ab.
    Ich legte das Ohr an die wuchtige Tür, aber bis auf einen Grundton, bei dem es sich offenbar um die Atemzüge des Gebäudes handelte, war nichts zu vernehmen. Daraufhin schob ich die Tür auf und trat ein.
    Das Erste, was mir auffiel, war der Geruch. Es roch nach Kohl, Schaumgummikissen, Abwaschwasser und Tod. Unter dieser Mischung lag wie eine Grundierung der strenge Geruch des Desinfektionsmittels, mit dem die Böden gewischt wurden. Ich tippte auf Dimethyl-Benzyl-Ammoniumchlorid, denn ich nahm einen Hauch von Bittermandelaroma wahr, das genauso unverkennbar roch wie Blausäure - das Gas, mit dem in Amerikas Gaskammern Mörder hingerichtet wurden.
    Die weitläufige Diele war in Irrenhaus-Apfelgrün gestrichen: grüne Wände, grüne Wandtäfelung, grüne Decke. Auf dem Boden lag billiges braunes Linoleum, das mit derart brutalen Furchen und Rillen übersät war, dass man vermuten konnte, ein Archäologe habe es aus dem Kolosseum in Rom geborgen und
hier einer zweiten Verwendung zugeführt. Jedes Mal, wenn ich auf eine der vielen braunen Pusteln trat, gab der Bodenbelag ein widerliches Pffft! von sich. Irgendwann würde ich mich einmal mit der Frage beschäftigen müssen, ob ein Farbton eigentlich Brechreiz verursachen kann.
    An der Wand ganz hinten saß in einem chromblitzenden Rollstuhl ein Greis und starrte mit offenem Mund an die Decke, als wartete er darauf, dass dort eine Erscheinung auftauchte.
    An einer anderen Wand stand ein Schreibtisch. Er war unbesetzt. Nur eine silberne Glocke und ein abgegriffenes Pappschild mit der Aufschrift Bitte klingeln deutete auf das Vorhandensein irgendwelchen verborgenen Personals hin.
    Ich schlug viermal auf den Klingelknopf. Bei jedem Bing zwinkerte der alte Mann heftig, löste den Blick aber nicht von der Decke.
    Da erschien mit einem Mal, als wäre sie durch eine Geheimtür in der Holzvertäfelung geschlüpft, ein Hauch von einer Frau. Sie trug eine weiße Uniform und eine blaue Haube, unter die sie emsig lose, fettige, strohblonde Strähnen stopfte.
    Sie machte den Eindruck, als hätte sie etwas verbrochen und wäre sich darüber im Klaren, dass ich davon wusste.
    »Ja, bitte?«, fragte sie in piepsigem, aber nichtsdestotrotz energischem und somit typischem Krankenschwesternton.
    »Ich möchte Dr. Kissing besuchen«, sagte ich. »Ich bin seine Urenkelin.«
    »Dr. Isaac Kissing?«
    »Eben den. Gibt es denn hier noch einen Dr. Kissing?«
    Daraufhin machte das Phantom in Weiß wortlos auf dem Absatz kehrt, und ich folgte ihr durch einen Durchgang in einen schmalen Wintergarten, der sich über die gesamte Länge des Gebäudes erstreckte. Auf halbem Weg blieb sie stehen und deutete wie der dritte Geist in Dickens’ Weihnachtsgeschichte mit dem Finger, dann war sie verschwunden.

    Am anderen Ende des mit hohen Fenstern versehenen Wintergartens, im Schein des einzigen Sonnenstrahls, dem es gelungen war, in das düstere Gebäude einzudringen, saß ein alter Mann in einem Korbrollstuhl. Ein Heiligenschein aus blauem Rauch umschwebte sein Haupt. Auf einem Beistelltischchen türmte sich ein unordentlicher Stapel Zeitungen, der jederzeit einstürzen konnte.
    Der Mann war in einen mausgrauen Morgenmantel gehüllt, genau wie Sherlock Holmes, nur dass sein Morgenmantel mit lauter Brandlöchern übersät war, wodurch er entfernt an einen Leoparden erinnerte. Darunter trug er einen schwarzen Anzug und ein gestärktes Hemd mit altmodischem Vatermörderkragen. Auf seinem langen, gelockten gelblich-grauen Haar saß ein pflaumenfarbenes Samtkäppchen, und an seiner Unterlippe klebte eine brennende Zigarette, deren graue Asche sich wie eine mumifizierte Nacktschnecke krümmte.
    »Tag, Flavia«, begrüßte er mich. »Ich habe schon auf dich gewartet.«
     
    Eine Stunde war vergangen. Eine Stunde, in der mir zum ersten Mal richtig bewusst geworden war, was wir im Krieg alles verloren hatten.
    Der Auftakt war nicht sehr vielversprechend gewesen.
    »Ich muss dich gleich warnen, dass ich wenig Übung darin habe, mich mit kleinen Mädchen zu unterhalten«, hatte Dr. Kissing verkündet.
    Ich biss mir auf die Zunge und hielt die Klappe.
    »Bei Jungen hat es sich bewährt, sie mittels Schlägen und anderen Kunstgriffen zu halbwegs zivilisierten Menschen zu erziehen, aber ein Mädchen, dem aufgrund seiner Natur solche Züchtigungen vorenthalten bleiben müssen, bleibt doch immer eine Art terra incognita , nicht wahr?«
    Mir war klar,

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