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Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie

Titel: Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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davon.

21
    I m Flur machte ich Halt und lauschte reglos. Dank der Par kettböden und getäfelten Wände hatte Buckshaw eine mindestens so gute Akustik wie die Royal Albert Hall. Auch wenn alles still war, herrschte auf Buckshaw eine ganz besondere Stille, die ich überall wiedererkannt hätte.
    Behutsam nahm ich den Telefonhörer ab und drückte ein paarmal auf die Gabel.
    »Ein Ferngespräch nach Doddingsley bitte. Tut mir leid, die Nummer habe ich gerade nicht parat, aber ich möchte mit dem dortigen Gasthaus verbunden werden … wie heißt es doch gleich? Zum roten Fuchs oder Zum reichen Fährmann … jedenfalls irgendwas mit R und F.«
    »Augenblick bitte«, erwiderte die gelangweilte, aber kompetent klingende Stimme am anderen Ende der knackenden Leitung.
    Das konnte ja wohl nicht so schwer sein, dachte ich. Das R F lag gleich am Bahnhof, gegenüber vom Bahnsteig, und Doddingsley war schließlich keine Weltstadt.
    »Ich habe hier nur Einträge für die Traubenstube und Zum fröhlichen Kutscher. «
    »Das ist es! Zum fröhlichen Kutscher! «
    Der unanständige Laut, den ich zu hören glaubte, stammte gewiss aus dem Gebrodel ganz tief unten in meinen Gedanken.
    »Die gewünschte Nummer lautet Doddingsley zwo-drei. Falls Sie später noch einmal anrufen wollen.«

    »Danke schön«, sagte ich, da hörte ich auch schon das Freizeichen in der Leitung, und gleich darauf hob jemand ab.
    »Doddingsley zwo-drei, Zum fröhlichen Kutscher, Cleaver am Apparat.«
    Cleaver war bestimmt der Wirt.
    »Ich möchte bitte Mister Pemberton sprechen. Es ist dringend.«
    Ich hatte die Erfahrung gemacht, dass man ein Hindernis, sogar ein nur angenommenes, am besten überwindet, indem man Dringlichkeit vortäuscht.
    »Der ist nicht da«, erwiderte Cleaver.
    »Ach, du lieber Himmel!« Ich trug richtig dick auf. »Da habe ich ihn wohl gerade verpasst. Könnten Sie mir sagen, wann er weggegangen ist? Dann weiß ich in etwa, wann ich ihn zu erwarten habe.«
    Mensch, Flave, dachte ich, du solltest dich um einen Sitz im Parlament bemühen.
    »Er ist am Samstagmorgen abgereist. Vorgestern.«
    »Verbindlichsten Dank«, säuselte ich in einem Ton, mit dem ich auch den Papst irregeführt hätte. »Sie haben mir wirklich sehr geholfen.«
    Ich legte den Hörer so vorsichtig wieder auf die Gabel wie ein frisch geschlüpftes Küken.
    »Was treibst du da?«, fragte eine dumpfe Stimme.
    Ich fuhr herum. Hinter mir stand Feely. Ihr Mund und das Kinn waren mit einem dicken Wollschal verhüllt.
    »Was treibst du da?«, wiederholte sie. »Du weißt genau, dass wir das Instrument nicht benutzen dürfen.«
    »Und was treibst du selber?«, konterte ich. »Willst du rodeln gehen?«
    Als Feely sich auf mich stürzen wollte, verrutschte der Schal und enthüllte zwei rote geschwollene Lippen von derselben Farbe wie der Südpol eines Pavians.
    Ich war zu erschrocken, um zu lachen. Der Giftefeu, mit
dem ich ihren Lippenstift getränkt hatte, hatte ihren Mund in einen blasenbedeckten Krater verwandelt, der dem Popocatepetl alle Ehre gemacht hätte. Mein Experiment war schließlich doch noch von Erfolg gekrönt! Einen Tusch, Maestro!
    Leider hatte ich gerade keine Zeit, meinen Triumph schriftlich zu dokumentieren. Mein Notizbuch würde noch ein Weilchen warten müssen.
     
    Maximilian saß in senffarben kariertem Tweed gewandet auf dem Rand der gemauerten Pferdetränke im Schatten des Marktkreuzes und baumelte wie Humpty Dumpty mit den winzigen Füßen in der Luft. Er war so klein, dass ich ihn beinahe übersehen hätte.
    » Haruh, mon vieux, Flavia!«, rief er, und ich brachte Gladys kurz vor den Spitzen seiner Lacklederschuhe zum Stehen. Schon wieder in die Falle getappt! Jetzt musste ich das Beste draus machen.
    »Tag, Max. Ich muss Sie was fragen.«
    »Hoho!«, machte er. »Einfach so! Du willst mich etwas fragen! Ohne irgendeine Einleitung? Ohne irgendwelche Neuigkeiten von deinen lieben Schwestern? Ohne irgendwelchen Klatsch und Tratsch aus den Konzerthallen der Welt?«
    »Na ja«, erwiderte ich ein bisschen verlegen, »im Radio kam Der Mikado. «
    »Und wie war’s? Vom Ausdruck her? Die meisten Sänger pflegen bei Gilbert und Sullivan schrecklich zu brüllen.«
    »Aufschlussreich.«
    »Aha! Aber in welcher Hinsicht? Der gute Arthur hat ein paar der großartigsten Stücke komponiert, die je in unserem Inselkönigreich geschrieben wurden, zum Beispiel Der verklungene Ton . Ich finde G. und S. immer wieder hochspannend. Weißt du eigentlich, dass ihre

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