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Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie

Titel: Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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wiedergutzumachen, wenn ich nur erst herausgefunden hatte, woran es gelegen haben konnte.
    Nachts im Schlafsaal zog ich mir die Decke über den Kopf und betrachtete im Schein einer Taschenlampe mein Gesicht eingehend in einem geklauten Rasierspiegel. Mir fiel nichts Abstoßendes auf, aber andererseits war ich ein Einzelkind und hatte nur wenig Vergleichsmöglichkeit.
    Aber wie das so ist, die Zeit verging, und bald nahm mich der Schulbetrieb völlig in Anspruch. In Geschichte war ich gut, aber keine besonders große Leuchte, wenn es um die Bücher des Euklid ging. Da war ich irgendwo in der Mitte: Weder tat ich mich hervor noch stellte ich mich so dumm an, dass es aufgefallen wäre.
    Ich machte die Erfahrung, dass Mittelmäßigkeit die beste Tarnung war, der beste Schutz überhaupt. Die Jungen, die einigermaßen mitkamen, aber weder im Guten noch im Schlechten irgendwie auffielen, wurden in Ruhe gelassen, entgingen sowohl den Anforderungen der Lehrer, die sie womöglich zu höheren Zielen trimmen wollten, als auch den Gemeinheiten irgendwelcher Mitschüler, die einen Sündenbock suchten. Diese simple Tatsache war die erste große Entdeckung meines Lebens.
    Ich glaube, ich war in der vierten Klasse in Greyminster, als ich endlich anfing, mich für meine Umgebung zu interessieren, und wie alle Jungen in diesem Alter fühlte ich mich von Verschwörungen angezogen. So kam es, dass ich Feuer und Flamme war, als Mr Twining, der für unser Haus zuständige Lehrer, vorschlug, einen Magischen Zirkel zu gründen.
    Zugegeben, Mr Twining war eher bemüht als begabt und
kein besonders geschickter Zauberer; aber er führte seine Tricks mit solcher Leidenschaft vor, mit so viel gutmütigem Enthusiasmus, dass es gemein von uns gewesen wäre, ihm unseren lärmenden Schuljungenbeifall zu versagen.
    In den Abendstunden brachte er uns bei, wie man mithilfe eines Taschentuchs und eines Stücks Löschpapier Wein in Wasser verwandelte, wie man einen gekennzeichneten Shilling in einem zugedeckten Wasserglas verschwinden ließ und aus Simpkins’ Ohr wieder hervorzauberte. Er lehrte uns das typische Gebrabbel, mit dem ein Zauberer sein Tun begleiten muss, und drillte uns so lange, bis wir aufsehenerregende Kartentricks beherrschten, bei denen trotz allem Mischen das Herz-As immer ganz unten im Stapel blieb.
    Ich brauche wohl nicht erst zu sagen, dass Mr Twining ein beliebter Lehrer war. Vielleicht wäre ›geliebter Lehrer‹ sogar der treffendere Ausdruck, obwohl nur wenige von uns damals schon ausreichend Erfahrung mit dieser Gefühlsregung gesammelt hatten, um sie als solche zu erkennen.
    Seine größte Anerkennung wurde ihm zuteil, als ihn Rektor Kissing bat, eine Zaubervorstellung für den Elterntag zu organisieren. Sofort widmete er sich mit Feuereifer der Vorbereitung eines mitreißenden Programms.
    Weil ich mich bei einer Illusionsnummer mit dem Titel Die Auferstehung des Tschang Fu recht geschickt angestellt hatte, war Mr Twining sehr daran gelegen, dass ich diese Nummer beim großen Finale vorführte. Die Nummer erforderte zwei Mitwirkende, weshalb er mir erlaubte, meinen Assistenten selbst zu bestimmen. So lernte ich Horace Bonepenny kennen.
    Horace war von St. Cuthbert auf unsere Schule gewechselt, nachdem es dort irgendwelche Scherereien wegen verschwundenen Geldes gegeben hatte. Ich glaube, es hat sich nur um ein paar Pfund gehandelt, was uns damals jedoch wie ein kleines Vermögen erschien. Ich gebe zu, dass er mir leid tat. Ich hatte
den Eindruck, dass man ihn ungerecht behandelt hatte, zumal er mir erzählte, dass sein Vater ein sehr grausamer Mann sei und unter dem Vorwand der Disziplinierung seines Sohnes unaussprechliche Dinge getan hatte. Ich hoffe, das ist jetzt nicht zu grob für deine Ohren, Flavia.«
    »Aber nein, bestimmt nicht.« Ich rückte meinen Stuhl näher heran. »Erzähl weiter.«
    »Horace war schon damals ungewöhnlich groß und hatte feuerrotes Haar. Seine Arme waren so lang, dass die Handgelenke wie dürre Äste aus seiner Schuluniformjacke ragten. ›Bony‹ nannten ihn die anderen Jungen und verspotteten ihn erbarmungslos wegen seines Aussehens.
    Auch seine Finger waren ungewöhnlich lang, mager und weiß, wie die Fangarme eines Albino-Tintenfischs, was die Sache nicht besser machte; obendrein besaß er den blassen Teint, den man manchmal bei Rothaarigen sieht. Natürlich kokettierte er ein wenig damit, indem er mit gespielter Unbeholfenheit nach seinen Peinigern schlug, die jeweils gerade außerhalb

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