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Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie

Titel: Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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ging so: Ich hüllte mich in einen zu großen Seidenkimono, den ich auf dem Kirchenbasar erstanden hatte, ein prächtiges, blutrotes, mit chinesischen
Drachen und geheimnisvollen Schriftzeichen besticktes Gewand. Das Gesicht schminkte ich mir gelb und schlang mir ein dünnes Gummiband um den Kopf, das die Augen an den Winkeln ein bisschen hochzog. Ein paar Wursthäute von Carnforth, mit Lack überzogen und zu langen, krummen Fingernägeln geformt, waren ein weiteres abstoßendes Requisit meines Kostüms. Dann fehlten mir für meine Aufmachung nur noch ein verrußter Korken, ein paar Strähnen ausgefranster Schnur als Bart und eine scheußliche Theaterperücke.
    Für den Trick holte ich mir einen Freiwilligen aus dem Publikum, natürlich einen Eingeweihten, mit dem ich das Ganze vorher geübt hatte. Als er neben mir auf der Bühne stand, erklärte ich ihm in ulkigem Mandarin-Singsang, dass ich ihn nunmehr vom Leben zum Tode befördern und ins Land seiner ehrenwerten Vorfahren schicken würde. Bei dieser sachlichen Ankündigung rang das Publikum unweigerlich erschrocken nach Luft, und noch ehe sich alle wieder von dem Schrecken erholt hatten, zog ich eine Pistole aus den Falten meines Gewandes, richtete sie auf das Herz meines Mitspielers und drückte ab.
    So eine Startpistole macht einen Heidenlärm, wenn man sie in einem geschlossenen Raum abfeuert, und mein Exemplar ging mit einem beeindruckenden Knall los. Mein Assistent hielt sich die Brust und zerdrückte dabei ein verborgenes Papiertütchen mit Ketchup. Das rote Zeug quoll zwischen seinen Fingern hervor. Er schaute auf die Sauerei auf seiner Brust, und ihm fiel die Kinnlade runter.
    ›Hilfe, Schnäppi!‹, kreischte er. ›Der Trick ist schiefgegangen! Du hast mich erschossen!‹, und fiel rücklings um.
    Wenn diese Stelle kam, saß das Publikum immer erschüttert und gespannt auf den Sitzbänken. Manche sprangen auf, andere weinten. Ich beschwichtigte sie mit erhobener Hand.
    ›Luhe!‹, fauchte ich und machte ein wütendes Gesicht. ›Ehlenwelte Volfahlen foldeln Luhe!‹
    Hier und da ertönte vielleicht ein unsicheres Auflachen, aber
die meisten Zuschauer waren erschüttert und stumm. Ich holte ein zusammengelegtes Laken aus einem Winkel der Bühne und breitete es über meinen toten Assistenten, nur das nach oben gerichtete Gesicht ließ ich unbedeckt.
    Dieses Laken war ein kunstfertig präpariertes Requisit, das ich in größter Heimlichkeit angefertigt hatte. Es besaß zwei schmale Taschen, die es der Länge nach in Drittel teilten. In die Taschen waren zwei kurze, dünne Holzstangen eingenäht. Wenn das Laken zusammengelegt war, sah man nichts.
    Ich ging in die Hocke, benutzte meinen Kimono als Sichtschutz, zog meinem Assistenten die Schuhe aus (was ganz leicht ging, da er schon die Schnürsenkel gelockert hatte, ehe ich ihn auf die Bühne rief) und steckte sie mit der Spitze nach oben auf die Holzstange.
    Auch die Schuhe waren präpariert, indem ich jeweils ein Loch in die Ferse gebohrt hatte, in die ein Nagel geschoben und in die Holzstange gesteckt werden konnte. Das Ergebnis war ausgesprochen überzeugend. Eine Leiche lag mit einer klaffenden Wunde in der Brust auf dem Boden, am einen Ende schaute der Kopf aus dem Laken heraus, am anderen die nach oben zeigenden Schuhe.
    Wenn alles nach Plan verlief, zeigte sich unterdessen auf dem Laken über der Brust der ›Leiche‹ ein großer roter Fleck, wenn nicht, half ich mit einem zweiten Ketchuptütchen nach, das in meinen Ärmel eingenäht war.
    Jetzt kam der entscheidende Teil. Ich bat darum, dass die Scheinwerfer abgeblendet wurden (›Ehlenwelte Volfahlen wünschen stockfinstele Dunkelheit!‹) und entzündete im Dunkeln mit Magnesiumpapier ein paar Blitze. Das führte dazu, dass das Publikum einen Augenblick lang geblendet war, gerade lange genug, dass mein Assistent sich unter dem Laken aufrichten und hinhocken konnte. Seine Schuhe ragten weiterhin unter dem Laken hervor, wodurch es aussah, als läge er unverändert auf dem Rücken.

    Nun verfiel ich in orientalischen Hokuspokus, fuchtelte mit den Armen und rief ihn aus dem Land der Toten zurück. Während ich irgendwelche erfundenen Beschwörungsformeln vor mich hin plapperte, richtete sich mein Assistent ganz langsam aus der Hocke auf, bis er ganz gerade dastand, die eingenähten Holzstangen auf den Schultern, und seine Schuhe ragten am anderen Ende des Tuches heraus.
    Was das Publikum sah, war natürlich ein zugedeckter Leichnam, der sich mir

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