Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie
für das Angebot, aber ich will dich nicht langweilen. Ich habe ein paar knifflige Fragen über Entwässerungsgräben,
zur Flurbereinigung und so weiter. Ich würde meinem Kapitel über Buckshaw gern einen Appendix über die architektonischen Veränderungen durch Antony und William de Luce im 19. Jahrhundert anfügen, ›Ein zweigeteiltes Haus‹, oder so ähnlich.«
»Dass man einen Appendix herausnimmt, habe ich ja schon mal gehört«, entfuhr es mir, »aber noch nie, dass man einen anfügt.«
Noch mit Triefnase war ich in der Lage, meine Klinge mit den Allerbesten kreuzen. Ein prustender Nieser verdarb leider ein wenig die Wirkung.
»Vielleicht darf ich kurz hereinkommen, mich ein wenig umsehen und mir ein paar Notizen machen? Ich störe auch nicht.«
Ich dachte noch über Synonyme für »Nein« nach, als ich einen Motor tuckern hörte und Dogger hinter dem Lenker unseres alten Traktors am Ende der Allee auftauchte, wo er eine Ladung Kompost in den Garten fuhr. Mr Pemberton, der sofort gemerkt hatte, dass ich über seine Schulter spähte, drehte sich neugierig um. Als er Dogger heranrumpeln sah, winkte er ihm zu.
»Das ist doch der alte Dogger, nicht wahr? Der getreue Gefolgsmann eurer Familie.«
Dogger hatte angehalten und drehte sich seinerseits um, weil er wissen wollte, wem Pemberton winkte. Als er niemanden erblickte, lupfte er den Hut wie zum Gruß, kratzte sich den Kopf, stieg vom Traktor und kam quer über den Rasen auf uns zu.
»Wie schon gesagt, Flavia«, sagte Pemberton und schaute auf seine Armbanduhr, »ich kann mich nicht allzu lange hier aufhalten. Ich bin drüben in Nether Eaton mit meinem Verleger verabredet. Wir wollen uns ein Grabmal ansehen, ein ausgesprochen seltenes Stück, bei dem beide Hände deutlich zu erkennen sind. Auch die Schmiedearbeit ringsherum soll au ßerordentlich sein. Der gute Quarrington hat ein Faible für
Gräber, und ich will ihn lieber nicht warten lassen. Andernfalls könnte es sein, dass Pembertons Grüfte und Grabmäler die Schublade des Autors nie verlässt.«
Er warf sich den Künstlerrucksack über die Schulter und ging die Treppe hinunter. Unten angekommen blieb er kurz stehen, schloss die Augen und labte sich mit einem tiefen Atemzug an der frischen Morgenluft.
»Schönen Gruß an Colonel de Luce«, rief er noch, dann war er weg.
Dogger kam die Treppe hochgeschlurft, als hätte er in der Nacht kein Auge zugetan.
»Besuch, Miss Flavia?«, fragte er, nahm den Hut ab und wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn.
»Das war Mister Pemberton. Er schreibt ein Buch über Landhäuser oder Grabmäler oder irgend so was. Er wollte sich mit Vater über Buckshaw unterhalten.«
»Glaube nicht, dass ich schon mal von ihm gehört hab. Aber ich bin ja auch kein großer Leser vor dem Herrn. Trotzdem, Miss Flavia …«
Jetzt würde er mir gleich eine Moralpredigt halten, gespickt mit Gleichnissen und grauenerregenden Geschichten, die alle darauf hinausliefen, dass man sich nicht mit Fremden einlassen soll. Irrtum! Er begnügte sich damit, den Finger an die Hutkrempe zu legen, und wir beide standen einfach da und glotzten wie zwei Kühe über die Wiese. Botschaft abgeschickt, Botschaft erhalten. Guter alter Dogger. Das war seine Lehrmethode.
Dogger war es auch gewesen, der mir seinerzeit geduldig beigebracht hatte, wie man Schlösser knackt. Ich hatte ihn eines Tages dabei angetroffen, wie er sich an der Gewächshaustür zu schaffen gemacht hatte. Bei einem seiner »Vorfälle« hatte er den Schlüssel verloren und mühte sich nun mit den verbogenen Zinken einer ausgemusterten Küchengabel ab, die er in einem Blumentopf gefunden hatte.
Seine Hände zitterten heftig. Wenn Dogger in diesem Zustand war, hatte man immer den Eindruck, als bekäme man sofort einen elektrischen Schlag, wenn man ihn nur antippte. Trotzdem hatte ich ihm meine Hilfe angeboten, woraufhin er mir gezeigt hatte, wie man mit einem Dietrich umgeht.
»Eigentlich ist es ganz einfach, Miss Flavia«, verkündete er nach meinem dritten vergeblichen Versuch. »Du musst nur immer an die drei D denken: Drehmoment, Druck und Durchhalten! Stell dir vor, du wohnst in diesem Schloss. Hör auf deine Fingerspitzen.«
»Wo hast du das gelernt?«, fragte ich staunend, als das Schloss aufsprang. Wenn man den Bogen erst einmal raushatte, war es geradezu kinderleicht.
»Irgendwo und irgendwann«, erwiderte Dogger und verschwand im Gewächshaus, wo er sich sofort in irgendeine Arbeit vertiefte, sodass ich mich
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