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Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie

Titel: Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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Tracht stand an meinem Bett und raunte mir ins Ohr, die Glocken würden läuten. Ein alter Seebär im Ölzeug hockte auf einem Pfahl und flickte mit einer Ahle seine Netze, während hinter ihm, weit draußen über dem Meer, ein kleines Flugzeug der untergehenden Sonne entgegenflog.
    Als ich endlich aufwachte, strahlte die Sonne durchs Fenster, und ich war schauderhaft erkältet. Noch ehe ich zum Frühstück hinunterging, hatte ich alle Taschentücher aus meiner Nachttischschublade verbraucht und ein noch fast neues Badehandtuch ruiniert. Ich muss wohl nicht erklären, weshalb meine Laune nicht die allerbeste war.
    »Komm mir bloß nicht zu nahe!«, sagte Feely, als ich schnaufend wie ein Nilpferd ans andere Ende des Tisches wankte.
    »Stirb, Hexe!«, brachte ich gerade noch heraus und machte das Zeichen gegen den bösen Blick.
    »Flavia!«
    Ich stocherte in meinen Frühstücksflocken mit Milch herum und rührte sie mit einer Ecke meines Toasts um. Aber statt dass die verbrannte Kruste das Ganze ein wenig gewürzt hätte, schmeckte die teigige Pampe immer noch wie Pappendeckel.

    Dann gab es auf einmal einen Ruck, und ich fiel in einen anderen Bewusstseinszustand, wie bei einer schlampig geklebten Filmrolle. Ich war am Tisch eingeschlafen.
    »Was ist denn mit dir los?«, hörte ich Feely fragen.
    »Ein lähmender Schlummer hat sich ihrer bemächtigt, so geschwächt ist sie von ihren gestrigen Ausschweifungen«, warf Daffy ein.
    Daffy las nämlich gerade Bulwer-Lyttons Pelham, immer ein paar Seiten als Abendlektüre, und bis sie damit durch war, wurden wir tagtäglich mit absurden Kostproben eines Prosastils gequält, der steif wie ein Ladestock war.
    Zumindest das mit dem »gestrig« stimmte, darum nickte ich bestätigend. Plötzlich sprang Feely erschrocken auf.
    »Großer Gott!«, rief sie und schlug ihren Morgenmantel wie ein Leichentuch um sich. »Wer in aller Welt ist das?«
    Jemand, von dem nur der Umriss zu erkennen war, hatte die gewölbten Hände an die Terrassentür gelegt und spähte zu uns herein.
    »Ach, das ist der Schriftsteller«, sagte ich. »Der mit den englischen Landsitzen. Mr Pemberton.«
    Feely entfloh quietschend treppauf, wo sie in ihr enges blaues Twinset schlüpfen, ihre frühmorgendlichen Verunstaltungen mit pfundweise Puder bestäuben und die Treppe anschließend als eine andere wieder herunterschweben würde - als Olivia de Havilland zum Beispiel. So verhielt sie sich immer, wenn ein fremder Mann unser Anwesen betrat. Daffy dagegen schaute nur flüchtig auf und las weiter. Wie immer blieb alles an mir hängen.
    Ich ging auf die Terrasse hinaus und machte die Tür hinter mir zu.
    »Guten Morgen, Flavia!«, begrüßte mich Pemberton schmunzelnd. »Hast du gut geschlafen?«
    Ob ich gut geschlafen hatte? Blöde Frage! Ich stand ihm direkt gegenüber, den Schlaf noch in den Augen, die Haare
struppig wie ein Rattennest, und meine Nase lief wie ein Forellenbach. Abgesehen davon - war diese Frage nicht jenen vorbehalten, die unter einem Dach genächtigt hatten? Hm … ein Blick in das Standardwerk Beeton’s Benimmbuch für Damen konnte nicht schaden. Feely hatte mir das Buch zum letzten Geburtstag geschenkt, aber es diente immer noch als Unterlage für das zu kurze Bein meines Bettes.
    »Geht so«, erwiderte ich. »Ich bin erkältet.«
    »Das tut mir aber leid. Ich hatte gehofft, mich mit deinem Vater über Buckshaw unterhalten zu können. Ich möchte nicht aufdringlich erscheinen, aber mein Aufenthalt hier in der Gegend ist leider nur von begrenzter Dauer. Seit Kriegsende sind die Preise für eine Unterkunft selbst in einem so bescheidenen Gasthaus wie dem Dreizehn Erpel schlicht erschütternd. Nicht, dass ich Mitleid schinden wollte, aber wir armen Gelehrten nagen eben doch am Hungertuch.«
    »Haben Sie schon gefrühstückt, Mister Pemberton?«, erkundigte ich mich. »Mrs Mullet bringt Ihnen bestimmt noch etwas.«
    »Sehr nett von dir, Flavia, aber der Wirt vom Dreizehn Erpel hat mir ein wahres Festmahl, bestehend aus zwei Würstchen und einem Ei, vorgesetzt, und ich muss auf meine Westenk nöpfe aufpassen.«
    Was ich mit letzterer Mitteilung anfangen sollte, war mir nicht ganz klar, und meine Erkältung raubte mir die Lust, näher nachzufragen.
    »Vielleicht kann ich Ihnen ja etwas über Buckshaw erzählen«, schlug ich vor. »Mein Vater sitzt im …«
    Großartig! Das hast du mal wieder schlau angestellt, Flavia!
    »Mein Vater sitzt bei einer Besprechung mit der Bank in der Stadt.«
    »Danke

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