Fleckenteufel (German Edition)
haben bläuliche Schatten unter ihren Augen und schauen sehnsüchtig aufs Meer. Einmal schwimmen, nur einmal schwimmen!
Mittagessen: Spaghetti mit Tomatensoße und Kochschinken, dazu geriebener Schweizer Käse. Herrlich, wie der Käse Fäden zieht. Nachtisch klumpiger Grießpudding. Grießpudding ist ja wohl das Allerletzte! Wer denkt sich so was eigentlich aus? Überhaupt, immer nur Pudding. Pudding, Pudding, Pudding. Na ja, mehr ist in den 343 Mark nicht drin. Ich stelle mir vor, wie ich mit ungewaschenen Kackahänden an Pastor Schmidts Tisch gehe und sie ihm unter die Nase halte: «Riech ma, ich war grad groß. Gut, nä?»
Zwanghaft ist das schon. Wenn das so weitergeht, mach ich’s irgendwann wirklich.
Nachmittags Strandspiele: Strandboccia, Strandvolleyball, ein paar Verrückte versuchen Frisbee, aber das ist natürlich eine Schwachsinnsidee bei den Böen.
In Volleyball bin ich Mittelmaß, in erster Linie natürlich, weil ich so klein bin, in zweiter Linie, weil ich nicht schmettern kann, ich kann’s einfach nicht. Blocken auch nicht. Dabei ist es doch gar nicht so schwer, sieht zumindest nicht so aus, bei den anderen. Was ich hingegen gut kann, sind Eingaben und vor allem Bälle retten, weil ich perfekt falle und mich schockermäßig hinpacke. Ich freue mich auf die Nachmittagsbadezeit, denn ich bin total verschwitzt.
Bimmel bimmel!
Als ich den Fluten entsteige (DLRG), glotzt mich Harald böse an: «Hat dir eigentlich schon mal jemand richtig in den Arsch reingekackt?» Der Satz klingt leer und hohl, er ist nicht mehr mit dem nötigen Hass aufgeladen. Harald scheint nur noch ein Schatten seiner selbst, man kann ihn nicht mehr ernst nehmen, unter anderem auch, weil er die ganze Zeit nur noch mit Gundula und anderen Dicken, Hässlichen zusammengluckt.
Saturday Night Fever
Samstag, Partytime. Karamba, Karacho, ein Whiskey. Wir machen durch bis morgen früh und singen bumsfallera. Olé, wir fahrn in Puff nach Barcelona. Ich versuche mich jetzt schon damit abzufinden, dass ich nicht zu den Gewinnern des Abends zählen werde. Am liebsten würde ich mich mit dem nächsten Bukowski ins Zelt verkriechen: Faktotum , laut Tiedemann nicht ganz so stark wie die anderen Bücher. Egal, Bukowski kann gar nicht schlecht schreiben.
Thomas Mann. Heinrich Böll. Günter Grass. Alles Scheiße.
Pastor Schmidt ist mit den Erwachsenen nach nebenan ins Haus Seemöwe ausgewichen, um der Illusion eines perfekten Discoabends nicht im Wege zu stehen.
Die Tische sind weggeräumt und die Stühle im Kreis aufgestellt. Irgendwie wirkt der Raum gleichzeitig größer und kleiner. Merkwürdig. Die Mädchen sitzen auf der einen Seite, die Jungen auf der anderen. Tuschel tuschel, abwart abwart. Harald ist mutig oder dumm oder beides und quetscht sich zwischen Gundula und eine andere Dicke aus seiner Clique (Frauke?). Karin hat ihre Hände zwischen die Beine geklemmt und macht einen unglücklichen Eindruck. Für sie ist das auch nix hier. Indianername: Die, die nie aufgefordert wird. Wie Karin sich wohl immer so fühlt? Nicht ungefähr, kann man ja sehen, dass ihr irgendwie unwohl ist, nein, exakt, präzise, atomgenau. Das wäre doch mal interessant. Einmal im Leben in die Haut eines anderen schlüpfen.
Der dumme Peter gibt den Discjockey, Steiß steht neben ihm und assistiert. Wo gibt’s denn so was, Discjockey mit Assistent? Edam dreht an zwei oder drei Knöpfen, die der Plattenspieler hat, während Steiß in den Platten herumwühlt und die Reihenfolge festlegt. So ein Quatsch, das ist doch gerade der Job vom Discjockey, der muss auf die Stimmung reagieren und sie hochpeitschen oder je nachdem wieder runterfahren.
Dann geht’s los: die Titelmelodie von Star Wars . Angeblich soll der Film total gut sein, das Beste überhaupt. Kann schon sein, interessiert mich nicht, so gut wie Rocky ist der sowieso nicht, kann der nicht sein, auf jeden Fall ist die Titelmelodie beknackt und vollkommen ungeeignet als erstes Stück. Smokie zum Beispiel wäre gut zum Reinkommen. Das Discoduo Edam/Steiß hat es einfach nicht drauf, so viel ist jetzt schon klar. Ich muss an den Spruch von Herrn Schrader denken: Als Mensch zu dumm und als Schwein zu kleine Ohren. Passt zwar irgendwie nicht, aber auf der anderen Seite eben irgendwie doch. Das zweite Stück ist Go Your Own Way von Fleetwood Mac. Viel zu früh! Die verschießen jetzt schon ihr ganzes Pulver, und wenn’s drauf ankommt, haben sie nur noch Jürgen Marcus im Köcher, ich seh’s kommen. Der
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