Fledermaeuse und andere Leute
mich an. Geknickt erkläre ich ihm, dass ich den Hobbyraum zum Gästezimmer hatte umfunktionieren wollen, dass ich seinerzeit außerdem dringend Geld gebraucht hätte und dass von ihm, dem Mäxchen, damals noch weit und breit nichts zu sehen gewesen wäre.
»Dann musst du eben wieder heiraten«, entscheidet mein Enkel kategorisch.
Ich lache. »Na hör mal, dazu bin ich doch jetzt viel zu alt.«
»Aber du bist doch noch ganz schön«, bekomme ich zur Antwort.
»Danke«, sage ich geschmeichelt, »doch kannst du mir außerdem sagen, wer heute noch eine Großmutter heiratet?«
»Na ja, der Opa zum Beispiel. Der hat auch wieder geheiratet.«
»Sicher, aber das ist schon viele Jahre her, und da war die Romana auch noch keine Oma.«
»Okay«, Mäxchen gibt sich zwar noch nicht geschlagen, lenkt jedoch ein, »aber wenn du noch mal einen netten Mann findest und der stirbt. Die Eisenbahn kriege dann aber ich !!«
Sein erster Flug
M ax ist wach, lange bevor der Wecker rasselt. Er steht leise auf, zieht sich an und macht schon mal Frühstück in der Küche für seine Großmutter und sich: Nutella auf Toast und zwei Becher Kakao.
Als meine Kinder das Haus so nach und nach verließen, war ich der Überzeugung gewesen, nun könne ich Urlaub machen, wann immer ich wolle, ohne auf die großen Ferien, die Osterferien, die Herbstferien und die Weihnachtsferien Rücksicht nehmen zu müssen. Das lief auch eine Weile ganz gut so. Bis Mäxchen geboren wurde. Anfangs lief es immer noch gut. Doch nun geht er in die Schule, seine Mutter ist allein erziehend und berufstätig, und ihre wenigen Urlaubstage decken sich nicht mit den vielen Ferientagen ihres Sohnes.
»Kannst du ihn denn nicht wenigstens die vierzehn Tage über Ostern nehmen?«
»Na ja«, sage ich zögernd; denn ich liebe meinen Enkel sehr, »eigentlich habe ich bereits mein Billett für den Flug nach Rom in der Tasche.« Billett, was für ein altmodisches Wort.
»Das heißt Ticket«, klärt Max mich auf. Und dann seine Mutter erstaunt: »Was willst du denn um diese Zeit beim Papst? Urbi et Orbi gilt doch nicht für uns, wir sind doch allesamt evangelisch.«
Ich muss lachen. »Ihr seid gut. Es gibt doch außerdem Papst für mich noch andere interessante Leute in der Heiligen Stadt. Paolo zum Beispiel, meinen Malerfreund aus der Via Margutta, oder Sigrid aus Deutschland, die schon seit Jahrzehnten mit Guido dem Römer verheiratet ist, dann Bekannte und ehemalige Kollegen vom Goetheinstitut und …«
»Ist ja schon gut«, sagt meine Tochter, »aber da kannst du Max doch ruhig mit hinnehmen. So ein Kind stört doch überhaupt nicht.«
Die hat vielleicht eine Ahnung!
»Und was ist mit den zauberhaften, milden Abenden, den südlichen Nächten wie Samt und Seide? Die wollte ich gerne als Frau und nicht als Großmutter genießen, verstehst du das denn nicht?«
Nee, versteht sie offenbar nicht. Max sieht die Situation ebenfalls ganz sachlich. »Da schlaf ich doch schon, Omi«, verspricht er zuversichtlich. Er würde mir mit Sicherheit den Himmel auf Erden versprechen, wenn er nur mitdarf. Schließlich ist er noch nie in seinem Leben geflogen! Ich gebe mich geschlagen.
Und so sitzen wir aufgeregt eine Woche später schon lange vor dem Abflug der Maschine auf dem Köln-Bonner Flughafen und warten, dass unser Flieger aufgerufen wird. Max beobachtet mit steigender Empörung, wie ein Schäferhund von seinem Frauchen unter Hilfestellung des Bodenpersonals in einen Flugkäfig verfrachtet werden soll. Doch der Dicke reißt immer wieder aus und kann erst nach mehrmaligen vergeblichen Versuchen ausbruchsicher eingebuchtet werden. Alle sind in Schweiß gebadet. Max auch, aber vor Wut. Dann entschwindet der Käfig auf einem Laufband aus seinem Blickfeld. Mann, das sollte mal einer mit seinen Dackeln machen, denenwürde er vielleicht was erzählen, Mänsch! Ihm ist beinahe die Lust am Fliegen vergangen.
Doch dann wird unser Flug aufgerufen. Im Gänsemarsch geht es über die Gangway zum Einstieg. Als die bildhübsche, blonde Stewardess Max beim Betreten des Flugzeugs begrüßt, knipst sie augenblicklich ein professionelles Kleinkinderlächeln an. Meinem Enkel ist das peinlich, schließlich ist er ja kein Baby mehr, sondern ein achtjähriges Schulkind! Er drückt sich grußlos an ihr vorbei in den Bauch der Maschine und findet auf Anhieb die Nummer seines Fensterplatzes. Ich lasse mich aufatmend neben ihm nieder, während die Flugbegleiterin unser Handgepäck über unseren Köpfen
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