Fledermaeuse und andere Leute
Maschine endlich in Fiumicino landet und ein Taxi uns in die Ewige Stadt bringt, merken wir zu Mäxchens Vergnügen, dass die wilden Wagenrennen der Römer noch lange nicht vorbei sind.
»Wie bei Asterix und Obelix«, kreischt er begeistert. Nur wären ihm natürlich Pferde und römische Kampfwagen als Transportmittel lieber gewesen. Ich dagegen begreife endlich, warum der Papst nach jedem Flug den Boden küsst. Ich würde das glatt schon nach jeder wilden Taxifahrt durch die Heilige Stadt machen.
Während ich in den nächsten Tagen zum x-ten Mal Kunst und Kultur der ollen Römer genieße, kann Max wegen der »Latscherei von Pontius bis Pilatus« nur mit Spaghetti in mindestens zwölf verschiedenen Variationen und köstlichem Eis bis zum Abwinken von»Giolitti«, Roms bester Gelateria, versöhnt werden. Für den »Mund der Wahrheit« hat er nichts übrig, wegen der angeblich abgebissenen Hand beim Flunkern und so. Vorsichtshalber steckt er seine Hand erst gar nicht hinein. Er ist zwar kein Lügner, aber … man kann ja nie wissen! Die römische Arena dagegen findet er cool und erst die irren Gladiatorenkämpfe. Nur das mit den Christen und den wilden Tieren, das will ihm nicht in den Kopf. »Die armen Löwen, Omi!«
Echt geil dagegen sind natürlich die vielen Kinkerlitzchenlädchen vor dem Forum romanum. Dort ersteht er mit Eifer und für viel Geld ein Kolosseum aus Bronze und einen superschicken Plastikpapst für die Mama daheim.
Einen Tag vor unserer Abreise entführt uns Sigrid, nach einer Woche rundum Kultur bei 25 Grad im Schatten, mit dem Auto an den Lago Bracciano, ein Bade- und Angelparadies nordwestlich von Rom. Sigrid kennt den schmalen Streifen am See, der einst Privatbesitz irgendeines reichen Römers gewesen war, heute aber jedermann zugänglich ist. Nur dem unscheinbaren Eingang in der Hecke ist es zu verdanken, dass der Massenbetrieb daran vorbeirauscht.
»Gott, gehts uns gut«, Sigrid streckt sich auf der mitgebrachten Decke aus.
»Und unseren Füßen erst«, sage ich, »nix Kunst, nix Historisches, welche Wohltat.«
Max zieht sofort seine Badesachen an. »Wer kommt mit ins Wasser«, schreit er und rennt los.
»Geh nicht so tief rein«, rufe ich hinter ihm her; denn ich persönlich schwimme grundsätzlich nur dort, wo ich weiß, dass ich noch Boden unter den Füßen habe, sobald ich mich hinstelle. Also bleibe ichin der Nähe des Ufers, während mein Enkel weiter nach draußen krault.
Ich lasse ihn keine Sekunde aus den Augen. Plötzlich taucht hinter ihm ein paddelnder Riesenschnauzer auf.
»Pass auf, der Hund!«, schreie ich erschrocken, denn er nimmt direkten Kurs auf Max, umkreist ihn schließlich und versucht dann, seine Vorderpfoten auf dessen Schulter zu legen. Obwohl es so aussieht, als amüsiere sich Max köstlich, stürze ich mich mutig in die Fluten, um dem Jungen zu Hilfe zu eilen – pardon – zu schwimmen. Doch der Hund verhindert dunkel bellend jede Annäherung meinerseits.
»Sigrid«, schreie ich, »Sigrid schnell, was heißt auf Italienisch: Hau ab, du blöde Töle!?«
Doch bevor sie antworten kann, vernehme ich eine männliche Stimme ganz in der Nähe, die empört in einwandfreiem Deutsch bellt: »Mir können Sie beleidigen, werte Dame, aber nich’ meinen Hund.« Und dann krault ein dickbäuchiger Mann auf uns zu und packt seinen Hund am Halsband: »Komm Erwin, die Tante will nicht, dass du mit dem Jungen spielst«, und zieht den widerstrebenden Schnauzer mit sich fort. Erleichtert will ich mich Max zuwenden, doch der Schock sitzt mir noch in allen Gliedern, und ich trete verzweifelt auf der Stelle.
»Ganz ruhig Omi«, meldet sich da mein achtjähriger Enkel, »das sind bloß die Nerven.« Und dann schiebt und zieht er mich im Bewusstsein seines Freischwimmerausweises Richtung Ufer, indem er mir einen Arm um den Hals legt und mich beinahe erwürgt.
»Hoffentlich sind die Aufnahmen was geworden«, sagt Sigrid vergnügt und nimmt die Kamera vomAuge, »Schwimmen à la romana hatte ich mir nämlich ganz anders vorgestellt.«
»So komisch war das ja nun auch nicht«, sage ich bibbernd und rubbele Max und mich mit dem Badelaken ab, »der Junge hätte doch glatt ertrinken können!«
Doch Max, von meiner Großmuttergluckenart leicht genervt, sagt entrüstet: »Mann Omi, ehrlich, wann bin ich denn schon mal ertrunken!?«
Die Hausapotheke
E s gibt Menschen, die sind dazu geboren, kranken Familienmitgliedern stündlich die Kissen aufzuschütteln, kannenweise Tee zu kochen,
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