Fledermaeuse und andere Leute
Zwieback zu reichen, hartnäckig immer wieder Fieber zu messen und anschließend Wadenwickel zu machen. Andere wiederum können schon nicht mit den eigenen Unpässlichkeiten umgehen, geschweige denn, mit denen der anderen.
Nicht so mein Enkel, er gehört offenbar ganz eindeutig zur ersten Kategorie der menschlichen Spezies.
Es fängt schon auf dem Rückflug von Rom an. Ich habe starke Rückenschmerzen und weiß einfach nicht, wie ich sitzen soll. Nun sind Rückenschmerzen so landläufig wie der ständige Staub auf fünf Metern Bücher in offenen Regalen. Außerdem hat entweder jeder schon mal solche Schmerzen gehabt, hat sie noch, wird sie haben, kennt jemanden, der sie hat, oder hat schon mal mit jemandem im Theater gesessen, der damit geschlagen war. Kurz und gut, Rückenschmerzen sind nichts Besonderes und bedeuten überhaupt nichts. Die zwei Decken, welche die Stewardess eilfertig bringt und Max dann fürsorglich um mich stopft, akzeptiere ich nur, weil es mich in diesem klimatisierten Flieger so schrecklich friert. Zähneklappernd fahren wir dann mit dem Auto vom Köln-Bonner Flughafen nach Hause, und ich gehe gleich zu Bett. Mäxchen bringt mir noch das Thermometer. »Mach mal den Mund auf, Omi, und leg es unter die Zunge«, befiehlt er.
Ich bin zu schwach, um zu widersprechen. Kein Wunder, nach drei Minuten zeigt das Ding 39,5 °C Fieber an. Das ist mir neu bei Rückenschmerzen, und ich rufe nun doch etwas besorgt die Ärztin an. Sie wird noch am Abend vorbeikommen. In der Zwischenzeit bringt mir mein Enkel Zwieback und eine Flasche Mineralwasser. Dann klatscht er mir noch schnell einen nassen, eiskalten Waschlappen auf die Stirn: »Ruf sofort, wenn du etwas brauchst, Omi«, und springt eilig, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinunter, um seine Lieblingssendung Raumschiff Enterprise im Fernsehen anzuschauen.
Als meine Ärztin läutet, ist die Folge gerade zu Ende. Max öffnet ihr die Tür und geleitet sie höflich nach oben in mein Schafzimmer. Dann steigt er auf die andere Seite meines Bettes, wo die Dackel bereits seit geraumer Zeit meinen unruhigen Schlaf bewachen. Ich werde gründlich untersucht, und meine Rückenschmerzen entpuppen sich als Nierenbeckenentzündung. Die Hunde knurren, weil ihr Frauchen von einer fremden Person angefasst wird, und Max guckt äußerst interessiert zu. Vielleicht wird er doch nicht Bauarbeiter oder Archäologe, sondern lieber Mediziner.
»Was haben Sie denn um Himmels willen so alles in Rom getrieben?«, fragt die Frau Doktor beim Anblick der besorgten vier Hunde- und zwei Kinderaugen amüsiert.
Etwas geknickt muss ich zugeben, dass wohl nichtdie Heilige Stadt schuld an meiner Erkrankung sei, sondern eher das kühle Bad im Lago Bracciano.
»Was«, sagt meine Ärztin entsetzt, »ein Bad Ende April in einem offenen See, und das mit nur einer Niere!! Sind Sie denn noch zu retten!?«
»Ja«, mischt sich da Max entschieden, aber nicht ohne Stolz ein, »das war die Omi schon. Dabei wollte sie eigentlich zuerst mich retten«, er grinst, »wo ich doch schon seit einem Jahr Frei- und Rettungsschwimmer bin, nich’!«
»Ach, so war das«, sagt meine Ärztin und lacht, »na, ich gebe deiner Großmutter jetzt ein gutes Antibiotikum, dann ist sie bald wieder auf den Beinen.« Und zu mir gewandt: »Aber ich würde gerne noch zur endgültigen Klärung ein Fläschchen Urin mitnehmen.«
Bevor ich mich mühsam aus dem Bett schieben kann, ist Max schon aufgesprungen und ruft eilfertig: »Ich hole das schon!« Ich erkläre ihm, dass er das Fläschchen im Badezimmerschrank links oben hinter den Cremedosen finden wird.
Max verschwindet wie ein geölter Blitz, und die Ärztin und ich unterhalten uns noch eine Weile über Rom und seine kulturhistorischen Schätze. Dann schaut sie plötzlich auf ihre Uhr und sagt, nun müsse sie aber weiter, es stünden noch zwei weitere Hausbesuche an. Ich rufe umgehend meinen Enkel: »Max, was dauert das denn so lange? Die Frau Doktor muss weiter!«
»Ja gleich«, schreit Mäxchen da leicht aufgelöst zurück, »das Fläschchen habe ich schon gefunden. Aber ich glaube, wir haben keinen Urin mehr im Haus!«
Vogelgrippe
D as Wartezimmer unseres Tierarztes hat unverkennbar starke Ähnlichkeit mit dem Wartezimmer des Kinderarztes. Es gibt nur einen kleinen Unterschied: Die überwiegend vierbeinigen Patienten machen weniger Krach und toben nicht herum, sondern sitzen still unter Herrchens Stuhl oder auf Frauchens Schoß und zeigen nur hin
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