Flehende Leidenschaft
Kapitulation zwingen, indem es uns den wirtschaftlichen Ruin androht. Und die Frage lautet nicht, ob wir siegen, sondern ob wir unser Parlament retten können.«
»Wie praktisch du denkst …«
»Nur realistisch – angesichts der derzeitigen Stimmung in Westminster. Es würde mich nicht überraschen, wenn sie demnächst Soldaten in unseren Häusern einquartieren.«
Beunruhigt runzelte Elizabeth die Stirn. »Wird ein Krieg ausbrechen?«
»Sicher nicht«, erwiderte Johnnie hastig, da er sie nicht mit seiner schlimmsten Sorge belasten wollte.
Wenig später betrat er sein eigenes Arbeitszimmer, wo Jack Drummond wartete, und begrüßte ihn freundlich.
»Was kann ich für Sie tun?« erkundigte er sich und bedeutete dem jungen Sheriff, wieder Platz zu nehmen. »Regt sich Crawford immer noch über den Posten seines Neffen auf?«
»Mylord, ich wünschte, es wäre so. Leider muß ich Ihnen sehr unerfreuliche Nachrichten überbringen …«
»Dann sprechen Sie! Nur keine Hemmungen. In diesen unruhigen Zeiten rechnet man doch täglich mit Hiobsbotschaften.«
»Es geht um Lady Graden.«
»Ja?« Johnnie hatte sich hinter seinen Schreibtisch setzen wollen, aber nun blieb er reglos stehen und schaute den Mann an.
»Als Sheriff von Ravensby wurde ich gestern nach Rochester gerufen, Mylord.« Krampfhaft schluckte Jack Drummond und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Lady Graden muß sich vor Gericht verantworten, da sie von den Grahams aus Redesdale der Hexerei angeklagt wurde. Und sie behaupten auch, sie sei schuld am Tod ihres ersten Mannes.«
»Diese Schurken bringe ich um«, flüsterte Johnnie.
Der junge Richter zögerte und wußte nicht recht, wie er sich verhalten sollte. Schließlich fuhr er nervös fort: »Nächsten Mittwoch soll die Verhandlung stattfinden. Also haben Sie nicht viel Zeit, um die Verteidigung vorzubereiten, Mylord. Aber ich bitte Sie, meine Hilfe anzunehmen.« Wenn er auch sein Gehalt von Johnnie Carre bezog – das Angebot beruhte nicht nur auf seiner Loyalität. Der Laird hatte ein persönliches Interesse an der Familie Drummond genommen und die beiden jüngeren Brüder auf die Universität geschickt.
»Bedauerlicherweise konnte ich die Anklage nicht verhindern, Mylord …«
»Natürlich, ich verstehe, Jack«, fiel Ravensby ihm ins Wort. »Wieviel Zeit haben wir?«
»Zehn Tage.«
»Das müßte reichen.«
»Am besten reiten sie sofort nach Edinburgh und suchen einen geeigneten Verteidiger. Oder vielleicht darf ich Holt aus London vorschlagen. Immerhin hat er schon in mehreren Hexenprozessen Freisprüche erreicht.«
Johnnie wandte sich zum Fenster und starrte in den frostbedeckten Park. Dann ging er zu einem lackierten Schrank und zog einen Schlüssel aus der Tasche, sperrte den Schrank auf und öffnete zwei Schubladen. Er nahm mehrere große Lederbeutel heraus, die er auf den Schreibtisch legte.
»Wenn Sie so freundlich wären, dieses Geld dem Richter zu bringen, der gerade in Edinburgh den Vorsitz führt, und ihn um einen vierzehntägigen Aufschub zu bitten, wäre ich Ihnen sehr dankbar. Eine Garde wird Sie eskortieren. Falls es Comyn ist, müßte er meinen Wunsch auch ohne das Geschenk erfüllen, da er mir einen Gefallen schuldet.«
»Selbstverständlich, Mylord.« Jack Drummond stand auf. »Und falls Sie meinen juristischen Beistand brauchen …«
Johnnie lächelte grimmig. »Wohl kaum – nachdem ich mit den Grahams gesprochen habe.«
Am späten Abend, als Elizabeth bereits schlief, ging er in die Waffenkammer und erklärte seinen Gefolgsmännern, wie er gegen die Grahams vorgehen würde. »In der übernächsten Nacht sollen mich tausend Mann in Carter Bar treffen«, begann er und postierte sich unterhalb der englischen Fahne, die einer seiner Ahnherren in Bannockburn erobert hatte.
»Reitet in kleinen Gruppen dorthin. Abends kommen wir zusammen. Wir brauchen Leitern und Enterhaken.« Diese Anweisungen gab er in beiläufigem Ton, als ginge es nicht um eine blutige Schlacht, sondern um einen alltäglichen Vorgang.
»Darüber dürft ihr mit niemanden reden. Meine Frau und die Grahams sollen nichts erfahren. Da wir in der Überzahl sind, dürfte es uns nicht schwerfallen, die Graham-Brüder zu töten. Irgendwelche Fragen?«
»Weißt du, ob sie im Redesdale Forest sind?«
»Das wird sich am Morgen unseres Angriffs heraussteilen.«
»Vielleicht halten Sie sich in ihrem Schloß auf.«
»Das wäre möglich. Wenn wir es stürmen müssen, brauchen wir noch mehr Männer.«
Dann
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