Flehende Leidenschaft
lasten und er könnte für immer mit Elizabeth hierbleiben, im Paradies seiner Kindheit.
Vormittags gingen sie zur Falkenjagd. Elizabeth saß auf einer dicken Wolldecke und schaute den Männern zu, die ihrem Steckenpferd frönten. Entzückt beobachtete sie, wie die majestätischen Vögel hochstiegen, ihre Kreise zogen und reglos in der Luft hingen, um dann blitzschnell herabzustürzen und ihre Beute zu fassen.
Danach half Johnnie seinem alten Freund, die Falken zu füttern, und setzte ihr Gehege instand. Die Weibchen begannen bereits, ihre Nester für die Frühlingsbrut herzurichten. In diesen friedlichen Tagen ließ sich Elizabeth von Polwarth die Grundbegriffe der Kochkunst beibringen. Als sie ihre ersten Hafermehlfladen servierte, das Gesicht rußgeschwärzt und voller Mehl, strahlte sie vor Stolz und erntete lebhaften Beifall. Sie aßen das ofenwarme Brot mit Butter und Pflaumenmarmelade, und die neue Köchin triumphierte, weil alles bis zum letzten Krümel verspeist wurde.
Im Dachgeschoß lagen zwei Schlafkammern. Elizabeth und Johnnie teilten sich ein großes Vierpfostenbett. Eines Morgens, während sie noch unter der warmen Steppdecke lagen, zeigte er ihr die Initialen auf einem Balken über der Tür. »Die habe ich mit acht Jahren eingeritzt. Dafür brauchte ich einen ganzen Tag, weil das Eichenholz so hart ist.«
»Wie warst du denn als kleiner Junge?«
Er zuckte die Achseln. »Wahrscheinlich so wie alle Kinder – furchtbar neugierig. Von morgens bis abends bestürmte ich den armen Polwarth mit Fragen.«
»Kam Robbie auch hierher?«
»Ja, aber nicht so oft. Bei Mamas Tod war er erst vier, und danach gingen wir oft auf Reisen.« Er erwähnte nicht, daß sie im Kindbett gestorben war, ebenso wie das Baby. »Auch Papa trieb Handel auf dem Kontinent, und so verbrachten wir den Großteil unserer Zeit in Europa.«
»Woran ist deine Mutter gestorben?«
»Das weiß ich nicht«, log er, um sie nicht zu erschrecken. »Wie alt warst du, als du deine Mutter verloren hast?«
»Erst zwei. Ich erinnere mich kaum an sie. Später ersetzte mir meine Gouvernante die Mutter.« Nach einer Weile fügte sie lächelnd hinzu: »Aus ihrer Schule hast du mich entführt, an jenem Tag in Harbottle. Als du plötzlich in Priesterkleidung vor mir standest, hielt ich dich für einen Erzengel. Wie konnte ich ahnen, welch ein Schurke mich zur Geisel nehmen würde … Was für ein Trugbild! Ein Schürzenjäger, der wie ein Engel aussah!«
»Seither habe ich mich gebessert.«
»Dein Glück! Hoffentlich wird dieser Zustand anhalten.«
»Keine Bange. Nachdem ich die Liebe meines Lebens gefunden habe, interessiere ich mich nicht mehr für andere Frauen.«
Zärtlich schlang sie die Arme um seinen Hals. »O Johnnie, wir werden doch immer beisammenbleiben?«
»Natürlich, meine Süße. Nichts kann unseren Himmel auf Erden trüben.«
Aber an diesem Vormittag wurde der Friede gestört. Während der Falkenjagd stellten die beiden Männer fest, daß die Vögel immer wieder rastlos in die Ferne schweiften und kleine Kreise zogen. »Da müssen Leute sein«, bemerkte Polwarth.
»Ruf die Vögel zurück!« befahl Johnnie.
»Womöglich werden sie verfolgt.«
Wenig später kauerten die Falken auf den behandschuhten Händen ihrer Herren, Kapuzen über den Köpfen. So schnell es Elizabeths Zustand erlaubte, kehrten die drei zur Hütte zurück.
Nachdem sie die Falken ins Gehege gebracht hatten, erklärte Johnnie: »Ich gehe mal nachsehen, was da los ist.« Mit seinem Fernglas gerüstet, rannte er in den Wald hinter dem Häuschen und einen Hang hinauf.
Das Fernrohr vor den Augen, ließ er seinen Blick langsam über die Landschaft schweifen. Ein Priester wanderte eine Straße hinab, ein Reiter überquerte ein ungepflügtes Feld. Besonders aufmerksam inspizierte Johnnie das Gebiet, über dem die unruhigen Falken gekreist waren. Und plötzlich stockte sein Atem. Hinter einer Hecke ritt ein Dragoner hervor, gefolgt von anderen.
Achtzehn Soldaten … Der Offizier, der die Truppe anführte, hob eine Hand, um sie anzuhalten. Dann zeigte er in den Dens Forest, direkt in Johnnies Richtung.
Hastig senkte Johnnie das Fernglas. Wenn sich die Sonne in der Linse spiegelte … Rasch kehrte er in die Hütte zurück. »Eine Patrouille ist auf dem Weg hierher. Deshalb müssen wir sofort verschwinden.«
»Soll ich euch begleiten?« fragte Polwarth, und Johnnie schüttelte den Kopf.
»Bleib lieber hier. Falls sie die Hütte finden, halt sie auf.« Er nahm
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