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Fleisch essen, Tiere lieben

Titel: Fleisch essen, Tiere lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theresa Baeuerlein
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und Pflanzenmargarine statt Butter auf den Tisch. Für alle, die es noch nicht wissen: Der Geschmack und die Konsistenz fettarmen Käses entsprechen zu hundert Prozent Geschmack und Konsistenz von Plastikschnellheftern. Laut dem Schweizer Ernährungswissenschaftler Paolo C. Colombani ist die Empfehlung, möglichst wenig tierisches Fett und viele Kohlenhydrate zu essen, längst veraltet. ¹⁰¹ Selbst wenn es stimmen würde, wäre der Unterschied wahrscheinlich minimal: Eine Frau, die seit ihrem zwanzigsten Lebensjahr weitgehend auf gesättigte Fette verzichtet, würde wahrscheinlich gerade mal drei Wochen länger leben. Drei Wochen – die sie damit bezahlt, dass sie ihr ganzes Leben lang beim Essen ein schlechtes Gewissen hat. »Die ständige Sorge, ob wir uns richtig ernähren, schlägt wahrscheinlich mehr auf die Gesundheit als Cholesterin, Fett, Alkohol, Koffein oder Nikotin«, glaubt David Warburton, Psychopharmakologe an der University of Reading bei London. ¹⁰² Lebensmittel sind eben nicht nur die Summe der darin enthaltenen Nährstoffe, sondern auch immer Teil einer Kultur, in der Mahlzeiten bestimmte soziale und psychologische Funktionen erfüllen. Das gemütliche Frühstück im Bett, Kochen mit Freunden und Abendessen mit der Familie: Das ist Lebensqualität. Es mag nebensächlich scheinen, ist aber tatsächlich ein entscheidend wichtiger Punkt, wenn es um unser Wohlbefinden geht – und damit auch um unsere Gesundheit. Was bringt eine vermeintlich gesunde Ernährung, wenn das Essen einfach nicht befriedigt? »Einige der köstlichsten Bestandteile des Essens als Giftstoffe zu behandeln, wie die Ernährungswissenschaft uns im Fall von Fett beigebracht hat, hilft unserem Glücksgefühl als Esser wenig weiter«, glaubt Michael Pollan.
    Ein berühmtes Beispiel ist das französische Paradox. Es be schreibt ein Phänomen, das gängigen Ernährungsempfehlungen widerspricht, aber intuitiv sofort einleuchtet: Kurz gesagt, essen die Franzosen viele gesättigte Fette und trinken jede Menge Wein, leben damit aber insgesamt länger und sicherlich genussvoller als nervös auf ihre Ernährung achtende Amerikaner. »Ich frage mich, ob es nicht sinnvoller wäre, über ein amerikanisches Paradox zu sprechen – also bemerkenswert ungesunde Menschen, die von der Idee besessen sind, gesund essen zu müssen«, überlegt Pollan. ¹⁰³
    Dass heute weniger Menschen als früher an Herz-Kreislauf Erkrankungen sterben, liegt mit größter Wahrscheinlichkeit nicht daran, dass die Menschen sich gesünder ernähren, sondern daran, dass die Medizin Fortschritte gemacht hat. Es sind also nicht weniger Menschen von diesen Krankheiten betroffen als früher – wir können sie nur besser heilen.
    Gleichzeitig gibt es nicht wenige Anzeichen dafür, dass das Problem unserer Ernährung nicht im tierischen Fett liegt, sondern in einem grundsätzlichen Zuviel. Zu viel Fleisch macht krank, zu viele Körner machen auch krank. Es gibt überzeugende Hinweise darauf, dass die Entwicklung des Getreideanbaus und der vermehrte Verzehr dieser Körner anstelle der fleischlastigen Diät der Jäger und Sammler viele typische Zivilisationskrankheiten wie Fettsucht, Herzkreislauferkrankungen und Diabetes erst möglich gemacht haben. ¹⁰⁴ Bis vor 500 Generationen verzehrten alle Menschen eine Diät aus wilden, unverarbeiteten Nahrungs mitteln, die gesammelt und gejagt wurden. Darin enthalten waren viel mageres Eiweiß, mehrfache und einfache ungesättige Fettsäuren, Vitamine, Mineralien, Ballaststoffe. Studien und Knochenfunde zeigen, dass Jäger und Sammler insgesamt sehr gesund waren und keine Anzeichen der modernen Zivilisationskrankheiten aufwiesen. Vertreter der sogenannten Steinzeit-Diät meinen, wir seien genetisch immer noch an diese Art der Ernährung angepasst – der Wechsel zum Ackerbau fand menschheitsgeschichtlich erst vor kurzem statt, also vor etwa 10 000 Jahren. Eine Untersuchung der Wissenschaftler Staffan Lindberg, Loren Cordain und S. Boyd Eaton kommt zu dem Schluss: »Mageres Fleisch, Fisch, blättrige grüne Gemüse und Früchte sind aufgrund unserer langen, vor-landwirtschaftlichen, ursprünglichen Periode als gesundheitsfördernd zu empfehlen, da diese Lebensmittel die menschliche Evolution antrieben. Milchprodukte, Getreide, Bohnen, Salz, separierte Fette und raffinierte Kohlenhydrate, inklusive Zucker, sind ›neu‹. Es gibt zunehmende Beweise dafür, dass ihre Aufnahme in die menschliche Ernährung nachteilige Wirkung auf

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