Fleisch essen, Tiere lieben
der Frauenklinik der Universität Würzburg. Dort führten 2007 die Ärztin Dr. Melanie Schmidt und die Biologin Ulrike Kämmerer eine Studie mit schwer kranken Krebspatienten durch. ¹⁰⁸ Die Patienten wurden auf eine Diät gesetzt, in der fast keine Kohlenhydrate vorkamen, die Energiequelle bestand aus hochwertigen Pflanzenölen und tierischem und pflanzlichem Eiweiß. Der Ansatz der beiden Wissenschaftlerinnen basierte auf dem Warburg-Effekt: 1924 veröffentlichte der deutsche Nobelpreisträger Otto Warburg seine Beobachtung, dass Krebszellen einen anderen Stoffwechsel haben als gesunde Zellen. Krebszellen brauchen für ihren Stoffwechsel Glukose. Indem man den Krebzszellen in den Körpern der Kranken also mit Hilfe einer entsprechenden Diät buchstäblich nichts zu futtern gäbe, müssten, so die Idee, deren Tumore schrumpfen. Einigen der bereits todgeweihten Patienten ging es tatsächlich nach drei Monaten wesentlich besser. Aber einmal ganz abgesehen davon, dass diese Studie ein Hoffnungszeichen für die Behandlung von Krebs ist, brachte sie eine interessante Nebenerkenntnis: Ein Teil der Kranken stieg aus dem Versuch aus – weil sie schlicht nicht auf Zucker verzichten konnten oder wollten. Der amerikanische Arzt und Autor Michael Eades kommentiert das in seinem Blog folgendermaßen:
»Eine lebensrettende Therapie wird Patienten angeboten, die das Elend von Bestrahlungstherapie, Chemotherapie und Operationen durchgemacht haben, für die es keine Hoffnung mehr gibt, und diese Therapie verlangt nichts weiter, als den Verzehr von viel Butter, Fleisch, Sahne, Käse etc. und den Verzicht auf die meisten Kohlenhydrate. Und eine nennenswerte Anzahl von Patienten steigt aus, weil sie nicht auf Kohlenhydrate verzichten können? … Und Sie dachten, Kohlenhydrate würden nicht süchtig machen?« ¹⁰⁹
Auch Sojaprodukte wiederum, die gerne als Fleischersatz benutzt werden, gelten zu Unrecht als besonders gesund. Soja ist ein problematisches Lebensmittel – und zwar nicht nur deswegen, weil für die Pflanzung von Sojabohnen Regenwälder abgeholzt werden. Denn der weitaus größte Teil des Soja, das auf ehemaligen Regenwaldflächen wächst, landet in den Mägen von Tieren, die damit gemästet werden. Aber gerade konventionelle Sojabohnen werden fast nur noch in der genetisch modifizierten Variante angebaut. Und die langfristigen Folgen des Verzehrs von genetisch verändertem Soja sind noch nicht bekannt. In Asien, das in Sachen Ernährung viel bewundert wird, gehört Soja zur täglichen Ernährung – allerdings gehen die Asiaten mit der Bohne deutlich anders um als wir. Soja gibt es dort meist in fermentierter Form, wie Sojasauce und Tempeh. Der Fermentationsprozess baut Giftstoffe ab und macht die Bohnen leichter verdaulich.
Als Fleischersatz sind Sojabohnen längst nicht so gesund, wie gemeinhin angenommen wird. Oft sind sie stark verarbeitet und können sogar Rückstände giftiger Chemikalien enthalten. Um dem Kundengeschmack einer möglichst fettarmen Ernährung zu entsprechen, versuchen die Hersteller von Sojaprodukten, ihren fleischlosen Burgern, Würsten und Tüten mit vegetarischer Bolognese möglichst viel Fett zu entziehen. Eine Studie des Cornucopia Instituts stellte fest, ¹¹⁰ dass eine beliebte und billige Methode darin besteht, das Öl der Sojabohnen mit Hilfe eines Hexanbads von den Sojaproteinen zu trennen. Hexan aber ist, kurz gesagt, ein starkes Umweltgift. Es entsteht als Nebenprodukt bei der Raffinierung von Benzin und kann beim Menschen schwere Nervenschäden und Hautprobleme verursachen.
Sojabohnen, die in Hexan gebadet haben, werden vor allem f ür stark verarbeitete Sojaprodukte verwendet, also jene Produkte, die man gemeinhin für gesunden Fleischersatz hält, beispielsweise die an Geschnetzeltes erinnernden texturierten Sojabrocken, die es mittlerweile schon fast in jedem Supermarkt gibt. Auch Sojaburger und fleischlose Hackfleischsaucen werden oft mit dieser Art Soja hergestellt. Bioprodukte dürfen die mit Hexan behandelten Bohnen nicht enthalten.
Fleisch ist längst nicht so schlecht wie sein Ruf. Der Ruf von Soja und Kohlenhydraten, wie sie in Reis, Brot, Nudeln und Cornflakes enthalten sind, ist dafür um so besser – zu Unrecht. Fleisch kann sogar gesund sein – in mäßigen Mengen. Genau daran hapert es aber. Wir leben in einer Gesellschaft, in der Fleisch zum Grundnahrungsmittel geworden ist. Man erinnere sich nur an den Slogan, mit dem Fruchtzwerge lange Zeit vermarktet
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