Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Fleisch essen, Tiere lieben

Titel: Fleisch essen, Tiere lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theresa Baeuerlein
Vom Netzwerk:
Ländern zu bekämpfen, sondern Kleinbauern beim Anbau von Getreide zu unterstützen. ⁸⁸ Auch OXFAM rät dringend, Lebensmittelhilfe auf den lokalen Märkten der Länder zu kaufen, in denen die Hilfe geleistet werden soll. ⁸⁹ Denn gerade die kleinen Bauern, nicht die Agrarriesen, sind das Rückgrat der Welternährung, weil sie den größten Teil aller Lebensmittel produzieren – auf Höfen, die kleiner sind als zwei Fußballfelder. Gleichzeitig machen verarmte Bauern und ihre Angehörigen unter den Allerärmsten der Welt die große Mehrheit aus.
    Nun muss das Getreide ja nicht unbedingt aus Industrieländern in Entwicklungsländer exportiert werden. Die Industrieländer könnten auch auf Fleisch verzichten und das gesparte Getreide selbst essen. »Wenn alles Getreide, das in den USA zur Zeit an Nutztiere verfüttert wird, direkt von Menschen konsumiert werden würde, läge die Anzahl der Menschen, die satt werden könnten, bei 800 Millionen«, erklärte David Pimentel, Ökologieprofessor am Cornell University’s College, schon 1997. ⁹⁰ Pimentel wendete sich damit aber nicht gegen Fleischverzehr an sich. Sondern wieder – gegen die Getreidefütterung.
    Die Weltbevölkerung wird wachsen. Von heute 6,5 Milliarden auf über neun Milliarden Menschen im Jahr 2050. Und damit wird auch der Appetit auf Fleisch größer werden. Mittlerweile haben wir uns nicht nur selbstverständlich an ein riesiges Nahrungsmittelangebot dank riesiger Ernten gewöhnt, wir sind auch auf sie angewiesen. Zumindest dann, wenn wir unseren Lebensstil aufrechterhalten wollen, und erst recht, wenn Länder wie China und Indien sich unsere Essgewohnheiten zulegen. Früher aßen die Chinesen nur wenig Fleisch, denn Fleisch war eine Beilage, Hauptgericht war Reis. Heute entwickelt sich die Nachfrage nach Fleisch nirgends so stark wie im Osten Asiens. »Wenn der Fleischverbrauch der Entwicklungsländer so hoch ansteigt, dass er an unseren Level heranreicht, würde das globalem Selbstmord entsprechen«, meint Mark Bittman. ⁹¹
    Seit Regionen wie China, Russland und die arabischen Länder mehr Milch verbrauchen, die Nachfrage also wächst, steigen auch die Preise für Milchprodukte. Ein Viertel der deutschen Milch wird bereits ins Ausland exportiert. Die niederländische Rabobank, einer der weltweit größten Kreditgeber für landwirtschaftliche Produkte, hat ausgerechnet, dass der Milchkonsum seit dem Jahr 2000 um jährlich 13 Milliarden Liter zugenommen hat. Ähnliches wird vermutlich mit Fleisch passieren. Der jährliche Fleischverzehr pro Kopf wird in Ostasien bald über die 50-Kilo-Marke klettern, schätzt die FAO, und wird dann also fast so hoch sein wie in Deutschland. Fest steht: Je mehr Fleisch die Menschen verzehren, desto mehr Getreide braucht die Welt, um alle satt zu kriegen. Diese Fleischmassen lassen sich nur mit Kraftfutter erzielen. Das ist in der Tat eine beunruhigende Vor stellung. Klimaforscher Henning Steinfeld meint deshalb: »Grass- Fed-Beef ist Quatsch. Die Leute müssen aufhören, in Grass-Fed- Beef eine Lösung zu suchen, das ist Nostalgie.« ⁹² Sein Argument: Es ist egal, wie die Menschen in den Industrieländern sich ernähren, da der Appetit der Schwellenländer auf Fleisch der ent scheidende Faktor ist. Wenn man aber diesen Gedanken zu Ende denkt, ist eigentlich alles egal. Wenn man jede bewusste Lebensweise im Schatten des möglicherweise umweltschädlichen Verhaltens von 1,3 Millliarden Chinesen sieht, kann man auch einfach Tee trinken und das Ende abwarten. Steinfelds Alternative, noch intensiviere Massentierhaltung, ist gar keine, denn sie zerstört sich auf absehbare Zeit selbst. Die einzige realistische Alternative – und realistisch heißt nicht einfach – besteht in dem, was Steinfelds eigener Arbeitgeber, die FAO, in ihrem Weltargrarbericht verlangt: Nachhaltige Landwirtschaft. Bezogen auf das Welthungerproblem ist der entscheidende Punkt nicht die Frage, ob eine nachhaltige Landwirtschaft die neun Milliarden Menschen der Zukunft ernähren kann. Die Antwort kennt keiner, da wir es nicht probiert haben. Das Einzige, das wir mit Sicherheit wissen, ist, dass unsere jetzige Landwirtschaft die Menschen nicht ernährt – trotz der Massen an Nahrung, die sie produziert.

11
    Steaks sind keine Sargnägel
    Jahrelang war ich sicher: Sich vegetarisch zu ernähren war einfach gesünder, grundsätzlich. Es gibt diesen Mythos. Selbst überzeugte Fleischesser glauben daran. Tatsächlich gibt es dafür, wie der

Weitere Kostenlose Bücher