Fleisch und Blut 2: Thriller (German Edition)
das erste Glas geleert hatte und sich ein zweites einschenkte.
Wieder randvoll.
Voller Einsatz, Teddy Boy. Alles oder nichts...
Teddy wusste nicht, warum er das tat . Der Wunsch zu trinken entsprang einem dunklen Ort seines Verstandes, den er bis zu diesem Zeitpunkt nicht gekannt hatte. Einen Ort, dachte Teddy, den die meisten Männer nicht kannten, die früh geheiratet hatten.
Und bei Gott, dachte er, er hatte früh geheiratet. Mit gerade einmal neunzehn Jahren war er im Hafen der Ehe eingelaufen und für die nächsten 49 Jahre dort geblieben. Seine Frau Myra war es gewesen, dachte Teddy, die ihn vor all den Torheiten eines unsteten Junggesellenlebens bewahrt hatte.
Und zu einer der größten Torheiten eines derartigen Lebens hätte nun einmal das Trinken gehört. Dass daran kein Zweifel bestand, hatte er bei all seinen Freunden erlebt, die Junggesellen geblieben waren.
Sie waren alle samt Säufer gewesen. Jeder einzelne von ihnen - ohne Ausnahme. Der eine vielleicht mehr und der andere weniger – aber alle hatten sie auf ihre Art versucht, die Leere in ihrem Leben mit dem Fusel aufzufüllen. Nur wenige hatten im Laufe der Zeit kapiert, dass es eine Sisyphusarbeit war, der sie sich verschrieben hatten. Alle anderen, die nicht zu der Einsicht kamen, waren an dieser Aufgabe zugrunde gegangen.
Sie waren an ihrem Durst krepiert.
Als Mann, dachte Teddy, war man ohne Frau aufgeschmissen. Wenn man tüchtig war und die Arbeit nicht scheute, konnte man zwar sein Überleben sichern, aber ohne eine Frau hatte das alles keinen Wert.
Gar keinen...
Früher hatte er geahnt, dass es so war. Doch seitdem Myra tot war, war aus der Ahnung Gewissheit geworden. Eine überaus schmerzliche Gewissheit.
Umso mehr empfand Teddy Scham vor sich selbst, über das, was er in diesem Augenblick tat. Dennoch dachte er nicht daran, damit aufzuhören und die Kneipe zu verlassen. Stattdessen hob er sein Glas und brachte sogar einen Toast aus:
„Ein Hoch auf Plain Rock“, sagte Teddy zu sich selbst, „und ein Hoch auf Teddy Barnes und die gottverdammten Bamboo Rats – wer auch immer sie sein mögen.“
Dann hob er das Glas und leerte es in einem Zug. Der Whiskey glitt seine Kehle hinab und hinterließ eine feurige Schneise, die direkt in seinen Magen führte. Kaum hatte Teddy das Glas geleert, spürte er auch schon, wie sein Körper gegen diesen Überfall rebellierte:
Seine Bauchmuskeln verkrampften sich und er begann zu würgen. Doch anstatt den Dingen ihren Lauf zu lassen und sich zu übergeben, biss Teddy einfach die Zähne zusammen und wartete darauf, dass sich dieser Impuls wieder legte.
Es war ein schwieriger Kampf, den er in diesen Sekunden ausfocht. Doch schließlich ließen die Krämpfe nach und auch der Brechreiz legte sich wieder. Teddy atmete ein paarmal tief durch und wischte sich mit dem Handrücken die Tränen aus den Augen.
Währenddessen konnte er bereits spüren, wie ihm der Alkohol allmählich zu Kopf stieg. Dicke Schwaden zogen durch seinen Verstand und erzeugten dabei ein aufregendes Kribbeln, das immer mehr in ein leichtes Schwindelgefühl überging.
Das war ein sicheres Anzeichen dafür, dachte Teddy, dass er genug hatte.
Mehr als genug...
Doch obwohl er das wusste, gelang es ihm nicht, den Blick von der Flasche zu lösen, die vor ihm auf dem Tresen stand. Ein verirrter Sonnenstrahl erhellte ihren Inhalt und verlieh ihm einen verheißungsvollen goldbraunen Schimmer.
Und obwohl Teddy schon längst nicht mehr nüchtern war, so wusste er dennoch, wie in diesem Fall die Verheißung lautete:
Vergessen...
Die Vorstellung war zwar verlockend, dennoch zögerte er. Klar, dachte Teddy, ein weiteres Gläschen würde ihn schon nicht umbringen. Gleichzeitig ahnte er aber auch, dass es nicht ratsam wäre, sich einen weiteren Drink hinter die Binde zu kippen. Denn so wie die Dinge standen, konnte es durchaus sein, dass es ihn umbrachte. Zwar nicht der Fusel selbst, dachte er, aber keinen klaren Kopf zu haben, konnte durchaus gefährlich sein.
Die ganze verdammte Stadt war voller Monster und mit seinem gebrochenen Arm war er ohnehin schon geschwächt und angreifbar. Sich zudem noch vollends zu betrinken, dachte er, käme unter diesen Umständen beinahe einem Todesurteil gleich.
Mit Sicherheit sogar...
Doch trotz all dieser Bedenken gelang es ihm nicht, den Blick von der Flasche zu lösen. Er starrte sie gebannt an und ein Teil seines Bewusstseins akzeptierte in diesem Augenblick sogar die Gefahr, die davon ausging.
Weitere Kostenlose Bücher