Fleisch und Blut 2: Thriller (German Edition)
verließ er die Straße und betrat den Bordstein direkt vor den Kneipen. Dann blieb er stehen und besah die Fassaden der Lokale, die einander ähnelten, wie ein Ei dem anderen:
Der Putz war schon seit Jahren ausgebleicht und geschwungene Neonreklam en waren matt und schwarz. Alles sah ein bisschen heruntergekommen aus.
Teddy empfand keines der Lokale als einladend und schätzte, dass sich der trostlose äußere Zustand auch im Inneren fortsetzen würde. Er war zwar nie ein großer Trinker gewesen und hatte daher nicht sehr viel Zeit seines Leben s in Bars und Kneipen verbracht, dennoch ahnte er, was ihn im Inneren der Gebäude erwarten würde, die sich dicht an dicht entlang der Mainstreet drängten:
Ein klebriger Fußboden und stickig heiße Luft, in der die Gerüche von Bierdunst und Zigaretten qualm ständig um die Vorherrschaft rangen.
Mit einem kräftigen Unterton von Schweiß und Erbrochenem...
Man musste schon hier leben, dachte er, um in derartigen Spelunken ungeniert seine Abende zu verbringen. Er wollte gerade weitergehen, als am Rande seines Blickfeldes etwas seine Aufmerksamkeit auf sich zog.
Er drehte sich um und erblickte gleich darauf das Plakat. Es war knallgelb und an einer der Kneipentüren angeschlagen. Auf den ersten Blick sah es so aus, dachte Teddy, als würde es eine Veranstaltung ankündigen – ein Konzert vielleicht oder einen Tanzabend. Doch das allein war es nicht, was ihn dazu brachte, zurückzugehen und sich das Plakat genauer anzusehen.
Vielmehr war es die Überschrift, die seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Teddy las sie ein weiteres Mal, um sich davon zu überzeugen, dass ihm seine Augen keinen Streich spielten.
Doch das taten sie nicht. Auf dem Plakat stand in großen Lettern geschrieben:
„TEDDY BARNES & THE BAMBOO RATS“
Was für ein Zufall, dachte Teddy, was für ein gottverdammter Zufall. Eine Band, in der sein Name vorkam. Nicht nur sein Name, dachte er, sondern der Spitzname, den ihm seine Frau Myra gegeben hatte. Und das in einer Kleinstadt, dachte er, irgendwo am Arsch der Welt.
Außerdem stand dort auch noch „Bamboo Rats“ geschrieben.
Bambusratten …
Es war der Spo ttname, dachte Teddy, den er und seine Jungs dem Vietkong verpasst hatten, nachdem sie es eines Tages leid waren, diese verdammten Arschlöcher ständig nur Charlie zu nennen. Nein, dachte er weiter, stattdessen hatten sie ihnen einen Namen verpasst, der auch wirklich zu ihnen passte. Einen Namen, der all ihre Gefühle gegenüber dem Feind auf einen einzigen Nenner brachte:
Bambusratten…
Teddy konnte nicht anders – trotz seiner Ängste und Sorgen huschte ihm ein Lächeln über die Lippen und sorgte dafür, dass er sich kurzzeitig entspannte.
Doch es blieb nicht allein bei der Entspannung. Plötzlich kam ihm dieses vergilbte Plakat vor wie der berüchtigte Wink mit dem Zaunpfahl, mit dem das Schicksal seinen Gedanken auf die Sprünge zu helfen versuchte. Und obwohl es ein paar Augenblicke dauerte, so blieb der gewünschte Effekt nicht aus:
Die Kneipe kam Teddy mit einem Mal unglaublich einladend vor. Und das zu Recht, dachte Teddy, denn die Luft auf der Straße war schwer vom Geruch verbrannten Fleisches.
Menschenfleisches...
Es war ein süßlicher Gestank, der nur schwer einzuordnen war. Doch nicht für Teddy. Denn Teddy kannte diesen Gestank– er kannte ihn sogar außerordentlich gut, dachte er. Es war eine Mischung aus gebratenem Hähnchen und Karamell. Ein süßlicher Geruch, der sich einem auf die Schleimhäute legte und einen jeden Atemzug verfluchen ließ, den man tat.
So hatte es gerochen, dachte Teddy, als in seinem ersten Jahr in Vietnam ein Panzer ausgebrannt war – mitsamt der vierköpfigen Besatzung, die es nicht rechtzeitig schaffte, sich in Sicherheit zu bringen.
Genau so...
Teddy wusste, dass es im Inneren der Kneipe vielleicht auch nicht gerade nach Frühlingsblumen riechen würde. Dennoch schien ihm Bierdunst und der kalte Geruch von Zigarettenqualm in diesem Augenblick ansprechender als der widerliche Geruch verbrannten Menschenfleisches.
Ohne weiter darüber nachzudenken, trat er einen Schri tt vor, ergriff die Türklinke und betätigte sie. Für einen kurzen Augenblick glaubte er, einen Widerstand zu spüren, so als sei die Tür verschlossen. Doch gleich darauf sah er, dass er sich geirrt hatte.
Die Tür ging auf und er trat ein.
An die Gefahren, die vielleicht im Inneren lauerten, verlor er in diesem Augenblick keinen Gedanken.
42.
Andy hatte
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