Fleisch und Blut - Der Kannibale
Von mir aus können Sie Mittagessen gehen.»
«Wie können Sie jetzt ans Essen denken!» Köppel tippte mit seinem Zeigefinger an die Schläfe.
Auch Aemisegger war nicht nach Essen zumute.
«Abgeschlachtet wie ein Tier ...!»
«Das ist unglaublich, Chef. Und sagen Sie: weshalb verstreut ein Mörder die Knochen mitten im Wald?»
«Wir haben einiges zu klären! Und wir müssen verhindern, dass der Täter ein weiteres Mal zuschlägt!»
Der Mitbewohner
«Polizei?» Ein verschlafen wirkender, verdatterter Remo Iseli öffnete den beiden Kommissaren die Wohnungstür. Aemisegger war noch etwas ausser Atem. Natürlich hatte es in diesen alten Wohnblöcken in Zürich-Altstetten keinen Lift und Iseli wohnte im vierten Stock.
«Guten Tag, Herr Iseli. Mordkommission Zürich. Wir kennen uns bereits.»
«Mordkommission? Am Morgen früh?»
Es war elf Uhr.
«Können wir reinkommen?» Kommissar Köppel war auf Zack.
«Muss das sein? Ok, dann halt.»
Da die beiden Herren von der Polizei das Chaos in seiner Wohnung keines Blickes würdigten, entspannte sich Iseli und wirkte wacher als er fragte:
«Geht’s um Lukas? Haben Sie ihn gefunden?»
«Ja.»
«Wo haben Sie Lukas gefunden? Was ist mit ihm?», fragte Iseli.
«Lukas Brennwald wurde ermordet aufgefunden», informierte ihn Aemisegger in ernstem Ton.
«Ermordet? Ja Halleluja! Nein, das glaube ich jetzt nicht, oder? Wer soll denn den Lukas schon ermorden?»
«Wir haben gehofft, Sie könnten uns weiter helfen.»
Remo Iseli war ein fragiler junger Mann mit wuscheligem Haar und blassem Teint. Das einzig Markante an ihm war neben den dunklen Augenringen sein abgelöschter Gesichtsausdruck. Auf wackligen Beinen stand er da und wusste nicht, wie er den Polizisten gegenübertreten sollte. Vor allem hatte er eben noch eins gekifft, die ganze Hütte war mit Marihuana-Duft eingeräuchert. Aber Köppel war die Zimmerluft schnuppe. Er hatte nur eines vor Augen: das Bild eines abgeschlachteten Menschen.
Aemisegger wollte von Iseli wissen: «Wann haben Sie Ihren Mitbewohner das letzte Mal gesehen?»
«Vor etwa drei Wochen. Weshalb fragen Sie mich das? Ich kann nicht mehr dazu sagen, als ich es Ihnen bei der Vermisstenanzeige bereits mitgeteilt habe.»
«Vor drei Wochen, sagten Sie. Wo wollte Herr Brennwald hin, als er das letzte Mal aus dem Haus ging, was wissen Sie darüber?»
Den Ernst der Lage hatte Iseli jetzt erfasst. Er gab Kommissar Köppel, der ihn um zwei Köpfe überragte, zur Antwort: «So genau informierte mich Lukas nicht über seine Aktivitäten. Wenn er überhaupt mal wegging. Gewöhnlich war er zu Hause, am Computer, am Gamen. Selten telefonierte er mit seiner Schwester oder mit Tobi. Ah, warten Sie, so wie ich mich erinnere, wollte er mit Tobi ins Fitness.»
«Wer ist Tobi?»
«Tobias Frieden. Unser ehemaliger Mitbewohner. Wir haben jahrelang zusammen in einer Wohngemeinschaft gelebt. Tobi ist dann aber vor einigen Monaten ausgezogen, um mit seiner neuen Freundin zusammenzuleben.»
«Wo finden wir Tobias Frieden?»
Es nervte Köppel, dass er dem Kiffer jedes Wort aus der Nase ziehen musste.
Aemisegger reichte Iseli Block und Kugelschreiber, während Köppel drängte: «Ins Fitness wollte Herr Brennwald also? Hatte er sonst noch etwas vor an diesem Tag?»
«Nein, nicht dass ich wüsste. Tobi rief mich gegen Abend an, eigentlich wollte er den Lukas sprechen, aber der war ja nicht da. Tobi sagte mir dann, dass Lukas gar nicht zum Fitten gekommen sei.»
«Seltsam.»
«Natürlich ist es seltsam, vor allem, dass Sie hier bei mir in der Wohnung stehen und behaupten, Lukas sei tot!», rief Iseli. Er war nun sichtlich von der Rolle.
«Bedaure, Herr Iseli, wir hätten Ihnen gerne eine angenehmere Botschaft überbracht.»
«Ich kann Ihnen echt nichts dazu sagen. Lukas war ein verschlossener Mensch, der niemandem Böses wollte. Er hatte keine Feinde, wenn Sie darauf hinaus wollen.»
«Versuchen Sie, sich zu erinnern, was vor drei Wochen war. Wollte er sich noch mit jemand anderem treffen?»
«Ich sagte es bereits: Nein. Und sonst wüsste ich es nicht. Fragen Sie doch mal den Reini, äh, Herrn Reinwarth, unseren Nachbarn. Mit ihm hatte Lukas hin und wieder Kontakt. Die zwei sind mal zusammen zur Schule gegangen. Ja, vielleicht weiss Reini etwas.»
«Gut. Dann werden wir gleich noch beim Nachbarn vorbeischauen. Wo genau wohnt er?»
«Die Tür gegenüber.»
«Haben Sie vielen Dank, Herr Iseli. Und danke für die
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