Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)
Mädchen, das im Zeltlager einer Gruselgeschichte lauschte. Dennoch konnte sie die Faszination nicht leugnen, die von Johns Erzählung ausging. Auch wenn sich natürlich herausstellte, dass es sich bei der Geschicht e nur um See mannsgarn der übelsten Sorte handelte, dachte sie, so war sie dennoch zutiefst davon beeindruckt, mit welchem Eifer John sie vortrug. Ein kalter Schauder kroch langsam wie ein Reptil durch ihre Glieder und ließ sie frösteln.
„In diesem Moment schaute auch Jack nach oben und begann zu schreien. Er schrie was sein e Lungen hergaben und ich glaube, ich habe auch geschrieen. Doch das beeindruckte den Dämon nicht . Er schwebte von der Decke herab und stand uns schließlich gegenüber. Er grinste uns an und ein Blick bohrte sich mir durch die Augen ins Gehirn, wie ein rostiger Nagel. Wir saßen in der Falle.“
Die Zigarette in Johns Hand war völlig aufgeweicht und Tabakbrösel verteilten sich bei jeder seiner Handbewegungen auf der Tischplatte. Außerdem konnte Claire sehen, wie die Hände des Mannes zitterten. Kaum merklich, aber doch.
„Woher wuss ten Sie, dass es ein Vampir war? Es hätte ebenso gut ein Mann mit einer Maske sein können“, sagte Claire und wunderte sich gleichzeitig über den Blick, mit dem John sie maß. Es war der Blick , mit dem man für gewöhnlich einen Verrückten bedachte, der einem erzählte, dass der Mond aus Käse war.
„Ein Mann mit einer Maske schwebt nicht einfach an der Decke, Darling. Ebenso leuchte te n seine Augen rot – so rot wie das Höllenfeuer selbst . Aber das W ichtigste ist: Selbst ein Mann mit einer Maske hält keine drei Schüsse aus, die man ihm aus nächster Nähe mitten in die Brust pumpt. G enau das hat Jack nämlich getan : E r hat seinen Revolver gezogen und dreimal abgedrückt. Und ich schwöre beim Grab meiner Mutter, dass alle Kugeln ihr Ziel getroffen haben. Mir sausen i mmer noch die Ohren von dem Krach .“
„Und was ist dann passiert?“
„ Nichts ist passiert. Zumindest nicht mit dem Vampir. Er besah die Löcher in seiner Brust, dann stürzte er auf uns los. Jack leerte die Trommel des Revolvers und dann flüchteten wird aus dem Keller. Doch das Monster ließ sich nicht abwimmeln. Es folgte uns auf die Kellertreppe und jagte knurrend hinter uns her , wie ein tollwütiger Hund . Wir stürmten durch die Gänge des Hauses zurück in die Garage und flohen durch das hochgezogene Tor hinaus ins Sonne nlicht und damit in Sicherheit. “
Claire kannte sich grob mit dem Mythos über Vampire aus und wusste d aher von der verheerenden Wirkung, die Sonnenlicht angeblich auf sie hatte.
„ Do ch es half nichts, er fol gte uns hinaus in die Auffahrt. Ins Sonnenlicht . Können Sie sich das vorstellen? Ein Vampir, der am helllichten Tag einen Spaziergang macht?“
Claire wusste nicht genau, was sie darauf erwidern sollte. Deswegen machte sie nur einen überraschten Gesichtsausdruck und zog die Schultern ein bisschen hoch.
„Ich auch nicht, aber ich habe es mit eigenen Augen gesehen.“
John atmete tief durch und lehn te sich i m Stuhl zurück.
„War das alles, was Sie mir er zählen wollten?“, fragte Claire schließlich.
John kniff die Augen zusammen und musterte sie eingehend, so wie ein Schmuckhändler manchmal einen Edelstein mustert, um ihn auf seine Echtheit zu überprüfen.
„ Ich habe es gewusst“, sagte er schließlich .
„ Was haben Sie gewusst?“, fragte Claire.
„Dass Sie nicht die sind, die Sie vorgeben zu sein .“
Claire, die sich ohnehin schon wie in einem absurden Theaterstück vorkam, überlegte kurz, ob sie versuchen sollte , den Schein zu wahren. Sie entschied sich dagegen. Ihr kam es vor, als würde es ohnehin keinen Unterschied machen, wer sie wirklich war. Dennoch brannte sie darauf zu erfahren, wie John die Rochade zwischen Amanda und ihr durchschaut hatte .
„Was hat mich verraten?“, fragte sie.
Johns Unterkiefer glitt von einer Seite zur anderen , so als wollte er die Worte erst in mundgerechte Stücke zermahlen, bevor er sie aussprach.
„Sie haben von alledem kei ne Ahnung. Das hat sie verraten . Wer auch immer die Kommentare in das Forum geschrieben hat, war offensichtlich am Rande eines Nervenzusammenbruches. Für Sie hingegen sind Vampire nichts weiter als Humbug und Spinnerei. Ich vergeude hier meine Zeit, Lady. “
Auch wenn Johns Worte wohl gewählt waren, so konnte Claire dennoch einen Funken Verbitterung in seinen Augen lesen.
„Verzeihen Sie bitte“, sagte Claire,
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