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Fleisch und Blut

Fleisch und Blut

Titel: Fleisch und Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Football-Training bis sieben, und ich hab ihn immer abgeholt und mit ihm im Coop zu Abend gegessen, und dann hat er mich wieder ins Wohnheim begleitet. Kurz nachdem ich zurückkam, ist Shawna gegangen. Ich hab eine Weile gelernt, bin ins Bett gegangen, und als ich aufwachte, war sie immer noch nicht zurück.«
    »Ist sie häufiger in die Bibliothek zum Lernen gegangen?«
    »Das nehme ich an.«
    »Sie sind nicht sicher?«
    An der Hand, mit der sie den Kugelschreiber gepackt hielt, traten die Fingerknöchel hervor. »In den Zeitungen - vor allem in der Campus-Zeitung - stand, in keiner der Bibliotheken hätte sich jemand an Shawna erinnern können. Um den Anschein zu erwecken, Shawna hätte gelogen. Aber die Bibliotheken sind riesengroß, was beweist das also? Ich hatte keinen Grund, an ihr zu zweifeln.«
    Schritte und Lachen veranlassten sie, den Gang hinunterzusehen. Eine Gruppe von Leuten in Anzügen kam vorbei, und jemand rief ihren Namen. »Hey, Jungs«, sagte sie, ließ das sonnige Lächeln aufblitzen und schaltete es ab, als sie uns ansah. »Ist das alles?«
    »Als Shawna ging, hat sie da Bücher bei sich gehabt?«
    »Das muss sie wohl«, sagte Mindy.
    »Das muss sie wohl?«
    »Selbst wenn sie nicht die Wahrheit gesagt hat, was das Lernen betrifft, hätte sie sich doch abgesichert, oder? Ich meine, wenn sie keine Bücher dabeigehabt hätte, hätte ich etwas gesagt. Und das hab ich nicht getan. Also muss sie Bücher dabeigehabt haben. Andernfalls hätte ich das bemerkt.«
    »Logisch«, stimmte Milo zu. »Aber erinnern Sie sich speziell daran, Bücher gesehen zu haben?«
    Blaue Augen tanzten auf und ab. »Nein, aber ... warum zweifeln Sie an ihr?«
    »Ich versuche nur so viele Einzelheiten wie möglich zu sammeln, Ma'am.«
    »Nun, ich kann Ihnen nach all der Zeit keine Einzelheiten liefern, aber logisch ist, dass sie Bücher dabeihatte. Wahrscheinlich Psychologiebücher. Das war alles, was Shawna las, sie hat sich wirklich dahinter geklemmt - Psychologie, Medizin. Alles, was sie getan hat, war lernen.«
    »Eine Streberin«, sagte ich, als ich mich an das Wort erinnerte, das sie Adam Green gegenüber benutzt hatte.
    »Nicht in einem unangenehmen Sinn. Sie verstand nur keinen Spaß, wenn es um ihre Noten ging ... Glauben Sie, sie könnte noch am Leben sein?«
    »Alles ist möglich«, sagte Milo.
    »Aber unwahrscheinlich.«
    Milo zuckte mit den Schultern.
    Mindy schloss die Augen und öffnete sie wieder. »Sie war so schön.«
    »Wenn Shawnas Geschichte von der Bibliothek nur eine Geschichte war, was wollte sie dann Ihrer Ansicht nach verheimlichen?«
    »Ich glaube nicht, dass sie etwas verheimlichte, und falls sie das tat, habe ich keinen blassen Schimmer.« Der Kugelschreiber rutschte ihr aus der Hand. Sie reagierte rasch und fing ihn auf.
    »Vielleicht hat sie ein Geheimnis daraus machen wollen, dass sie einen Freund hatte«, sagte Milo.
    Mindy leckte sich über die Lippen. »Warum sollte sie das geheim halten wollen?«
    »Das möchte ich von Ihnen wissen«, sagte Milo sanft.
    Mindy rückte von ihm ab. »Ich habe keine Ahnung.«
    »Hatte Shawna einen Freund, Ms. Jacobus-Grieg?«
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    Milo zog sein Notizheft zu Rate. »Komisch, als ich mir die Akte ansah, hab ich mir etwas über einen Freund abgeschrieben. ... Aus irgendeinem Grund nahm ich an, diese Information stammte von Ihnen.«
    »Auf keinen Fall. Warum sollte ich das jemandem sagen?«
    »Dann muss es ein Irrtum sein. Nun ja, mal sehen.«
    Die weiche Haut hinter Mindys Ohren war zart errötet. Milo begann in seinem Notizbuch zu blättern. Weiße Seiten. Von ihrem Standort aus konnte Mindy das nicht sehen. »Hier ist es ... ›Eventuell Freund. Vielleicht älterer Typ.‹ Von MJ.« Er hob den Blick und schaute Mindy unschuldig an. »Ich nahm an, ›MJ‹ wären Sie, aber vielleicht ist da was durcheinander geraten.«
    »Wahrscheinlich.« Die Röte hatte Mindys Wangen erreicht.
    Milo trat leicht mit dem Absatz seines Schuhs gegen die Wand. »Reden wir rein theoretisch, okay? Falls Shawna einen älteren Freund hatte, haben Sie eine Idee, wer das hätte sein können?«
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Ich dachte nur, Sie beide haben zusammengewohnt, waren eng befreundet -«
    »Wir haben zusammengelebt, waren aber nicht eng befreundet. Und es waren ohnehin nur zwei Monate.«
    »Also war Shawna gar nicht Ihre Freundin?«, fragte ich.
    »Wir kamen gut miteinander aus, aber wir waren verschieden. Zum einen war ich älter. Ein Fehler in der

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